Saisonstart GElungen! Fans zeigen Flagge und schreien Schalke zu 5:0-Pokalsieg beim SV Drochtersen/Assel

Saisonstart GElungen! Fans zeigen Flagge und schreien Schalke zu 5:0-Pokalsieg beim SV Drochtersen/Assel

11. August 2019 2 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 feiert nach zunĂ€chst erbitterter Gegenwehr des tapferen Regionalligisten einen souverĂ€nen 5:0 (1:0) Sieg. Die Schalker Kurve demonstriert dabei mehrfach nachdrĂŒcklich gegen Rassismus und Clemens Tönnies. Susanne Hein-Reipen berichtet direkt aus dem Block


Bereits bei der Einfahrt nach Drochtersen wird klar: Eine Stadt – na gut: ein StĂ€dtchen – im fußballerischen Ausnahmezustand! Sogar das Ortseingangsschild grĂŒĂŸt als „Fußballweltstadt“ mit blau-roten BĂ€ndchen, auch viele HĂ€user und GeschĂ€fte sind mit den Vereinsfarben und Wimpeln geschmĂŒckt.

Pokalfeeling pur!

Der Schalker Mannschaftsbus, mittlerweile ohne FĂ€hrmann-Lackierung, kurvt durch die Gassen und wird wie alle anreisenden Fans von einem großen Banner „Der Kindergarten grĂŒĂŸt alle Fußballfans“ begrĂŒĂŸt, liebevoll verziert mit blau-roten und blau-weißen Schleifen und vielen kleinen HandabdrĂŒcken. DAS ist DFB-Pokal-Feeling, so sollte Fußball immer sein!

Die vielen freiwilligen Helfer in Drochtersen haben sich enorm ins Zeug gelegt und nicht nur die ZusatztribĂŒnen in Eigenregie aufgebaut, sondern auch ein „Fanmeilchen“ aufgebaut, auf der fĂŒr Speis und Trank (Rum-Mix morgens um halb 11, auf dem Dorf kommen nur die Harten in den Garten
) und Fanartikel gesorgt ist. Auch im Vereinsheim tritt man frĂŒhen Schalkern sehr gastfreundlich entgegen, das Stadionmagazin D/A-heim und Nachhilfe in Vereinsgeschichte gibt es gratis dazu: Der SV Drochtersen/Assel entstand als Zusammenschluss des TVG Drochtersen mit dem VTV Assel. „Solange Schalke nicht mit den Schwattgelben fusioniert, ist alles im Lack!“ murmelt ein Schalker leise.

PrĂ€sident Rigo Gooßen flitzt mit dem Fahrrad umher, regelt hier etwas, lobt dort und packt mit an, wo es nottut. Nebenbei findet er noch Zeit, den GĂ€sten zu versichern, wie stolz der Verein ist, nunmehr mit Schalke den nĂ€chsten HochkarĂ€ter zu Gast zu haben. Nur die die Hoffnung, dass nach zwei sehr knappen Niederlagen gegen Mönchengladbach und Bayern heute die Sensation gelingen möge, gehen die Königsblauen nicht mit.

Wer nicht hĂŒpft, der lebt hier lĂ€nger


Das Wetter ist sehr norddeutsch, eine steife Brise lĂ€sst Sonne, Wolken und kurze Schauer fast im Minutentakt wechseln. Leicht ungewohnt fĂŒr die GĂ€ste aus dem Pott sind auch die StahlrohrtribĂŒnen: Ob die wohl hĂŒpfende Schalker in Ekstase aushalten
?!

Der Weg hinter die GĂ€stetribĂŒne fĂŒhrt direkt ins GrĂŒne, auch die Polizei steht auf der Weide, was natĂŒrlich zu einigen Witzchen animiert. Die Einlasskontrollen sind ausgesprochen freundlich, die Verpflegung gesichert. Auch der Stadionsprecher begrĂŒĂŸt den Schalker Anhang sehr herzlich, die örtliche Blaskapelle stimmt vor der heimischen Hymne auch „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich an“. Danke dafĂŒr!

