Schalke – Nürnberg 2:0: Ein perfekter königsblauer Fußballtag auf dem Weg zum Klassenerhalt

Schalke – Nürnberg 2:0: Ein perfekter königsblauer Fußballtag auf dem Weg zum Klassenerhalt

14. April 2024 0 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 gewinnt das Freundschaftsduell der beiden Altmeister verdient mit 2:0 (1:0) gegen den 1. FC Nürnberg und verschafft sich mit drei immens wichtigen Punkten Luft im Abstiegskampf. Zuvor hatten die Fans gemeinsam an der historischen Glückauf-Kampfbahn gefeiert. Susanne Hein-Reipen berichtet…

„Schaaaaalke und der FCN“ ist die bekannteste und beste Fanfreundschaft mindestens in Deutschland, deshalb gibt es beim Aufeinandertreffen regelmäßig gemeinsame Aktionen, gute Laune und das eine oder andere Kaltgetränk. Los geht es bereits Freitagabend mit einem Kneipenquiz, am Spieltag ist dann bei einem „Wetterchen zum Helden zeugen“ eine große gemeinsame Fanparty in der Glückauf-Kampfbahn angesagt. Die späte Anstoßzeit ist in diesem Fall ideal.

Gemeinsames Vorglühen in der GAK

Die glorreiche Spielstätte wartet nicht nur mit Begegnungen zweier Stadtauswahlen aus Gelsenkirchen und Nürnberg, den Traditionsmannschaften beider Vereine und zweier Inklusionsteams gehandicapter Kinder und Jugendlicher auf; die netten Helfer der gastgebenden Teutonia versorgen die rund 2.000 Blau-Weißen und Rot-Schwarzen auch mit Bier, Würstchen und Waffeln zu zivilen Preisen. Insbesondere die Jungs und Mädels am Getränkestand geraten bei dem Ansturm mächtig ins Schwitzen, aber alle Durstigen beweisen gute Laune und Geduld.

Auch alle anderen einschlägigen Treffpunkte sind pickepackevoll, auf der Schalker Meile stehen die Feiernden bis auf die Straße, am Clubheim am Parkplatz 7 rührt ein Schalker einen Nürnberger, der ihm seinen Fanschal abkaufen möchte, fast zu Tränen, weil er ihm das gute Stück einfach um den Hals hängt.

Das etwas andere Fußballspiel

Die ganz besondere Atmosphäre setzt sich dann auch im Inneren der Arena fort: Aus der Nordkurve gibt es satten Applaus für die Begrüßung der Gästekurve, die Kehlen werden natürlich mit „Schaaaalke und der FCN“ geölt, dazu grüßen mehrere rot-schwarze Fahnen in der Nordkurve. Auch beim Aufmarsch der Traditionsfahnen sind die Glubberer vertreten.

Das offizielle Vorprogramm gerät bei so viel guter Laune trotz wichtiger Themen wie Organspende und beliebter Gesprächspartner wie Johan de Kock und Norbert Nigbur ein wenig zur Nebensache. Als die Spieler zum Warmmachen auf den Rasen kommen, werden alle mit Beifall statt des üblichen Pfeifkonzerts für die Gäste empfangen.

Auf Schalker Seite fiebern viele ehemalige Helden wie Marcelo Bordon, Emile Mpenza, Matthias Herget, Thorsten Legat und Benedikt Höwedes mit, denn Schalke hat zum beliebten jährlichen Ehemaligentreffen eingeladen.

Die Legende lebt

Nach einer gemeinsamen Schweigeminute für den vor einigen Tagen viel zu jung tödlich verunglückten Glubberer Jonas Trusch legt die Nordkurve mit „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen!“ los, dann vereinen sich beide Kurven lautstark in Schaaaalke und der FCN und der wunderschönen Hymne „Die Legende lebt“ – so sollte Fußball viel öfter sein!

Auch die Startaufstellung des FCN wird gemeinsam durchgerufen, die Franken starten mit Klaus, Brown, Horn, Jeltsch, Gyamerah, Flick – Sonderapplaus – , Castrop, Schleimer, Uzun, Goller und Andersson.

