Schalke – Elversberg 1:2: Verpennter Start frustriert die Fans

Schalke – Elversberg 1:2: Verpennter Start frustriert die Fans

11. November 2023 4 Von Susanne Hein-Reipen

Nach zwei Siegen in Folge verliert der FC Schalke 04 das Heimspiel gegen den SV Elversberg 07 aufgrund einer katastrophalen Abwehrleistung in der ersten halben Stunde verdient mit 1:2 (1:2). Von den enttäuschten Fans setzt es Pfiffe und die lautstarke Aufforderung „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen!“. Susanne Hein-Reipen berichtet…

Die Anfahrt zur Arena gestaltet sich durch fies nasskaltes Wetter und zahlreiche Staus ziemlich nervig, aber der Optimismus ist groß: Mit einem Sieg könnte Schalke in der Tabelle weiter klettern und für ein schönes Wochenende und eine ruhige Länderspielpause sorgen. Kleiner Schönheitsfehler dabei: Elversberg steht auf Platz 3 der Auswärtstabelle…

Der Nordkurvenkalender ist da!

Woran merken Schalker, dass es auf Weihnachten zugeht? Alle Jahre wieder: Der Nordkurvenkalender und der „Ugly Christmas-Pullover“ kommen auf den Markt. Zumindest die ersteren finden an Treppenhaus 5 reißenden Absatz und können online bei den Ultras GE bestellt werden; für die Pullis müssen die Quatscher Dirk und Jörg noch etwas Reklame laufen, Maskottchen Erwin konnte sich offenbar erfolgreich weigern.

Aufmerksame Arenabesucher entdecken zudem, dass das Banner der Schalker Ehrenspielführer über der Südkurve upgedatet wurde und nunmehr auch der bei der diesjährigen Mitgliederversammlung einstimmig neu in den illustren Kreis gewählte Benedikt Höwedes verewigt ist. Bei Bekanntgabe der Aufstellung sieht es tatsächlich so aus, dass 1:1 die Startelf vom Auswärtssieg in Nürnberg wieder ran dürfte, nach einer Zeit ständiger Wechsel die lang vermisste Kontinuität?

Endlich wieder Hühnerfell!

Die Torhüter werden freudig begrüßt, als sie zum Aufwärmen rauskommen; im Vorprogramm werden der S 04-Organspendeausweis, die Termine der Knappenschmiede und die UEFA Euro 2024 in Gelsenkirchen besprochen, außerdem gibt’s einen Nachruf auf den im Alter von 82 Jahren verstorbenen ehemaligen Schalker Aufstiegstrainer Diethelm Ferner.

Die sonst üblichen Statistiken „fallen aus wegen ist nicht“, denn die Partie ist die allererste Begegnung überhaupt mit den Saarländern, deren Aufstellung kurz verlesen wird. Auf der Haupttribüne verfolgt unter anderem der ehemalige S04-Keeper Olli Reck das Spiel.

Dann ist endlich wieder „Hühnerfell“ angesagt, denn das zuletzt zum Ärger vieler Schalker weit nach vorne gerückte Steigerlied kehrt wieder kurz vor den Anpfiff zurück und – halleluja – die Lichter werden gelöscht. Glückauf, Glückauf… der Steiger kommt… Immer wieder ein geiles Gefühl!

Überraschung bei der Aufstellung

Bei der Schalker Aufstellung gibt es dann viele verblüffte Gesichter: Im Tor steht entgegen der vorher bekanntgegebenen Aufstellung Justin Heekeren, denn Ralf Fährmann hat beim Warmmachen „etwas im Muskel gespürt“ und muss zur eigenen Sicherheit passen.  Vor Heekeren beginnen Kalas, Kaminski, Murkin, Matriciani, Schallenberg, Tempelmann, Ouwejan, Drexler, Karaman und Lasme.

Während des Vereinsliedes „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ kommen die Mannschaften auf das Spielfeld und warten geduldig, bis der letzte Ton verklungen ist, dann erfolgt umgehend der Anstoß. Die Nordkurve hat sich offenbar etwas vorgenommen und startet sofort in Maximallautstärke den Wechselgesang Schalke! – Nullvier! mit der Südkurve und „Eine Stadt erstrahlt in Blau“.

Katastrophale Abwehrleistung zum Start

Noch nicht auf Betriebstemperatur hingegen ist die königsblaue Elf auf dem Rasen; denn die SVE kann sofort mit Fellhauer (1.), Rochelt (2.) und Stock (3.) in den Vorwärtsgang schalten; Murkin sieht bereits früh Gelb (7.), weil er Fellhauer nur regelwidrig gestoppt bekommt. Und dann ist es auch schon passiert: Feil legt auf Höhe der Mittellinie zu Stock, der unter freundlichem Geleitschutz der Schalker Abwehr seelenruhig bis zum Strafraum marschieren und dort ebenso ungestört mit dem linken Fuß zum 0:1 einnetzen kann (7.). Sch…ade!

