Schalke – Karlsruhe 0:0: Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel

Schalke – Karlsruhe 0:0: Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel

31. März 2024 0 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 kommt trotz eines größtenteils couragierten Auftritts im Heimspiel gegen den Karlsruher SC nicht über ein torloses Remis hinaus und versäumt es, sich etwas Luft im Abstiegskampf zu verschaffen. Susanne Hein-Reipen berichtet…

Das Frühlingswetter lässt kaum Wünsche offen und so finden weite Teile des Vorprogramms vor nahezu leerer Arena statt, weil viele Schalker lieber noch in der Sonne klönen. Ob Einlaufen der Torhüter Müller und Fährmann, Werbung für die erfolgreichen Damenteams oder der Rückblick auf das Samstagspiel der Amas, es verlieren sich nur wenige Schalker im Innenraum.

Auch beim Warmmachen der Mannschaft sind die Tribünen mit Ausnahme der Nordkurve noch eher spärlich besetzt. Am Mikrophon verkündet Vorstandsvorsitzender Matthias Tillmann stolz, dass die Versteigerung der matchworn Sondertrikots vom Spiel gegen Paderborn plus Spende des Vereins über 72.400 Euro in die Kasse von schalke hilft! gespült hat; eine stolze Summe, die Sebastian Buntkirchen natürlich nur zu gerne für gute Zwecke annimmt.

Liebe im Revier

Mit „Schalke 04, Liebe im Revier“ erklingt ein echter Klassiker vom Band; an prominenten früheren Schalkern kann das Sprecherduo Dirk und Jörg unter anderem Matthias Schipper, Norbert Nigbur und Geburtstagskind Jürgen Wegmann begrüßen. Die Heimstatistik gegen den KSC ist mit 15 Siegen, 6 Remis und 5 Niederlagen okay.

Nach der Aufstellung der Gäste folgt das Steigerlied, dann wird die Schalker Aufstellung mitgebrüllt: Chefcoach Karel Geraerts setzt als Startelf auf Müller, Brunner, Kalas, Kaminski, Murkin, Seguin, Kabadayi, Ouwejan, Karaman, Topp und Terodde.

Im gut gefüllten Gästeblock laufen derweil unter zusammengelegten Fahnen offensichtlich Pyrovorbereitungen, dazu tritt ein lautstarkes „Schei**e 04“ einmal kurz akustisch der Nordkurve vors Schienbein, die sich natürlich nicht lumpen lässt. „Ihr seid nur ein H*rensohnverein“, damit wären die gegenseitigen österlichen Komplimente erst einmal ausgetauscht. Zu den Klängen des Vereinslieds „Blau und Weiß, wie lieb‘ ich Dich“ kommen die Mannschaften auf das Spielfeld.

Kurze Unterbrechung wegen Pyro

Der KSC hat Anstoß; die Nordkurve stimmt „Geh‘n mit dir auf jede Reise“ an und Schalke holt eine frühe Ecke heraus, dann ruht der Ball schon wieder: Im Gästeblock qualmt es mächtig, dazu werden leider auch Feuerwerksraketen abgefeuert, deren Überreste teilweise die angrenzenden Blöcke der Südkurve treffen. Schiedsrichter Robert Hartmann unterbricht die Partie; der Sicherheitssprecher mahnt den Gästeblock ebenso eindringlich wie erfolglos, das Zündeln zu unterlassen. Der Eckball landet schließlich bei Karaman und von ihm aus links neben dem Kasten (5.).

Kurz darauf hält Terodde nach einem Steckpass von Seguin aus zentraler Position drauf, kein Problem für Drewes (6.). Auf der Gegenseite klärt Ouwejan einen Schuss von Zivzivadze kurz vor der Torlinie (8.). Zu „Auf geht‘s Schalke kämpfen und siegen“ landet ein weiterer Schuss von Terodde in den Armen von Drewes (12.). Karaman sieht wegen Foulspiels an Zivzivadze die erste gelbe Karte des Spiels (13.).

Schalke mit Chancenplus

Schalke ist in dieser Phase aktiver und offensiv besser als die Gäste, die immerhin mit einer 7:0-Empfehlung angereist sind, doch der Ball will nicht über die Linie. Eine Bilderbuchflanke von Brunner nach Vorarbeit von Kabadayi setzt Keke Topp vom Elfmeterpunkt neben den Pfosten (15.). Die Nordkurve ist erfreut über den Einsatz und stimmt den Wechselgesang Schalke! – Nullvier! und die Attacke an.

Kurz darauf erstirbt den Schalker in der mit 61.653 Zuschauern nahezu ausverkauften Arena der Torjubel auf den Lippen: Ouwejan knallt den Ball volley an die Latte – er titscht zwar kurz hinter die Linie, aber Karaman stand im Vorfeld hauchzart im Abseits (18.). Schade!

Eine gelbe Karte für Seguin, der Nebel etwas zu rustikal abräumt, nutzt die Nordkurve für ein paar verbale Anleihen auf dem Bauernhof; den fälligen Freistoß von Wanitzek lenkt Müller gekonnt zur Seite (23.). Kurz darauf klärt der Schalker Keeper mit dem Fuß vor Beifus (24.).

Das Runde will nicht ins Eckige

Die Nordkurve singt sich munter durch das Schalker Liedgut von „Wir komm‘n vom Berger Feld“ über „Eine Stadt erstrahlt in Blau“ bis „Für deine Farben leben und sterben wir“; auf dem Rasen schnappt sich Karaman einen Fehlpass von Nebel und startet einen schönen Sololauf, dessen Abschluss aber über die Latte abgefälscht wird (26.).  Ein weiterer Versuch des türkischen Torjägers wird von Drewes pariert (36.), den fälligen Eckball setzt er dann knapp übers Tor.