Rote Karte fĂŒr Rassismus und Clemens Tönnies

Es könnte wirklich ein paradiesisches Fußballfest sein, wenn das Thema Tönnies und seine umstrittene Äußerung auf dem Tag des Deutschen Handwerks nicht wĂ€re. Die Zahl der „Schalker gegen Rassismus“-Shirts ist deutlich angestiegen; dazu verteilen die Ultras Gelsenkirchen ĂŒberdimensionale rote Karten mit den Aufdrucken „Rassismus“ und „Clemens Tönnies“. Vereinzelt kommt es zu lautstarken Auseinandersetzungen mit Schalkern, die diese nicht annehmen – das wird man doch wohl noch sagen dĂŒrfen!!! -, doch die meisten Fans halten die Karten zum Einlauf der Mannschaften hoch. Ein signalrotes Banner vor dem Block verdeutlicht die Ansage: Aus der Botschaft „Wir zeigen Rassismus die rote Karte“ wird innerhalb von Sekunden „Wir zeigen Tönnies die rote Karte“. Danach fliegen die Pappen zusammengeknĂŒllt aufs Feld.

Eine schwere Geburt und ein neuer Kurvensong

ZurĂŒck zum Spocht: David Wagner hat sich in seinem ersten Pflichtspiel fĂŒr NĂŒbel, Oczipka, Nastasic, Stambouli, Kenny, Mascarell, Serdar, Skrzybski, Harit, Caligiuri und Burgstaller entschieden, was viele der mitgereisten Fans Weston McKennie und vor allem Ahmed Kutucu vermissen lĂ€sst. Und das Spiel entwickelt sich im ersten Durchgang zu einem typischen Pokal-Erstrundenmatch: Ein unterlegener, aber mit jeder Faser kĂ€mpfender Underdog gegen den Favoriten, der zwar feldĂŒberlegen ist, sich jedoch die ZĂ€hne ausbeißt. Neu-KapitĂ€n Alexander NĂŒbel im Tor der Schalker verbringt einen Ă€ußerst ruhigen Nachmittag, sein GegenĂŒber Siefkes hingegen verdient sich mehrfach gute Noten und rettet u. a. gegen Amine Harit und Guido Burgstaller.

Die Schalker Kurve stellt derweil auf Anfeuerung der Mannschaft um – mit einem neuen Kurvensong:

WIR KOMM‘ VOM BERGER FELD
MALOCHER OHNE VIEL GELD
DU BRINGST MICH UM DEN VERSTAND
ZIEHN MIT DIR DURCH DAS LAND
FÜR JETZT UND ALLE ZEIT
!

Daneben sind natĂŒrlich Klassiker wie „Hey, Schalke ist die Macht“ und die „Asozialen Schalker“ am Start, schön untermalt von rhythmischem HĂŒpfen, das die StahlrohrtribĂŒne mĂ€chtig ins Schwingen und einige Schalker ins Schwitzen bringt, doch die gute norddeutsche Wertarbeit hĂ€lt. Puh


Skrzybski lÀsst den Knoten platzen

Zur Mitte der ersten Halbzeit gibt es weitere Protestbanner „Rassisten sind keine Schalker! Peters, wir nehmen Dich beim Wort!“, „Tönnies raus“ und „Unbedachte Aussagen“ zeigen den wahren Charakter! Tönnies raus“ sind Anspielungen auf Peter Peters‘ umjubelte Rede bei der Mitgliederversammlung. Der akustische Support der Mannschaft geht dennoch lautstark weiter; auf „Schalke! KĂ€mpfen! Siegen!“ folgt die Pokaledition von „Immer wenn Du spielst, steh‘ ich in der Kurve“: Statt „Schrei so laut ich kann, alles fĂŒr drei Punkte“ heißt es heute „
fĂŒr die nĂ€chste Runde“. Danach entwickelt sich ein kurzes verbales ScharmĂŒtzel mit den Heimfans, das in den Beschimpfungen „Ihr seid nur ein Hurensohnverein“ und „Wenn wir wollen, schlagen wir Euch tot“ gipfelt.

Ungeachtet der Geschehnisse im GĂ€steblock wird die Überlegenheit der Schalker Mannschaft zunehmend drĂŒckender, zudem muss Drochtersen-KapitĂ€n Behrmann nach einem Zusammenprall mit dem eigenen Keeper verletzt raus – und einige Minuten spĂ€ter ist es Steven Skrzybski, der nach starker Vorarbeit von Suat Serdar das tapfere Abwehrbollwerk der Niedersachsen knackt: Er vollendet aus kurzer Distanz zum 1:0 in der 44. Minute. FĂŒr’s Phrasenschweinchen sei angemerkt: Ein psychologisch guter Zeitpunkt fĂŒr den FĂŒhrungstreffer!