Das königsblaue Publikum ist naturgemäß not amused über den frühen Rückstand, supportet aber dennoch weiter mit „Steht auf, wenn Ihr Schalke seid“, „Auf geht‘s Schalke schieß ein Tor“ und „Schalke nur du alleine“. Auf dem Spielfeld gibt es derweil einige halbherzige Vorstöße von Lasme (10.) und Matriciani (12.), doch die Abwehr der Gäste ist sehr aufmerksam; stattdessen bringen Offensivaktionen von Feil (13.), Fellhauer (16./19.) und Vandermersch (17.) Heekeren und seine Vorderleute regelmäßig ins Schwitzen.

In der 21. Minute hilft dann auch kein Schwitzen mehr: Stock bedient aus dem Halbfeld Rochelt am Sechzehner, der sich wiederum ohne Belästigung durch die Schalker Defensive das Leder in aller Ruhe zurechtlegen kann und via Innenpfosten zum 0:2 trifft.

Wie wäre es mal mit Mitspielen?

Der Unmut in der Veltins-Arena wächst, trotzdem wird das knapp 1.500 Köpfe starke Gästeblöckchen schnell wieder mit „Auf geht‘s Schalke kämpfen und siegen“ und „Geh‘n mit dir auf jede Reise“ übertönt.

Ausgehend von den Routiniers Karaman und Drexler sowie Tempelmann bemüht sich Schalke nunmehr, nicht nur als Statisten zu dienen. Mit einem Konter über Karaman (27.) und der ersten Ecke für Schalke gibt es erste zarte Offensivbewegungen. Lasme verlängert Ouwejans Ecke an den langen Pfosten, wo Drexler den Ball nicht entscheidend unter Kontrolle bekommt; den Nachschuss setzt Matriciani aus dem Rückraum knapp am rechten Pfosten vorbei.

Sobald auf dem Rasen Einsatz erkennbar ist, ist sofort der Support da; sogar Maskottchen Erwin versucht als „Einpeitscher“ die Haupttribüne zu mehr Unterstützung bei Ecken zu bewegen.

Anschlusstreffer lässt Hoffnung aufkeimen

Die zweite Ecke erbringt dann tatsächlich den erhofften Anschlusstreffer: Karaman befördert die Ecke Ouwejans am kurzen Pfosten lehrbuchmäßig per Kopf in die rechte Ecke (35.). Die Schalker jubeln und stimmen „Schalke, ich bin für dich geboren“ an; die Gäste müssen sich kurz schütteln und zudem den angeschlagenen Sickinger durch Conrad ersetzen (37.).

Nur eine Zeigerumdrehung später hat Karaman nach Vorlage von Lasme sogar das 2:2 auf dem Fuß, aber SVE-Keeper Kristof kann klären (38.); auf der anderen Seite köpft Schnellbacher drüber (40.). Auch Lasme setzt einen durchaus aussichtsreichen Kopfball freistehend über den Querbalken (41.). In der dreiminütigen Nachspielzeit bildet sich nach einer gelben Karte für Karaman durch den insgesamt sehr blassen Schiedsrichter Petersen vor den Trainerbänken ein empörtes Rudel, was von der Nordkurve mit „Ihr seid nur ein H*rensohnverein“ und „Steh‘ auf du S…“ gegen den gefoulten Feil quittiert wird.

In der Pause messen sich die Gesangstalente wieder in der Fanbox; beim Halbzeittalk mit Thomas Kirschner geht es um den Organspendeausweis, den Nordkurvenkalender, einen Rückblick auf die Auswärtstour nach Nürnberg (zum Rückspiel plant die Abteilung Fanbelange ebenfalls einige Aktionen) sowie das nach der Länderspielpause anstehende Auswärtsspiel in Düsseldorf. Neben einer Knappenkidstour wird auch ein Sonderzug in die Landeshauptstadt rollen.

Schalke läuft dem Rückstand hinterher

Ohne personellen Wechsel und mit einer akustischen Attacke beginnt die zweite Halbzeit. Der erste Abschluss geht auf das Konto von Matriciani, der dabei von Neubauer attackiert wird, doch Petersen entscheidet nach kurzer Konsultation des VAR auf Weiterspielen. Das Spiel ist nun ausgeglichen, wirklich gefährliche Strafraumszenen bleiben jedoch Mangelware auf beiden Seiten; stattdessen gibt es viele Unterbrechungen und kleine Fouls, die u. a. Neubauer (52., Foul an Lasme) und Conrad (54., Foul an Drexler) Gelb eintragen.