Weiter geht es mit dem Steigerlied und der Schalker Aufstellung; Chefcoach Karel Geraerts setzt auf Müller, Murkin, Kaminski, Kalas, Brunner, Seguin, Ouwejan, Kabadayi, Karaman, Topp und Terodde. Zu den Klängen des Vereinslieds „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ kommen beide Mannschaften in den klassischen Vereinsfarben auf den Platz.

Schwungvoller Beginn

Die Stadionregie möchte noch die Halter zweier Autos aufrufen, das Gesuch gerät jedoch ins Hintertreffen gegenüber dem dröhnend lauten „Für deine Farben leben und sterben wir“ der Nordkurve. Der Ball rollt!

Und er rollt gut, Kabadayi prüft bereits in der ersten Spielminute, ob Klaus wach ist (ist er), auch danach bleibt der Nürnberger Schlussmann Sieger im Duell (6.). Die Nürnberger haben ihre erste Einschussmöglichkeit nach Sololauf des Ex-Schalkers Goller (8.), der Schuss wird jedoch ebenso geblockt wie die folgende Ecke (9.). Andersson bekommt wegen eines Fouls am gewohnt umtriebigen Murkin die erste gelbe Karte des Spiels (12.).

Nach einer Viertelstunde muss Klaus dann sein ganzes Können zeigen, um einen scharfen Schuss von Ouwejan nach schöner Rücklage von Terodde zu parieren (16.). Die Nordkurve ist angetan über den sichtlichen Einsatz und stimmt „Auf geht‘s Schalke schieß‘ ein Tor“, den Wechselgesang und die Attacke an; der gutgefüllte Gästeblock glänzt als rot-schwarzes Fahnenmeer und entrollt ein Banner mit der Aufschrift „Ruhe in Frieden Jonas“.

Karaman mit dem umjubelten Führungstreffer

Die besseren Offensivaktionen gehen klar auf das Konto der Schalker, doch Klaus vereitelt gegen Karaman (22.) und Ouwejan (23.) die mögliche Führung. Müller hingegen verlebt bis dato einen recht ruhigen Nachmittag, packt aber bei einer zu lang geratenen Flanke von FCN-Shootingstar Uzun sicher zu (31.).

Danach hat die Partie einen kleinen Durchhänger, den die Nordkurve locker mit „Schalke, ich bin für Dich geboren“, „Schalke nur Du alleine“, „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ und „Eine Stadt erstrahlt in Blau“ überbrückt – und dann dürfen alle Schalker jäh jubeln: Kaminski setzt sich hart-herzlich gegen Uzun durch und spielt zu Topp, der wiederum am Strafraum perfekt zu Karaman querlegt. Der Schalker Topscorer bleibt cool und erzielt der aus der Drehung heraus mit einem platzierten Rechtsschuss das 1:0 (42.). JAAAAAAAA!

In der Kurve fliegt das Bier tief, dazu wird ein kleiner Pogo zu „Stadion geh’n, im Pappbecher Bier…“ gestartet; die Spielertraube rennt jubelnd zur Bank, wo sich alle Ersatzspieler mitfreuen und Uzun sieht Gelb wegen fortgesetzten Meckerns, dass nicht vorher Foul gepfiffen wurde. Gelb sehen auch noch Seguin wegen eines Fouls an Uzun und Murkin, der Goller auf den Fuß steigt (45.). In der einminütigen Nachspielzeit lehnt der VAR nach kurzer Prüfung einen Handelfmeter der Gäste ab; dann geht es mit Applaus des Schalker Anhangs zum Pausentee.

In der Fanbox dominiert „Schaaalke und der FCN“ in allen Stimmlagen, die menschliche Stimmbänder hervorbringen können, es herrscht allgemeine Zufriedenheit über den bisherigen Auftritt verbunden mit der Hoffnung, dass es nicht wieder im zweiten Durchgang den Ausgleich gibt. Für das Team Fanbelange plaudert zunächst Mitja über den Nachmittag in der Glückaufkampfbahn. Kirsche blickt zurück auf den Kids Kochworkshop „Ernähr Dich wie die Profis“ und kündigt die Auswärtsinfo zu Elversberg, Neuland für Schalker, an; dann dankt er Mitja, der am Saisonende aufhört, für die gemeinsame Zeit.

Ein vergebener Elfmeter

Beide Mannschaften kommen personell unverändert aus der Kabine; in der Nordkurve ist es ungewöhnlich ruhig: Ein Sanitätereinsatz sorgt für einen kurzen Supportstop, doch bereits nach kurzer Zeit kommt die Entwarnung und es kann weitergehen. Ess! Null! Vier!

