Schweinfurt – Schalke 1:4: Langersehnter Pflichtspielsieg dank Schöpf und Fährmann

Schweinfurt – Schalke 1:4: Langersehnter Pflichtspielsieg dank Schöpf und Fährmann

3. November 2020 Aus Von Susanne Hein-Reipen

JAAAAAAA, der FC Schalke 04 kann doch noch gewinnen! Auch wenn das 4:1 (2:1) gegen den über weite Strecken ebenbürtigen FC Schweinfurt klarer aussieht als es der Spielverlauf ist: Die schwarze Serie in puncto Pflichtspielen ist dank eines glänzenden Alessandro Schöpf und Elfmetertöter Ralf Fährmann endlich gestoppt.

Spiel mit Hindernissen: Erst kam der Corona-Zuschauerausschluss, dann die juristischen Grabenkämpfe von Türkgücü und schließlich gefährdete eine Corona-Erkrankung im königsblauen Kader die Neuauflage des Erstrundenmatches von 2018. Aber der Ball rollt – in Gelsenkirchen und die königsblaue Auswärtsmeute denkt wehmütig an den unterhaltsamen Ausflug nach Schweinfurt zurück, der als Fußballspiel begann und als Wasserschlacht endete.

Geht so viel Rotation gut?

Bei Bekanntwerden der Aufstellung wundern sich viele Schalker in den sozialen Netzwerken: Gleich acht (!) Wechsel im Vergleich zum Remis gegen Stuttgart, so bleiben u. a. die Stammspieler Sané, Oczipka, Mascarell und Harit zunähst auf der Bank. Im Tor steht der wiedergenesene Fährmann, obwohl Rönnow einen starken Eindruck hinterlassen hat, davor agiert mit Ludewig, Thiaw, Nastasic und Mendyl wieder eine Vierer- statt wie zuletzt Dreierkette. Stambouli ist alleiniger Sechser, vor ihm spielen Schöpf und Bentaleb. Im Sturm sollen es Skrzybski, Ibisevic und Raman richten.

Vor der leeren Nordkurve hängt noch das bereits vom Heimspiel gegen Stuttgart bekannte „Wir tragen Gelsenkirchen durch die Krise“-Spruchband der UGE: Unter www.help-gelsen.de kann man Tragetaschen mit Logo erwerben, um vom zweiten Lockdown betroffenen Gastronomie- und Dienstleistungsbetrieben in der Stadt der tausend Feuer zu helfen – die Aktion freut sich über weitere Unterstützer!

Mutiger Beginn des FC Schweinfurt

Schweinfurt zeigt von Beginn an, dass sie an ihre Chance glauben. Schon in der vierten Minute setzt Böhnlein nach einer Ecke den Ball ans Außennetz, kurze Zeit darauf versucht Laverty einen satten Volleyschuss, der aber ein Stück über die Querlatte zischt (7.). Der nächste Versuch kommt von Jabiri, aber Fährmann ist rechtzeitig unten und hält den Flachschuss fest (9.). Wiederum zwei Zeigerumdrehungen später zieht Marinkovic ab, trifft aber ebenfalls nicht ins Tor.

In der 14. Minute dann die erste Offensivaktion der Hausherren, doch Ibisevc startet ein wenig zu früh; dann sind wieder die „Schnüdel“ am Drücker und kommen durch den agilen Laverty und Thomann zu zwei weiteren Torschüssen, die Fährmann entschärfen kann. Die erste echte Schalker Chance dann in der 25 Minute: Mendyl flitzt auf links auf und davon und schickt den Ball nach innen, wo Ibisevic ihn in durchaus aussichtsreicher Position nicht richtig trifft und deshalb neben das Tor setzt. Der Routinier schließt wenig später auch eine schöne Hacken-Vorarbeit von Raman ab, doch der Ball geht über das Tor. Wären bei diesem Spiel Zuschauer erlaubt, dürfte sich der S 04 wohl einiges anhören… Extrainer und Aufsichtsrat Huub Stevens verkriecht sich auf der leeren Tribüne knurrig hinter seiner Maske.

Begeisterung sieht anders aus: Huub Stevens

Zwei Tore in zwei Minuten

Dann geht es Schlag auf Schlag: Marinkovic passt in den Lauf von Thomann; der lässt Thiaw, der nach seinem starken Auftritt gegen Stuttgart heute einen gebrauchten Tag erwischt zu haben scheint, aussteigen und schließt von der Strafraumgrenze ins lange Eck ab. Das 1:0 in der 37. Minute…

Während sich die Schalkefans vor den Fernsehern und Tickern noch verzweifelt die Haare raufen, naht schon die Rettung in Gestalt von Skrzybski und Ibisevic, der den Ball im zweiten Anlauf entschlossen in die Maschen drischt (39.). 1:1, alles wieder offen.

