Niederlage in Leverkusen: Fans bauen Schalke wieder auf

Niederlage in Leverkusen: Fans bauen Schalke wieder auf

8. Dezember 2019 3 Von Susanne Hein-Reipen

Raman Zentimeter im Abseits

Die ersten Minuten nach der Pause schließen dort an, wo die erste Halbzeit geendet hat: Leverkusen im Vorwärtsgang, die Heimkurve mit Spruchbändern („Ruhe in Frieden, Stroi – forever OFC“), der Gästeblock mit lautem „Voooorwärts Schalke, kämpfen und siegen“ und „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“. Doch dann marschiert Bastian Oczipka unbedrängt über das halbe Feld und bedient Raman, der Hradecky verlädt und den Ball ins Netz bugsiert (50.) – der Torschrei der Schalkefans erstickt jedoch nach wenigen Sekunden, denn die Fahne des Linienrichters ist oben. Abseits?!?

Abseits, befindet auch der Videoschiedsrichter, Wasser auf die Mühlen aller Schalker Verschwörungstheoretiker, dass „der verdammte Kölner Keller“ nie, nie, nie für Schalke eingreift. „Ihr macht uns‘ren Sport kaputt, ihr Wixxer“ macht deutlich, was die Fans vom VAR halten. Die Betrachtung der Zeitlupe zeigt allerdings, dass Raman wirklich knapp im Abseits steht.

Schiedsrichter Harm Osmers zieht sich kurz darauf erneut den Unmut des Schalker Anhangs zu, als er eine gelbe Karte gegen Raman zückt, weil Bellarabi im Laufduell mit dem Belgier zu Fall gekommen ist. Bellarabi wird liebevoll und mit einer kleinen Anleihe auf dem Bauernhof aufgefordert, sich zu erheben. Einhelliger Tenor im Gästeblock: Die Pillen fallen viel zu schnell! Auch diese Entscheidung entpuppt sich aber ohne blaue Brille als durchaus vertretbar.

Schalke ist jetzt deutlich präsenter als im ersten Durchgang, doch Raman, Harit und Burgstaller bringen die Kugel nicht über die Linie. Der Gästeblock unterstützt den neuen Schwung mit „Wir komm‘ vom Berger Feld“ und „Schalke, ich bin für dich geboren“ und spendet tosenden Applaus, als David Wagner in der 70. Minute Ahmed Kutucu für Burgstaller einwechselt.

Schalker Schlussspurt wird nicht belohnt

Das Spiel wogt nun hin und her, ohne dass ein Team wirklich zwingende Chancen herausspielen kann. Für einiges Haareraufen bei den Schalkefans sorgen die Gewalt-Abschläge von Alexander Nübel, die nicht selten ohne Freund- und Feindberührung direkt bei Hradecky ankommen.

In der 78. Minute darf Rabbi Matondo für Caligiuri aufs Feld, doch die „Ruhrpottkanaken“ bleiben schnell in den Kehlen stecken: Statt sich für die Sturm- und Drangphase zu belohnen, verfolgt die Schalker Mannschaft ohne ernsthafte Gegenwehr einen sehenswerten Angriff der Werkself.  Über Volland, Amiri und Aranguiz landet das Leder im Fünfmeterraum vor den Füßen von Alario, der sich nicht lange bitten lässt und zum 2:0 einschießt (81.). Sch…ade.

Doch der Leverkusener Jubel und der Schalker Frust dauern nicht lange, denn im direkten Gegenzug legen Harit und Kutucu für Raman auf, der aus kurzer Distanz zum Anschlusstreffer einschiebt (82.). das Bier fliegt tief, die Hoffnung steigt: Geht da noch watt?!? Steht auf, wenn Ihr Schalker seid!

Wagner geht jetzt volles Risiko und bringt noch Mark Uth für Kenny, der auf der Gegenseite vom Feld muss und beim Vorbeimarsch an der Kurve für seine starke Leistung gefeiert wird. Doch die Leverkusener Abwehr rettet die knappe Führung mit ein bisschen Zeitspiel und freundlichem Schweigen von Schiedsrichter Osmers bei einer hakeligen Szene zwischen Serdar und Wendell über die vierminütige Nachspielzeit ins Ziel.

Wir sind die Faaaaans, die auch zu Dir steh’n, wenn Du verlierst…

Mit dem Schlusspfiff sinkt Raman enttäuscht zu Boden, während Kabak, Serdar und Mascarell aufgebracht auf das Schiedsrichtergespann einreden. Leverkusen feiert derweil den ersten Heimsieg nach fünf sieglosen Partien und hat nunmehr nach Punkten zu Königsblau aufgeschlossen.

Mit der Niederlage hat Schalke die Chance vergeben, dem Spitzenduo unmittelbar auf den Fersen zu bleiben, zudem ist der ungeliebte Nachbar wieder vorbeigezogen – doch mit Platz 04 und vor den Bayern steht die Mannschaft immer noch unerwartet gut da. Das und die deutliche kämpferische Steigerung in der zweiten Halbzeit führen dazu, dass der Mannschaft beim Gang in die Kurve das tröstende Bekenntnis „Wir sind die Faaaans, die auch zu Dir steh’n, wenn Du verlierst, Du bist mehr als nur ein Cluuuub, Schalke meine Sucht“ entgegenschallt. Kein Pfiff – die sind für die Leverkusener reserviert -, kein Vorwurf; Mund abputzen, weiterpunkten!

Erbitterte Diskussionen nach dem Schlusspfiff (Foto: Hein-Reipen)

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