Schalke-Kader-Check Teil 3: Konkurrenzkampf in der Innenverteidigung – wer hält hinten den Laden dicht?

Schalke-Kader-Check Teil 3: Konkurrenzkampf in der Innenverteidigung – wer hält hinten den Laden dicht?

12. August 2019 1 Von Susanne Hein-Reipen

In der Abwehr wurde von Dreier- auf Viererkette umgestellt, dazu kamen personelle Wechsel. Grund genug für Susanne Hein-Reipen, auch das defensive Personal auf Herz und Nieren zu prüfen.

Zu den ersten beiden Teilen des Checks: Sturm und Mittelfeld

Abwehr: Aus Drei mach Vier

In der letzten Saison erinnerte die Schalker Abwehr, in der Vizemeistersaison mit dem überragenden Naldo noch Garant für den Höhenflug, bisweilen verdächtig an einen Hühnerhaufen. Negativhöhepunkt war das 0:7 bei Manchester City, aber auch bei den schmerzhaften Heimniederlagen gegen Hoffenheim (2:5) und Düsseldorf (0:4) und in mehreren Auswärtsspielen setzte es drei oder mehr Gegentore, obwohl die Dreierkette mit den beiden Außenverteidigern weniger von Domenico Tedescos zahlreichen System- und Personalwechseln betroffen war als andere Mannschaftsteile. Interimstrainer Huub Stevens behielt ebenfalls die Dreierkette bei.

Das hat sich unter dem neuen Chefcoach David Wagner geändert: In den Vorbereitungsspielen und der ersten Pokal-Hauptrunde setzte er fast ausnahmslos auf eine Viererkette mit jeweils zwei Innen- und Außenverteidigern.  Dabei kann er in der Abwehrzentrale zwischen Matija Nastasic (26), Benjamin Stambouli (28), Salif Sané (27) und Neuzugang Ozan Kabak (19) wählen, auch der gleich mehrfach schwer verletzte Spanier Pablo Insua (25) gehört wieder zum Kader.  Auf der linken Seite sind Bastian Oczipka (30) und Jonas Carls (22) zuhause, rechts bekommt Daniel Caligiuri Konkurrenz durch den vom FC Everton ausgeliehenen englischen Juniorennationalspieler Jonjoe Kenny (22), zudem half Weston McKennie dort mehrfach erfolgreich aus. Hamza Mendyl befindet sich auf Vereinssuche und wird nicht mehr für Königsblau auflaufen.

Wer setzt sich in der Innenverteidigung durch?

Wenn das Verletzungspech nicht zuschlägt, werden die beiden Plätze in der Innenverteidigung wahrscheinlich die am härtesten umkämpften Positionen in der Mannschaft sein: Bislang waren Nastasic, Stambouli und Sané gesetzt, hinzu kommt mit Ozan Kabak, der für eine kolportierte Ablöse von 15 Millionen Euro vom VfB Stuttgart verpflichtet wurde, der „Königstransfer“ dieses Transferfensters.

Es ist schwierig zu prognostizieren, welches Duo mittelfristig die Stamm-Innenverteidigung bilden wird, denn jeder hat unterschiedliche Qualitäten: Die besten Zweikampfwerte hat Salif Sané (Vertrag bis 2022), der außerdem im Laufe der Saison zunehmend in Luftduellen punkten konnte. An die Torgefährlichkeit bei Standardsituationen und vor allem die Fähigkeit, die Abwehr insgesamt zu organisieren, reichte er bislang weder an seine Performance bei Hannover 96 noch seinen zum Bedauern vieler Fans in der Winterpause zum AS Monaco gewechselten Vorgänger Naldo heran. Weil Sané mit der senegalesischen Nationalmannschaft im Finale des Afrikacups stand, verpasste er zudem nahezu die gesamte Saisonvorbereitung.