SchĂŒtzenfest im zweiten Durchgang

Mit „Wir kommen aus Gelsenkirchen“ geht es in die Pause, die ImbissstĂ€nde zapfen um ihr Leben, denn das Wetter wird immer freundlicher und heißer und die Sonne lĂ€sst den Schweiß in Strömen fließen. Ein ausgewogener FlĂŒssigkeitshaushalt ist ja sooo wichtig! Vor dem Heimspiel gegen Bayern MĂŒnchen am 24. August wird es außerdem einen großen Fanmarsch von Buer zur Arena geben.

Die Schalker Elf kommt unverĂ€ndert aus der Kabine und wird mit „Stadionverbote halten uns nicht auf“ und „Schalke, ich bin fĂŒr dich geboren“ begrĂŒĂŸt – und einem satten Warnschuss, doch der vermeintliche Ausgleich zĂ€hlt nicht, denn von der Reith steht bei seinem Kopfballtreffer im Abseits. Weiteratmen.

Die Kurve besingt die Ruhrpottkanaken und Oppa Pritschikowski, die Mannschaft zieht das Tempo an und hat durch Caligiuri die Chance, die FĂŒhrung auszubauen, doch Siefkes ist auf dem Posten. Weston McKennie kommt fĂŒr Skrzybski auf das Feld.

Kurz darauf macht ein Doppelschlag innerhalb von 04 Minuten alles klar: Erst erobert Burgstaller eine verunglĂŒckte RĂŒckgabe von Fiks und erzielt das 2:0 (61.), dann verwandelt Daniel Caligiuri einen an Amine Harit verursachten Foulelfmeter sicher zum 3:0 (65.). Die Kurve feiert „Eine Stadt erstrahlt in Blau“ und „Wer holt den Pokal? Wer holt den Pokal? Schaaaaalke holt ihn wieder mal!“

Wer holt den Pokal? Wer holt den Pokal? Schaaaaalke holt ihn wieder mal!

MĂŒnir Levent Mercan ersetzt Suat Serdar und trĂ€gt sich wenige Minuten spĂ€ter mit einem wunderschönen Schlenzer ins rechte Eck zum 4:0, pardon 0:4, ebenfalls in die TorschĂŒtzenliste ein (73.). Die Stimmung in der königsblauen Kurve ist jetzt exzellent. Witzchen der Marke „jetzt haben wir hier doppelt so viel Tore erzielt wie Gladbach und Bayern zusammen“ machen die Runde, dazu ertönt das beliebte „Der FC Schalke wird deutscher Meister und wir hoooolen den Pokal!“

Letzteres gefĂ€llt einigen enttĂ€uschten Heimfans nicht, so dass zunĂ€chst ein „Flitzer“ mit ausgestreckten Mittelfingern vor die Schalker Kurve stĂŒrmen möchte, jedoch schnell abgefangen wird. Als er unter dem GelĂ€chter der Schalker weggefĂŒhrt wird, stimmt sein Block „Deutscher Meister wird nur der BVB!“ an, was postwendend mit „Ihr seid nur ein H*rensohnverein“ und natĂŒrlich den BVB-H*rensöhnen beantwortet wird. „Und schon wieder keine Schale S04
“ tönt zurĂŒck.  

Nach diesem Austausch der Nettigkeiten darf Ahmed Kutucu noch fĂŒr Caligiuri ran, kann jedoch trotz sichtlichen Engagements keine echten Akzente mehr setzen. Der sportliche Schlusspunkt ist vielmehr Guido Burgstaller vorbehalten, der einen Hackentrick des sehr aktiven Harit zum 5:0-Endstand ins Netz schlenzt (83.).

Das standesgemĂ€ĂŸe Ergebnis wird von Fans und Mannschaft gemeinsam gefeiert. Drochtersen war eine Reise absolut wert, doch am nĂ€chsten Samstag wartet mit Borussia Mönchengladbach ein deutlich hĂ€rterer Brocken