Schalke nur 3:3 gegen Fortuna – Fans sehr enttäuscht von drei vergeigten Führungen

Schalke nur 3:3 gegen Fortuna – Fans sehr enttäuscht von drei vergeigten Führungen

10. November 2019 5 Von Susanne Hein-Reipen

Immer wieder Ärger mit dem Videoschiedsrichter

Mit Applaus geht es in die Kabinen; nach der Fanbox blickt Thomas Kirschner für die Abteilung Fanbelange auf das Kneipenquiz bei Bosch zurück und kündigt eine weitere Lokalkonferenz an. Hinweise auf das Gedenken an die Reichspogromnacht in Buer, die Inklusionsfahrt für Fans mit und ohne Behinderungen nach Leverkusen und die „Wunschbox“ am Mitgliedseck runden die Pause ab.

Die zweite Halbzeit – beide Mannschaften sind ohne personelle Änderungen wieder aufs Feld gekommen – wird „standesgemäß“ mit „Schaaaalke und der FCN!“ eingeläutet, dann folgen die „Asozialen Schalker“ und ein gepflegter „Mythos vom Schalker Markt“, der jedoch auf den Lippen erstickt, als Amine Harit nach Raman-Vorarbeit in den Düsseldorfer Strafraum rast und den Ball an die Querlatte knallt (52.). Sch….ade.

Für eine fiese Grätsche gegen Oczipka sieht Morales die erste Gelbe der Partie, was zu einer kleinen und folgenlosen Rudelbildung führt. Folgenlos bleibt auch der anschließende Freistoß; musikalisch untermalt von „Schalke 04 für jetzt und alle Zeit…“. Ganz und gar nicht ohne Konsequenzen bleibt hingegen eine Ecke, nach der die Gäste aufgeregt ein Handspiel von McKennie reklamieren: Unter lautem „Scheixx Fortuna“ und „Ihr macht unsren Sport kaputt, Ihr Wixxer“-Gesängen der Nordkurve schaut sich Schiedsrichter Hartmann die Szene noch einmal an – und entscheidet auf Strafstoß, den Hennings gegen Nübel zum 1:1 vollstreckt (62.).

Ein Tor für Salif Sané

Die Wut der königsblauen Fans, dass Schalke regelmäßig vom VAR Hand-Elfer kassiert, während die gleiche Szene andersrum im Derby keines zweiten Blickes gewürdigt wurde, ist groß; als Fortuna-Keeper Steffen sich kurz darauf nach Meinung der Nordkurve zu viel Zeit lässt, fliegen zahlreiche Gegenstände aufs Feld.

Doch die Wut verraucht schnell, denn nur fünf Minuten später köpft Ozan Kabak eine Oczipka-Ecke schulmäßig zur erneuten Führung ins Tor (67.). Tolle Geste: Beim Jubel vor der Nordkurve schwenkt er das Trikot des in Augsburg verletzten Salif Sané – eigentlich sein direkter Konkurrent in der Innenverteidigung…

Beide Trainer nutzen den Torjubel für Wechsel; bei Schalke kommt Matondo für Raman, Funkel ersetzt Zimmer durch Thommy. Der Wechselgesang Schalke-Nullvier kommt indes nicht zustande, weil die Südkurve pennt; die Nordkurve verlegt sich stattdessen auf „Geh’n mit Dir auf jede Reise“. Mit 61.831 Zuschauern und ein paar aus Sicherheitsgründen gesperrten Plätzen ist die Hütte ausverkauft.

Vorne mutig, hinten vogelwild

Und plötzlich steht es 2:2 – Joker Thommy und Hennings überrennen die Schalker Abwehr glatt mit einem Konter (73.). Jetzt macht sich das Fehlen sämtlicher erfahrener Innenverteidiger schmerzhaft bemerkbar, nachdem Kabak und McKennie in der ersten Halbzeit noch einen sehr ordentlichen Job gemacht hatten.

Erneut bringen beide Trainer frisches Personal; Uth ersetzt Schöpf, Fink ersetzt Bodzek und kassiert nur Sekunden darauf Gelb wegen rüden Einsteigens gegen Mascarell. Den Unmut der Kurve zieht derweil Adams auf sich, der zunächst im Strafraum kurz vor dem Ableben zu stehen scheint, hinter der Linie aber wieder hüpft wie ein junges Reh, das riecht doch sehr nach gewollter Spielverzögerung.

Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort: Adams versucht, einen missglückten Einwurf zu klären – genau vor die Füße von Suat Serdar, der das Geschenk dankend annimmt und aus rund 16 Metern Torentfernung das 3:2 erzielt (79.). Jaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaa!!! Dass Serdar Gelb wegen Trikotausziehens kassiert, stört kaum; auch Funkel muss dran glauben, weil er sich an der Seitenlinie zu sehr echauffiert.

Glücksselig ertönt „Für Deine Farben leben und sterben wir“, doch man soll den Tag bekanntlich nicht vor dem Abend loben: Ayhan, immer noch bekennender Schalker Jung und Hennings stürmen in den Strafraum, Hennings legt mit der Hacke zurück, Ayhan überlupft die Abwehr, Hennings mit seinem dritten Tor den Torwart. 3:3, 85. Minute – ein Königreich für einen Abwehrchef!

Ein Flitzer – und eine eigenartige Reaktion der Kurve

Das 3:3 ist trotz fünf Minuten Nachspielzeit und zwei weiterer gelber Karten gegen Hoffmann und Ayhan und tapferen „Auf Geht’s Schalke schieß ein Tor“-Gesängen auch der Endstand. Nach dem Schlusspfiff debattiert Caligiuri erbittert mit dem Schiedsrichter, einige andere Spieler sind schon enttäuscht zu Boden gesunken. Spaß hat hingegen der Fortuna-Anhang – und ein Flitzer, der mitsamt Schalke-Schal von der Nordkurve bis zur Südkurve und wieder zurück bis zur Trainerbank sausen kann, bevor ihn die Security von den Beinen holt.

Und die Nordkurve? Normalerweise haben die Fans dort ein sehr gutes Gespür dafür, wann Zuckerbrot und wann Peitsche angesagt ist, doch diesmal rührt sich kaum eine Hand hinter dem „Wir werden siegen, weil wir die Guten sind“-Banner zum Applaus, alles schweigt – ein wenig unverständlich, denn der Einsatz hat gestimmt und der Ausfall aller drei erfahrenen Innenverteidiger ist kein Pappenstiel… Natürlich sind die Fans nach drei vergeigten Führungen enttäuscht, aber der Fußball der zweiten Halbzeit war immer noch um Welten attraktiver als letztes Jahr, da darf man eine geknickte junge Mannschaft ruhig einmal aufbauen!

Die Kurve schweigt… (Foto: Hein-Reipen)

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