Schalke 04 erkämpft sich ein 2:2 gegen Mainz 05, Schiedsrichter Ittrich und den Kölner Keller

Schalke 04 erkämpft sich ein 2:2 gegen Mainz 05, Schiedsrichter Ittrich und den Kölner Keller

7. November 2020 0 Von Susanne Hein-Reipen

Nach fast 95 turbulenten Minuten in der leeren Opel-Arena trennen sich Mainz und Schalke mit 2:2 (2:1). Schalke kann damit zwar die Sieglos-Serie nicht beenden, zeigt aber trotz mehrerer zweifelhafter Entscheidungen eine stark verbesserte Moral und holt einen hochverdienten Punkt. Susanne Hein-Reipen ist nicht nur auf 180, sondern auf 190,4…

Letzter gegen Vorletzter als Geisterspiel – kein Wunder, dass sich zahlreiche Portale und Zeitschriften im Vorfeld in mehr oder minder witzigen Bezeichnungen wie „Not gegen Elend“, „Katastrophico“ oder „Schrottico“ ergingen, doch die Partie ist zwar spielerisch durchaus ausbaufähig, lässt aber kaum eine Minute Langeweile aufkommen…

Bäum(chen) wechsle Dich…

Chefcoach Manuel Baum wechselt gegenüber dem Sieg gegen Schweinfurt gleich acht (!) Mal und setzt auf Rönnow, Kabak, Sané, Nastasic, Ludewig, Oczipka, Mascarell, Schöpf, Harit, Paciencia und Uth. Geburtstagskind Raman muss ebenso wie Fährmann, Skrzybski und Ibisevic, die beim Pokalspiel zu den Besseren gehörten, auf der Bank Platz nehmen. Dort finden sich auch Stambouli, Thiaw, Bentaleb, Bozdogan und Matondo wieder.

Übler Start dank Videobeweis

An dem aus königsblauer Sicht denkbar schlechten Start in die Partie ist jedoch nicht die Rotation, sondern der VAR schuld: Nach dem Auftaktgeplänkel kommt es in der 3. Spielminute im Schalker Strafraum zu einem Zweikampf zwischen Matija Nastasic und Burkardt, bei dem der Mainzer von hinten in den Schalker Innenverteidiger reinläuft, beide kommen zu Fall, Burkardt muss kurzfristig behandelt werden. Gerade als er signalisiert, weiterspielen zu können, schaut sich Schiedsrichter Ittrich die Szene auf dem VAR-Monitor noch mehrmals an und entscheidet auf Elfmeter für Mainz – hart, aber vertretbar. Brosinski lässt sich die Chance nicht entgehen und verwandelt gegen Frederik Rönnow, der noch die Ecke ahnt. 1:0 für Mainz in der 6. Minute.

Die folgenden Minuten müssen sich die Schalker erst wieder sortieren, dann starten sie über Bastian Oczipka (11.) einen ersten zaghaften Vorstoß nach vorne. In der 15. Minute holt Kilian Ludewig eine Ecke heraus, dann köpft der nach seiner Spuckattacken-Sperre zugekehrte Ozan Kabak im Getümmel im Mainzer Strafraum Richtung Tor, doch der Ball wird abgewehrt; auch der Nachschuss, ebenfalls von Kabak, findet nicht ins Ziel. Einen Schuss von Oczipka (17.) kann St. Juste mit vollem Körpereinsatz klären.

Mark Uth: Fieses Luftloch und Super-Freistoß

Dann die große Chance zum Ausgleich: Nastasic schickt Gonzalo Paciencia auf die Reise, der zieht in den Strafraum und bedient Uth, der frei vor dem Tor über den Ball tritt (22.). Aaaaaargh!!!

Im direkten Gegenzug hält Rönnow einen Schuss von Fernandes fest, dann stört Nastasic Mateta, der zuvor vom Ex-Schalker Latza freigespielt worden war. Auf Schalker Seite will Ludewig Paciencia freispielen, der steht aber knapp im Abseits. Ein Freistoß von Boetius landet genau in Rönnows Armen.

Aber dann: Harit und Paciencia stürmen nach vorne, an der Strafraumgrenze bringt Latza den Portugiesen rüde zu Fall, Freistoß. Während die Hausherren ihre Mauer bayern-mäßig mit einem auf dem Boden liegenden Spieler abdichten, nehmen Harit, Mascarell und Uth Maß – und Uth hebt die Kugel mit viel Gefüüüüühl über die Mauer genau unter die Latte. Das verdiente 1:1, jawollja (36.)!

Noch ein umstrittener Elfmeter

Das Tor gibt Schalke Auftrieb, Paciencia und Uth sind weiter im Vorwärtsgang. Auf der Gegenseite starten Mateta und Kabak in den Strafraum, Mateta greift dem Schalker ins Gesicht, versucht ihn wegzudrücken, auch Kabak hat den Arm draußen – und Ittrich entscheidet trotz wütender Schalker Proteste erneut auf Elfmeter. Ein Witz! Kabak sieht gelb, der Gefoulte verwandelt selber zum 2:1 (45.). Gegen keine Mannschaft wurden in der laufenden Saison mehr Elfmeter gepfiffen als gegen Schalke, dies war bereits der sechste.