Glückliche Pausenführung für Königsblau

…aber nicht lange, denn kurz vor der Pause und damit im vielzitierten „psychologisch wichtigen Moment“ sorgt erneut das Duo Skrzybski und Ibisevic für königsblaue Torgefahr: Erst knallt Skrzysbki das Leder auf Zuspiel von Ibisevic an die Latte, dann bringt Schöpf den Abpraller als Erster unter Kontrolle und vollendet in der Drehung mit einem platzierten Schuss zum 2:1 (44.). Schweinfurts Schlussmann Zwick wird dabei getunnelt und staucht seine Vorderleute lautstark zusammen.

Mit der etwas glücklichen 2:1-Führung geht es in die Kabinen, das Phrasenschwein freut sich über diverse Variationen von „ein Klassenunterschied war nicht zu sehen“ – und Baum ersetzt den von der rustikalen Gangart der Schweinfurter und den arg körperbetonten Böhnlein und Jabiri ein wenig überforderten Thiaw durch Sané.

Die erste nennenswerte Aktion des zweiten Durchgangs ist ein Freistoß von Stambouli, der aber nicht genug Durchschlagskraft entwickelt und in der Mauer der Schweinfurter hängenbleibt (50.). Böhnlein mäht derweil weiter alles nieder, was nicht bei drei auf dem Baum ist und sieht nach Tacklings gegen Mendyl und Sané endlich Gelb; allerdings erwischt es Heißdüse Bentaleb für seine herzhafte Antwort gleich mit.

Ralle kann Elfmeter!

Dann gibt es tatsächlich eine richtig schöne Aktion von Schöpf zu bestaunen, der am Strafraum direkt mehrere Schweinfurter stehenlässt und mit rechts Zwick zu einer Glanzparade zwingt (58.). Auf der Gegenseite versucht es Bauer aus 30 Metern, dann ist Wechseln angesagt: Baum ersetzt Mendyl und Ibisevic durch Oczipka und Paciencia, sein Gegenüber tauscht gleich dreimal. Böhnlein, Marinkovic und Fery verlassen das Spielfeld, für sie kommen Cekic, Ramser und Suljic.  

Kurz darauf dann erneute Schrecksekunde für königsblaue Fans: Sané trifft im Luftzweikampf Jabiri mit dem Unterarm am Kopf, es gibt Gelb – und Elfmeter. Aber der zuletzt oft kritisierte Fährmann war nicht umsonst noch vor zwei Jahren der beste Elfmeterkiller der Liga, er pariert auch den mittelprächtigen Strafstoß von Suljic (72.). Gut gemacht, Ralle!

Schöpf fasst sich ein Herz

Die Partie wird jetzt ruppiger, auch Rinderknecht und Stambouli werden verwarnt. Der Franzose macht dann für den etatmäßigen Kapitän Mascarell Platz, bei den Schnüdeln kommt Pieper für Thomann.

UND DANN KOMMT SCHÖPF!!! Nach zwei Versuchen von Raman und einer mittelprächtigen Flanke von kommt der Österreicher aus der zweiten Reihe und visiert mit einem fulminanten Rechtsschuss an Freund und Feind vorbei die linke untere Ecke an. 3:1, GEht doch!!! (81.)

Endgültig den Deckel drauf macht dann Raman, der nach Vorarbeit von Matchwinner Schöpf aus 11 Metern zum 4:1 trifft (86.) und kurz darauf Harit weichen muss. Ein Sieg! Ein Sieg! Ein Pflichtspielsieg!

Ein Schritt in die richtige Richtung!

Schalke hat damit seit Februar –seinerzeit ebenfalls im DFB-Pokal über Hertha BSC – erstmals wieder ein Pflichtspiel gewonnen und steht in der zweiten Runde, die am kommenden Sonntag ausgelost wird.

Wichtiger noch dürfte aber sein, aus diesem Spiel die richtigen Lehren zu ziehen und am Samstag im Kellerduell beim FSV Mainz nachzulegen. Ein Sieg ist ein Sieg – und sollte das arg gerupfte Selbstvertrauen ein wenig aufpäppeln; andererseits gilt es konzentriert weiter an den in den ersten 70 Minuten auch von dem Regionalligisten aufgezeigten Schwächen zu arbeiten. Ralf Fährmann und Alessandro Schöpf, beide gern gesehene „Sündenböcke“, haben gezeigt, dass man sie nicht vorschnell abschreiben sollte – und das Duo Skrzybski und Ibisevic war spielfreudiger als jede andere königsblaue Offensivformation der letzten Zeit.

Harmonierten prima: Steven Skrzybski & Vedad Ibisevic

Man darf gespannt sein, welcher Elf Manuel Baum am Samstag das Vertrauen schenkt, aber eins ist gewiss: Zigtausende Schalker sind in Gedanken bei ihr und hoffen auf einen weiteren Befreiungsschlag!