Twente – Schalke 3:1: Stimmung super, sportlich muss Schalke sich noch steigern

Twente – Schalke 3:1: Stimmung super, sportlich muss Schalke sich noch steigern

23. Juli 2022 0 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke verliert die „Generalprobe bei Freunden“ in Enschede rund eine Woche vor dem Pflichtspielstart mit 1:3 (1:1). Der guten Stimmung beider Fanlager rund um „De Grolsch Veste“ tut das keinen Abbruch; sportlich zeigt jedoch insbesondere die letzte halbe Stunde noch deutlichen Verbesserungsbedarf.

Letztes Testspiel, prima Wetter – und die Reise führt zu den Tukkers nach Enschede, da lassen sich auch gut 6.000 Schalker nicht lumpen und düsen über die Grenze. Erwartet werden sie von einer fröhlichen Sommerparty mit Fritten, Frikandeln, Grolsch und jeder Menge Schlager. Als „super Idee auch für die Arena“ nehmen die Gäste aus dem Ruhrpott die vielen Sitzgelegenheiten und mobilen Toiletten mit – wer noch nie auf dem Berger Feld verzweifelt einen Busch gesucht hat, werfe das erste Dixie-Klo.

Hoch lebe die Freundschaft

Die beiden auf Hochglanz polierten Mannschaftsbusse werden begeistert begrüßt, ebenso die Torhüter, als sie zum Aufwärmen rauskommen. Die Schalker Kurve verteilt den Applaus großzügig an Schwolow, Fährmann und Unnerstall, der im Kasten der Gastgeber zum Volkshelden avanciert ist. Die Mannschaften kommen zu „It‘s a heartache“ aufs Feld, die Melodie wird sofort von den „Asozialen Schalkern“ gekapert. „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ wird zur Freude der mitgereisten Schalker auch in voller Länge gespielt, dann gibt es die „Opstelling“: Chefcoach Frank Kramer setzt im 4-4-2-System auf Schwolow, Ouwejan, Yoshida, Kaminski, Brunner, Latza, Kraus, Mohr, Zalazar, Polter und Terodde.

Im Block von Vak P weht eine Freundschaftsfahne, vier dicke Trommeln geben den Rhythmus vor. „Schalke und der FCT“ ist in aller Munde. Die Gastgeber beginnen mit Unnerstall, Brenet, Smal, Pleguezuelo, Hilgers, Vlap, Zerrouki, Brama, Cerny, van Wolfswinkel und Misidjahn. Zum Einlauf in das mit fast 26.000 Zuschauern gut gefüllte Stadion ertönt „You’ll never walk alone“.

Ansehnliche erste Halbzeit

Und es geht verheißungsvoll los, nach nicht einmal zwei Minuten hat Zalazar die Führung auf dem Schlappen, doch sein Distanzschuss verfehlt das Tor knapp. Misidjahns Versuch wird zur Beute von Schwolow (7.). Dann dürfen die Schalker jubeln: Just zu „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ landet eine Freistoßflanke von Ouwejan genau auf dem Scheitel des frei stehenden Kaminskis, der den Ball gekonnt zum 0:1 einnickt (9.).

Die Freude währt jedoch nur kurz, denn Vlap dreht im Gegenzug einen direkten Freistoß um die Mauer herum zum 1:1 in den linken Winkel (13.). Jetzt jubeln die Tukkers hinter den zahlreichen Zaunfahnen. Kurz darauf erscheint ein großes Doppelbanner „Uit Solidariteit voor de Seizoenkaart Hetzelfte betaaldt!/Wordt met de Bierverkoop nu het Gewenste Bedraag verhald?“.

In der Folgezeit entwickelt sich ein munteres Spiel mit Chancen auf beiden Seiten. Unnerstall schnappt sich einen Kopfball von Yoshida (18.), ein Schuss von Ouwejan segelt am langen Pfosten vorbei. Kjölö kommt für Brama Kjöl ersetzt den angeschlagenen Brama, die Behandlungspause nutzen die Schalker, um sich Getränke und Instruktionen von Kramer abzuholen (30.). Die Zuschauer starten gutgelaunt einen Wechselgesang „Schalala Schalke – Twente“ und „Schaaaalke und der FCT“.

Zwei Versuche von Zalazar (35., 37.) treffen nicht ins Ziel, dann folgt eine dicke Chance für Enschede: Steilpass auf van Wolfswinkel, der elegant den herausstürzenden Schwolow austanzt und den Ball aus spitzem Winkel in Richtung Tor schießt. Yoshida kratzt den Ball noch von der Linie (42.). Die letzte Aktion vor dem Pausenpfiff geht an Polter, aber Unnerstall ist zur Stelle. Latza wird noch mit gelb dekoriert, dann werden beide Mannschaften mit Applaus in die Kabine verabschiedet.

Atemlos in den Schacht…

In der Pause setzt sich zunächst das Schlagerfaible von Twente durch, „Atemlos“ ist angesagt. Auf deutlich mehr Begeisterung stößt jedoch das folgende Steigerlied.

Zum Wiederanpfiff kommt Kral für Latza, die Schalker Tribüne empfängt den sichtlich gerührten Unnerstall mit lautstarken Sprechchören. Sportlich reicht der zweite Durchgang nicht an die ersten 45 Minuten heran. Nach einem von Schwolow parierten Versuch von Misidjan (49.) folgen viel Mittelfeldgeplänkel und die Wechsel von Wechsel von Thiaw und Bülter (für Kaminski und Terodde) sowie Ugalde und Steijn (für van Wolfswinkel und Kjölö).

Die wenigen Schalker Offensivaktionen gehen meistens von Standards von Ouwejan aus; Bülter setzt eine dieser Ecken ans Außennetz (67.). In dieser Phase des Spiels sind die aktivsten Akteure des Stadions die Trommler der Tukkers; einige Schalker vertreiben sich die Zeit mit Papierfliegern. Eine weitere große Wechselaktion – Flick, Matriciani, Aydin, Calhanoglu, Drexler, Mollet und Idrizi kommen für Kraus, Yoshida, Brunner, Ouwejan, Mohr, Zalazar und Polter; bei Twente ersetzen Rots, Bruns und Everink Brenet, Hilgers und Cerny gibt dem Spielfluss den Rest.

Starker Endspurt von Twente, Schalke muss sich steigern

War’s das für heute? Keinesfalls. Ein Kopfball klatscht an die Latte über Schwolow und den Abpraller setzt Joker Steijn mit einem sehenswerten Seitfallzieher zum 2:1 für Twente in die Maschen (83.).

Kurz vor dem Abpfiff folgt dann sogar noch das 3:1, bei dem Ugalde die komplette Schalker Abwehr vernascht (89.).

Beide Kurven feiern beide Mannschaften, dann folgt bei Twente noch eine schwungvolle Party mit jeder Menge Fahnen, Kindern, Flammenwerfern und Applaus. Den heimreisenden Schalkefans – und hoffentlich auch Frank Kramer – bereiten die Chancenverwertung und die Abwehrleistung insbesondere der „zweiten Reihe“ etwas Kopfzerbrechen. Spätestens zum Bundesligastart beim Effzeh aus Kölle muss eine deutliche Leistungssteigerung her…