Die wohl größte Chance im ersten Durchgang hat Ouwejan, der nach einem Ballverlust von Franke frei vor Drewes steht und an einer Glanzparade des Keepers scheitert (40.). In der vierminütigen Nachspielzeit gibt’s noch einen Kopfball von Terodde, dann geht es torlos in die Kabinen. Aus Sicht des Schalker Publikums war die erste Halbzeit sehr ordentlich, allein die Chancenverwertung bereitet Sorgen – wer die Dinger vorne nicht macht…

In der Fanbox glänzen nicht nur Kids mit enormem Stimmeinsatz; für das Team Fanbelange plaudert Thomas Kirschner über den kickflip-Gebärdensprachkurs, das Knappenkids Ferienprogramm und das kommende Auswärtsspiel in Hannover. Das Hannoveraner Stadion ist restlos ausverkauft, so dass mit einer großen Karawane auf der A 2 zu rechnen ist.

Ein friedlicher Flitzer und ein ironisches Banner

Die Schalker Spieler kommen früh wieder zurück auf den Rasen und schwören sich nochmals im Kreis ein; beide Trainer lassen zunächst die Elf des ersten Durchgangs unverändert weiterspielen. Karaman führt den Anstoß aus, während in der Nordkurve ein kleiner Pogo zu „Stadion geh’n, im Pappbecher Bier…“ zelebriert wird. Plötzlich taucht ein (angezogener) Flitzer hinter Kalas auf und kuschelt sich glücklich an den sichtlich irritierten Innenverteidiger, lässt sich nach einer kurzen Ansage von Müller aber anstandslos von der wiedererwachten Security abführen.

„Hier regiert der S 04!“ und „Vorwärts Schalke, kämpfen und siegen“ weisen die Richtung; ein Kopfball von Topp nach Vorlage von Karaman geht knapp rechts vorbei (48.). Der Gästeblock zeigt derweil ein ironisches Banner „Feuerwehr GE: Wegen Choreoauflagen kam heute Pyro zum Tragen. LG“. Man darf gespannt sein, wie lange wegen des „Problemfensters“ noch Heimfans wie Gäste eingeschränkt werden und im Gegenzug beweisen, dass Kurven nicht restlos kontrollierbar sind.

Doch der KSC sendet ebenfalls ein Lebenszeichen durch Nebel, der Kalas vernascht und alleine vor Müller auftaucht, dort aber ein wenig zu hoch abschließt (51.). Auf der anderen Seite rackert Topp fleißig, hat aber bei zwei Kopfbällen kein Glück (56.).

Karlsruhe wird stärker

Der KSC ist nun besser im Spiel als in der ersten Halbzeit; Kalas grätscht einen gefährlichen Schuss von Zivzivadze ab (62.). Kurz darauf sieht der Georgier Gelb für ein Foul an Brunner.

Als ersten Wechsel bringt Geraerts Lasme für Topp (64.), beide Fanlager nutzen die kurze Unterbrechung für lautstarken Support, „S! 0! 4!“ und „Immer wieder S 04“ hüben, „Hier regiert der KSC!“ drüben. Müller fischt einen tückischen Schuss von Nebel aus der unteren Ecke (66.), auch der folgende Vorstoß von Zivzivadze geht an den Schalker Keeper.

Brunner hat Knöchelprobleme und muss behandelt werden, die Nordkurve nutzt die Pause für „Schalke nur Du alleine bist meine Liebe“, beide Trainer bringen weiteres frisches Personal: Burnic ersetzt Zivzivadne; Churlinov kommt für Kabadayi, Matriciani für den angeschlagenen Brunner (70.). Der „Fußballgott“ setzt unter dem Applaus des Publikums einen zweiten Ball nach Freistoß Ouwejan und Faustabwehr Drewes über den Querbalken (78.).

Die Null steht

Zu den Klängen von „Wir lieben alle nur den FC Schalke, unsren Kumpel- und Malocherclub“ dürfen auch Ouédraogo (für Terodde) und Idrizi (für Ouwejan) noch mitmischen (79.), doch der allerletzte Einsatz fehlt: Es wirkt, als könnten beide Teams mit dem Punkt leben.

In der 87. Minute erhitzt ein mögliches Handspiel von Herold im Strafraum die Gemüter; doch Schiedsrichter Hartmann lässt sich zwar zum Betrachten der Videobilder breitschlagen, bleibt dann aber bei seinem Nein. Mit einem Dreifachwechsel Stindl/Nebel, Schleusener/Matanovic und Brosinski/Jung gehen weitere Sekunden von der Uhr.

Die sechsminütige Nachspielzeit verläuft weitgehend ereignislos, als letzte Aktion köpft Karaman eine Flanke von Lasme rechts neben das Gehäuse (90+6.), dann ertönt der Schlusspfiff.

Zum Leben zu wenig, zum Sterben zu viel

Durch den Punkt bleibt Schalke mit nunmehr 31 Punkten auf Rang 14 und versäumt es, an den punktgleichen Wiesbadenern (12.) und Magdeburgern (13.) vorbeizuziehen; Karlsruhe bleibt auf Platz 6.

Sowohl die Schalker Spieler als auch die verbliebenen Fans sind sich nicht ganz schlüssig, was sie von dem Spielausgang halten sollen; nach dem ersten Durchgang hatte man noch auf einen Dreier gehofft, letztlich ist ein Punkt aber besser als keiner und das Ergebnis nach dem Spielverlauf des zweiten Durchgangs durchaus gerecht. Dementsprechend spendet die Nordkurve der Mannschaft kurzen Applaus, bevor sie sich dem „Mantra“ der Saison widmet: Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen…!