Die Rolle des Organisatorsübernahm in der Rückrunde oft Benjamin Stambouli (Vertrag bis 2020). Der Vizekapitän überzeugte die Schalkefans nach holprigem Start zunehmend durch die Übernahme von Verantwortung auf und neben dem Feld und stellte sich in der Innenverteidigung sowie im defensiven oder zentralen Mittelfeld stets in den Dienst der Mannschaft und war nach den schmerzhaften Niederlagen oft der einzige Spieler, der klar Stellung bezog. In puncto Schnelligkeit und Zweikampfquote blieb er trotzdem hinter seinen beiden Kollegen zurück.

Matija Nastasic (Vertrag bis 2022) ist mittlerweile dienstältester Feldspieler auf Schalke und war unter keinem der vier Trainer trotz häufig wechselnder Mitspielern aus der Mannschaft wegzudenken. Die „serbische Sense“ spielt selten spektakulär, dafür aber äußerst effektiv. Seine Kompromisslosigkeit hat etlichen Gegnern blaue Flecke und ihm diverse Karten beschert – und weckt regelmäßig die Begehrlichkeiten vor allem italienischer Clubs, doch er betont stets, dass er und seine Familie sich auf Schalke äußerst wohl fühlen. 

Gegen diese drei „Platzhirsche“ wird Youngster Ozan Kabak (Vertrag bis 2024) keinen einfachen Stand haben, zumal der Neuzugang vom VfB Stuttgart sich am zweiten Tag der Vorbereitung eine Fußverletzung zuzog, so dass er bis heute nicht mehr mit der Mannschaft trainieren konnte. Der türkische Juniorennationalspieler verfügt jedoch über enormes Potential und war trotz seiner jungen Alters beim VfB Stuttgart auf Anhieb einer der dominierenden Spieler. Seine Zweikampf- und Kopfballstärke und Schnelligkeit weckten das Interesse mehrerer sehr namhafter Vereine, darunter auch Bayern München, doch er entschied sich bewusst für den Wechsel ins Ruhrgebiet.

Keine Rolle dürfte Pablo Insua (Vertrag bis 2021) spielen. Für den spanischen Pechvogel geht es nur darum, nach seinen schweren Verletzungen wieder den Anschluss zu finden. 

Bastian Oczipka (Foto: Hein-Reipen)

Kommt noch ein Linksverteidiger?

Auf der linken Seite ist Bastian Oczipka (Vertrag bis 2020) weitgehend alternativlos, weil Jonas Carls (Vertrag bis 2022) noch sehr unerfahren und zudem durch den brutalen Tritt von Musa Juwara im Testspiel gegen Bologna bis auf Weiteres mit einer schweren Bänderdehnung und Knochenprellung außer Gefecht ist.

Oczipka spielte eine starke erste Saison auf Schalke, kam aber in seinem zweiten Jahr nach einer Leistenoperation nicht mehr richtig in Tritt. In Normalform ist der frühere Frankfurter defensiv guter Bundesligadurchschnitt, doch seine Flanken bescheren den Schalkefans gelegentlich graue Haare, so dass viele das kolportierte gegenseitige Interesse des Vereins und Robin Gosens‘ erfreut zur Kenntnis nahmen. Neben der Position des Mittelstürmers ist hier am ehesten noch mit einem Last-Minute-Transfer zu rechnen.

Caligiuri oder Kenny?

Besser besetzt scheint die rechte Abwehrseite: In den letzten Jahren lief dort meistens Daniel Caligiuri auf, der aber durchaus auch im rechten Mittelfeld agieren kann. Der vom FC Everton ausgeliehene Jonjoe Kenny machte bei seinen Einsätzen in den Vorbereitungsspielen einen durchweg guten Eindruck und feierte im DFB-Pokal beim SV Drochtersen/Assel ein gelungenes Pflichtspieldebüt.  Der englische Juniorennationalspieler ist schnell, zweikampfstark und schaltet sich auch in die Vorwärtsbewegung ein. Zunächst ist er allerdings nur für ein Jahr ausgeliehen, ohne Kaufoption.

Jonjoe Kenny (Foto: Hein-Reipen)