Eine Heldentat von Rönnow – er rettet blitzschnell per Fußabwehr gegen Mateta, der aus 7 Metern Entfernung freistehend zum Schuss kommt – später geht es mit dem 2:1 und viel königsblauem Frust in die Kabinen.

Tor von Kabak wird aberkannt

Und es geht frustrierend weiter: Die zweite Ecke für Schalke springt Kabak an die Brust, dann köpft er den Ball wuchtig in die Maschen – doch mitten in den Schalker Jubel hinein platzt erneut der Videobeweis, der ein Handspiel von Kabak gesehen haben will. Auf den Fernsehbildern sind Brust und Arm gleichermaßen im Spiel, vermutlich ist auch dieser Pfiff vertretbar, aber gefühlt wird JEDE noch so kleine Szene gegen Schalke gepfiffen. Es bleibt jedenfalls beim 2:1, die Schalkefans dreschen auf ihre Sofakissen ein, Nastasic leistet sich ein Frustfoul an Burkardt und Manuel Baum wird wegen heftigen Meckerns verwarnt. Ein besch…eidener Tag.

Zu früh gefreut…

Rönnow behält zum Glück die Nerven, als Burkardt alleine auf ihn zuläuft und dabei Nastasic abhängt (57.), kurz darauf setzt St. Juste eine Ecke ans Außennetz. Manuel Baum bringt Can Bozdogan für Alessandro Schöpf, Latza holt Sané unsanft von den Beinen und kassiert seine 5. Gelbe Karte.

Königsblau steckt noch nicht auf. Paciencia kommt aus spitzem Winkel zum Abschluss, der Ball geht knapp neben das Tor. Wenig später eine ähnliche Szene mit Uth nach Vorarbeit von Ludewig, auch sein Schuss geht am langen Eck vorbei. Lichte ersetzt Burkardt durch Onisiwo, Baum bringt mit Skrzybski und Geburtstagskind Raman zwei frische Stürmer, für sie verlassen Ludewig und Harit das Feld. Und Raman steht kurz darauf im Mittelpunkt des Geschehens, als er Richtung Strafraum zieht und von Öztunali bei vollem Tempo abgegrätscht wird (72.).

Hochverdienter Ausgleich und verweigerter Elfer

Das Spiel geht jetzt hin und her, Skrzysbki hüben und Boetius drüben werden im letzten Moment am Abschluss gehindert. Einen Gewaltschuss von Sané blockt Barreiro kurz vor der Linie mit der Schulter, Ittrich reagiert nicht auf Sanés Hand-Reklamation. Auf der anderen Seite verzieht Mateta knapp. Beide Trainer wechseln erneut, für Kabak, Mateta und Barreiro kommen Ibisevic, Ji und Kunde.

Dann die Erlösung: Skrzybski schlägt eine scharfe Flanke in den Strafraum, die Zentner nur vor das Knie von St. Juste abklatschen kann, von dort prallt der Ball zum hochverdienten 2:2-Ausgleich ins Tor (82.). GOTTSEIDANK!!! Und, oh Wunder, selbst der Kölner Keller hat nix zu Meckern…

Aber der nächste Aufreger für königsblaue Seelen lässt nicht lange auf sich warten: Niakhaté zieht Paciencia im Strafraum am Trikot zu Boden, aber Pfeife und Kölner Keller bleiben stumm, es ist zum Verzweifeln. Dies wäre ein klarer (!) Elfmeter für Königsblau gesehen, aber die Szene wird nicht einmal überprüft.

Geht hier noch was? Uth rutscht in aussichtsreicher Position aus und jagt den Ball auf die Tribüne, das Gleiche passiert ihm noch einmal in der Nachspielzeit, dann ist das Spiel aus.

Moralischer Sieg…

Für Mainz ist es der erste, für Schalke der dritte Punkt, beide Mannschaften bleiben auf ihren Tabellenplätzen. Auch die schwarze Schalker Serie kann ergebnistechnisch leider nicht durchbrochen werden, aber moralisch geht es ganz klar aufwärts:

Schalke hat trotz mehrerer zweifelhafter Entscheidungen in ungünstigen Momenten nie aufgesteckt und vor allem offensiv deutlich mehr gebracht als in den zurückliegenden Partien. Zum einen wurde erstmals seit 10 Monaten wieder mehr als ein Tor in der Liga erzielt, zum anderen ließ die Mannschaft weder nach dem frühen Gegentor, noch nach der erneuten Führung durch eine Fehlentscheidung, noch nach dem nicht gegebenen Tor die Köpfe hängen – ein weiterer kleiner Schritt Richtung Normalität!