Castrop unterbindet einen Vorstoß von Murkin (47.), Müller klärt gegen Schleimer (48.), dann befindet Schiedsrichter Marco Fritz in einem Allerwelts-Laufduell zwischen Topp und Gyamerah auf gelb für den Schalker (49.). Die Nordkurve untermalt die Szene akustisch mit „Geh‘n mit Dir auf jede Reise“.

Dann die Riesenchance, die Führung auszubauen: Karaman in den Lauf von Kabadayi, der im Strafraum unsanft von einer Grätsche von Horn gefällt wird. Fritz zeigt ohne Zögern auf den Punkt, das Publikum springt in freudiger Erwartung auf, doch Karaman will es ganz besonders gut machen und den Ball unhaltbar unter die Latte setzen und trifft dabei dieselbige, der Ball springt weg (56.). Sch…ade.

Seguin erlöst die Schalker

Im Gegenzug stockt den Schalkern erneut der Atem, aber Müller macht sich laaaang und kratzt den Fernschuss von Uzun aus dem Eck (58.).  Okunuki ersetzt Goller.

Topp rackert unter mehrfachem Szenenapplaus und „Wir lieben alle nur den FC Schalke“ wie ein Berserker, trifft aber leider nur das Außennetz (63.). Jeltsch kann den Schalker Youngster nur regelwidrig stoppen und sieht ebenfalls Gelb (64.). Brunner hat sich derweil wehgetan und muss behandelt und gegen Schallenberg ausgetauscht werden, auch Topp verlässt ausgepumpt das Spielfeld, für ihn kommt Van der Sloot zu seinem zweiten Einsatz (70.). Beim Glubb feiert Lohkemper für Andersson sein Comeback.

„Immer wieder S 04“ hallt durch die Arena, die mit 62.278 Zuschauern, darunter rund 5.600 Nürnberger, natürlich ausverkauft ist. Ecken für beide Teams bringen nichts ein; Klaus packt gegen einen tückischen Schuss aus spitzem Winkel von Kabadayi eine weitere Glanzparade aus (80.). Ein Freistoß von Horn aus rund 25 Metern Torentfernung lässt die Latte erzittern (84.) – und dann versinkt die Arena im Jubel: Klaus kann einen Schlenzer von Kabadayi nur nach vorne abwehren, wo Seguin nicht lange fackelt und aus der zweiten Reihe flach zum 2:0 einnetzt (86.). GEht doch!!!

Jubel und Erleichterung beim Schalker Anhang sind riesig, das müsste der Sieg sein. Mit drei Wechseln – Idrizi, Churlinov und Lasme für Ouwejan, Karaman und Kabadayi – nimmt Geraerts weitere Sekunden von der Uhr. Churlinov holt sich direkt Gelb ab für ein taktisches Foul, es gibt fünf Minuten Nachspielzeit, in denen Müller bärenstark gegen Castrop (90+2.) und den völlig frei vor ihm auftauchenden Lohkemper (90+5.) die Null bewahrt. Sieg!

Ein immens wichtiger Schritt

Durch den Dreier verbessert sich Schalke mit nunmehr 35 Punkten auf Rang 12, der Abstand zum Relegationsplatz bzw. Abstiegsplatz ist auf 5 bzw. 6 Punkte angewachsen. Der Club bleibt mit 37 Punkten auf Platz 10.

Die Erleichterung ist fast mit den Händen zu greifen, die Nordkurve stimmt völlig losgelöst eine Dauerschleife von „Unsere Fahnen weh’n im Wind, weil wir deutscher Meister sind…“ an – stimmt zwar nicht ganz, aber es fühlt sich so an! Die Mannschaft kommt kurz zum Kreis zusammen, dann wird gemeinsam gefeiert, bis es zu „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen“ und „Zeig mir den Platz in der Kurve“ auf die Stadionrunde geht.

Beim Wegbier kommt eine erkleckliche Becherspende für die Hugos zusammen, nicht wenige Schalker trösten etwas geknickte Freunde aus Franken, für die die wunderbare Freundschaft sportlich wieder einmal unbefriedigend endet. Hoffentlich können beide Vereine bald den sicheren Klassenerhalt feiern!