Köln – Schalke 3:1: VAR verpfeift Schalke, Fans feiern ihre Verlierer
8. August 2022Der FC Schalke 04 verliert das erste Spiel nach dem Wiederaufstieg mit 1:3 (0:0) beim 1. FC Köln. Drei stark umstrittene Eingriffe des Videoschiedsrichters zuungunsten der Schalker bringen die rund 6.000 mitgereisten Schalkefans und Rouven Schröder dabei mächtig in Rage. Susanne Hein-Reipen ist dabei…
Das erste Erstligamatch nach mehr als 15 Monaten, Superwetter und mit Köln ein gut erreichbares Ziel, da setzt sich natürlich eine königsblaue Karawane in Richtung der Domstadt in Marsch. Alle Schalker sind heiß wie Frittenfett!
Der Gästeblock des Rhein-Energie-Stadions besticht durch enorme kulinarische Vielfalt (Bratwurst, Bratwurst und Bratwurst), fehlendes Toilettenpapier und kölsches Liedgut. Wir wollen nicht „Poppe Kaate Danze“, sondern endlich wieder Fußball sehen!
Lauter kleine Sünderlein
Die Karnevalsmusik und die Cheerleader, die während des Aufwärmtrainings zu „wir sind alles kleine Sünderlein“ Haare und Gliedmaßen schwenken, kommen beim Anhang aus dem Ruhrpott mäßig gut an. Auch Geißbock Hennes IX. würdigt das Theater keines Blickes und stürzt sich auf sein Futter.
Auch Stefan Knittler mit seiner Klampfe und das Vereinslied mit viel Hätz und Kölle führen nicht dazu, dass der Gästeblock für die Begrüßung „Willkommen in der schönsten Stadt Deutschlands!“ etwas anderes als Hohnlachen übrig hat. Wir. Wollen. Endlich. Fußball. Sehen!
Hurra hurra, Schalke ist wieder da
Chefcoach Frank Kramer schickt als Startelf Schwolow, Ouwejan, Kaminski, Yoshida, Brunner, Kral, Zalazar, Mohr, Krauß, Drexler und Polter ins Rennen. Pünktlich zum Einlaufen der beiden Teams stürmen auch die Ultras Gelsenkirchen den Block und legen los wie die Feuerwehr: Während auf der Südtribüne eine Choreo „Nur für die Farben in Rot und in Weiß/Nur für Dich geh ich bis in den Tod“ aufgezogen wird, macht sich der Gästeblock lautstark mit „Schalke“, „Hurra, hurra, die Schalker die sind da“ und ein paar unfeinen Vermutungen über die Abstammung des FC von Mädels aus dem Freudenhaus akustisch bemerkbar.
Und Schalke ist wieder da und spielt in den ersten Minuten mutig nach vorne. Nach 10 Minuten dann eine emotionale Explosion: Freistoß Schalke im rechten Halbfeld, Hector wehrt nach vorne ab, dort steht Zalazar und nagelt den Ball wuchtig zur (vermeintlichen) 1:0-Führung in den Winkel. Doch die Kurve freut sich zu früh: Einige Minuten später befindet der VAR, dass Yoshida im „aktiven Abseits“ gestanden und Schwäbe die Sicht behindert habe. Dass dazwischen noch mehrere FC-Kicker standen und der Schuss von Zalazar auch bei klarer Sicht vermutlich unhaltbar gewesen wäre: Egal.
Kölner Keller für Köln
Der Schalke Kurve gefällt diese Entscheidung naturgemäß nicht, „Scheixx DFB“ und „Cologne, Cologne, die … vom Dom“ erklingen, dann wird wieder auf königsblaues Liedgut „Um die halbe Welt sind wir gefahr’n“ und einen flotten Wechselgesang zwischen Ober- und Unterrang umgeschwenkt.
Auf dem Platz kommen die Hausherren jetzt etwas besser in Tritt und durch Chabot und Dietz zu ersten Chancen, ohne dass etwas Entscheidendes passiert. Das langweilt offenbar den VAR im Kölner Keller, denn nach einem Allerweltsfoul von Drexler an Hector greift er wieder ein und entscheidet auf glatt rot für den Schalker Routinier (35.)! Selbst Hector, der längst mit Drexler abgeklatscht hatte und die Kölner Fans wundern sich, die Schalker schäumen – vielleicht sollten wir in Gelsenkirchen auch mal einen Keller freiräumen…?!
Schalke also nur noch zu zehnt, aber frenetisch angefeuert mit „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ und „Wir kommen aus Gelsenkirchen“. In dieser Phase verdient sich Scholow im Schalker Tor mit einem tollen Reflex gegen Ljubicic und einer Parade gegen Thielmann gute Noten, dann geht es nach 04 Minuten Nachspielzeit torlos in die Kabinen. Die Kurve verabschiedet die Schalker mit demonstrativem Applaus.
Die Ecke, die keine ist
In der Pause plaudert der Stadionsprecher mit Europameisterin Ellen White, die sich als Effzeh-Fan outet – die Schalker interessiert das indes herzlich wenig, zu groß ist der Frust über die offensichtliche Benachteiligung.