Die Nordkurve supportet jetzt mit „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen“ und „Vorwärts FC Schalke, schieß‘ ein Tor für uns“. Ein Fehlpass von Murkin leitet einen Konter von Schnellbacher ein, aber Heekeren kommt rechtzeitig aus seinem Gehäuse (56.). Kurz darauf klärt der Keeper im Nachfassen gegen Stock (57.). Auf der Gegenseite setzt Lasme nach Vorlage von Tempelmann den Ball aus spitzem Winkel an die Latte (58.). „Der sollte mal über einen Wechsel zur Leichtathletik nachdenken“ ächzt ein älterer Herr in Block M.

Als erster Wechsel kommt Latza für Drexler (58.) ins Spiel; Kristof muss sein ganzes Können zeigen, um einen Kopfball von Karaman nach Freistoß von Ouwejan aus dem linken Halbfeld aus der linken Ecke zu kratzen (60.). Als musikalische Untermalung dient „Für Deine Farben leben und sterben wir“.

Es reicht leider nicht

Das Spiel geht hin und her mit leichten Feldvorteilen für Schalke; bei einem Kopfballduell rasseln Karaman und Jäkel aneinander und müssen behandelt werden, der Schalker bleibt minutenlang liegen und bekommt einen blauen Turban verpasst (65.). Die Behandlungspause nutzt das Publikum für einen weiteren Wechselgesang. Mit 61.110 Zuschauern ist die Arena nicht restlos ausverkauft, aber sehr gut gefüllt.

Rochelt (69.) und Jäkel (70.) starten Entlastungsangriffe der Gäste, Lasme köpft ein weiteres Mal drüber (71.), dann hat Chefcoach Geraerts ein Einsehen und bringt mit Terodde für Lasme und Topp für Tempelmann zwei frische Angreifer (75.). Der Youngster versucht sich auch umgehend an einem Torschuss, wird aber geblockt (76.). Auch die weiteren der insgesamt acht Schalker Ecken bekommen die Gäste verteidigt.

Die Nordkurve gibt noch nicht auf und stimmt lautstark die „Asozialen Schalker“ und „Auf geht‘s Schalke schieß‘ ein Tor“ an; mit Kabadayi (für Murkin) und Idrizi (für Matriciani) wird nachgerüstet (84.), auch Elversberg bringt mit Martinovic für Schnellbacher einen frischen Öffensiven. Feil hat Krämpfe, Latza hilft, bis die Elversberger Teamärzte eintreffen, das Publikum wittert Zeitspiel, ebenso wie bei den gemächlichen Einwechslungen von Wanner und Pinckert für Feil und Stock (89.).

Es gibt satte 8 Minuten Nachspielzeit obendrauf, aber Kristof ist bei den wenigen verbleibenden Schalker Vorstößen auf dem Posten. Kabadayi sieht noch Gelb (90+6.), dann ist Schluss.

Am Ende bleibt nur Frust

Die Schalker Spieler sinken enttäuscht zu Boden, die SVE feiert begeistert mit ihren Anhängern. Für sie bedeutet der Auswärtsdreier die Punkte 19, 20 und 21 und zumindest vorübergehend der Sprung auf Platz 5; Schalke bleibt mit 13 Punkten auf Rang 15 und muss befürchten, vom KSC wieder auf den Relegationsplatz verdrängt zu werden.

Nach einer kurzen Ansprache von Geraerts im Mannschaftskreis kommt das Team Richtung Nordkurve, wo die Fahnen bereits verschwunden sind. Es gibt ein kurzes Pfeifkonzert, aber auch vereinzelten Applaus – und über allem schwebt die lautstarke Forderung nach „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen!“

Geraerts („Wir sind schlecht gestartet und haben zu lange nicht an uns geglaubt, so kannst du keine Punkte holen.“) und Karaman („In den ersten 30 Minuten haben wir uns richtig schlecht präsentiert.“) zeigen sich anschließend vor den Mikrophonen durchaus selbstkritisch, aber die Einsicht kommt leider zu spät, um für eine ruhige Länderspielpause auf Schalke zu sorgen. Stattdessen brennt vor dem schweren Auswärtsspiel bei Fortuna Düsseldorf mal wieder der königsblaue Baum und die Fans fragen sich, ob wirklich alle Beteiligten den Ernst der Lage erkannt haben. Warum leistet sich die Mannschaft immer wieder so unnötige Durchhänger?!