Zum Wiederanpfiff gibt’s in der Kölner Kurve ein paar Bengalos der „Revolte 0221“ – „5 Jahre für Stadt und Verein“ und einen Seitenhieb in Richtung der Stadt Köln. Der Gästeblock wiederholt die Vermutungen über die Mütter der Kölner. In dem allgemeinen Getümmel bekommt Köln eine Ecke, die keine ist, weil der Ball vorher bereits im Aus war – über Ljubicic kommt das Leder zu Hector, dieser bedient Kilian und es steht 1:0 für den FC (49.).
Dreimal VAR, dreimal gegen Schalke
Der Schalker Block ärgert sich erneut über die Schiedsrichter und wundert sich über ein Spruchband mit der Aufschrift „GE+MG: WENN DIE BLAU-WEISSE ROSE MIT DER HJ AM TISCH SITZT…“ – was möchten uns die Autoren damit sagen?
Brunner sieht Gelb für ein Foul an Skhiri; Thielmann verfehlt das Tor knapp und Bülter ersetzt Zalazar, der nach starkem Beginn zunehmend etwas kopflos wirkt. Beim Effzeh kommt Adamyan für Schindler und setzt sich sofort mit einem Vorstoß in Szene – dieser kann von der Schalker Abwehr zwar noch abgeblockt werden, allerdings sitzt der Nachschuss von Kainz. Doch das Tor wird abgepfiffen, denn Schwolow liegt angeschlagen auf dem Rasen und muss kurz behandelt werden – doch als Schalker sollte man sich bekanntlich nicht zu früh freuen, denn der VAR ist auch noch da und befindet, das Tor sei okay, auch wenn Kainz Yoshida auf Schwolow schubst (62.). Tja.
Rouven Schröder macht seinem Unmut über diese Entscheidung schwungvoll Luft und sieht sofort Gelb. Auch der Gästeblock möchte endgültig im Strahl k*tzen. Auf der Nordtribüne gießen einige FC-Fans mit „Absteiger, Absteiger“-Rufen weiter Öl ins Feuer und bekommen eine verbale Breitseite gegen den FC und seine „Freunde“ vom BVB zurück. Und ist der Feind gestorben…
Bülter mit dem umjubelten Anschlusstreffer
In der 76. Minute keimt noch einmal kurz Hoffnung auf, als Joker Bülter eine Ouwejan-Flanke zum 1:2-Anschlusstreffer einköpft. Geht hier noch was?
Beide Trainer lassen nun frisches Personal ran; Flick und Latza ersetzen Mohr und Krauß; Maina und Pedersen kommen für Kainz und Chabot. Die Südkurve haut mit „Weil Nürnberg lieber Rapid will, muss Schalke jetzt mit Gladbach chillen“ ein weiteres kryptisches Banner raus – und dann ertönt schon wieder das Trömmelchen, denn Ljubicic köpft nach Flanke von Thielmann das 3:1 (80.). An dieser Stelle: Es liegt in der Natur der Sache, dass man den gegnerischen Torjingle nicht gerne hört, aber das Trömmelchen hat auf einer Nerv-Skala von 1 bis 10 mindestens eine 12!!!
Wir sind die Fans, die auch zu Dir steh’n, wenn Du verlierst…
Der Rest ist Schaulaufen, auch Calhanoglu und Terodde (für Kral und Polter) sowie Olesen und Lemperle (für Ljubicic und Dietz) dürfen noch ein paar Einsatzminuten sammeln. Der Schalker Block schaltet jetzt in den „Leckt uns doch“-Trotzmodus und stimmt demonstrativ eine Endlosschleife von „Wir sind die Fans, die auch zu dir steh’n, wenn Du verlierst“ an: Gemeinsam gegen den Rest der Welt!
Es gibt erneut 04 Minuten obendrauf, Brunner trifft noch den Pfosten, dann ist ein aus Schalker Sicht ausgesprochen enttäuschendes Spiel vorbei. Doch die Kurve hat wie (fast) immer ein gutes Gespür für die richtige Reaktion, zudem kann man der Mannschaft heute wirklich keinen Vorwurf in puncto mangelndem Einsatz machen. Also wird das bedröppelte Team minutenlang abgefeiert, während die Sieger eher halbherzig auf die Stadionrunde gehen. Insbesondere einigen der Neuverpflichtungen wie Kral und Brunner ist deutlich am Gesicht abzulesen, wie verblüfft und begeistert sie über diese Aufmunterung sind.
Was bleibt? Hoher Blutdruck und die Erkenntnis, dass Schalke ohne den VAR mit dem Vorjahressechsten mithalten konnte. Nun gilt es, im Heimspiel gegen Gladbach die ersten Punkte einzufahren – und vielleicht einmal beim DFB Krawall zu schlagen wegen klarer Benachteiligung. Wer Rouven Schröder an der Seitenlinie toben gesehen hat, weiß dieses schon seit längerem bestehende Problem bei ihm in guten Händen…