Schalke-Kader-Check Teil 1: Der Sturm ist eine Baustelle!

Schalke-Kader-Check Teil 1: Der Sturm ist eine Baustelle!

8. August 2019 2 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 steht kurz vor dem Pflichtspielstart. In der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals müssen die Königsblauen beim SV Drochtersen/Assel ran, danach warten mit Borussia Mönchengladbach (A) und Bayern München (H) zwei Schwergewichte der Bundesliga. Susanne Hein-Reipen nimmt den Kader unter die Lupe…

Im letzten Sommer sah es so aus, als ob der damalige Cheftrainer Domenico Tedesco ein Luxusproblem hätte: Im Kader standen gleich fünf echte Mittelstürmer zur Verfügung, dazu kamen je ein gelernter Links- und Rechtsaußen. Die Landung auf dem Boden der Tatsachen war mit nur 37 Toren ernüchternd.

Von der Qual der Wahl kann der neue Coach David Wagner nur träumen:  Franco di Santo floh bereits in der Winterpause zu Rayo Vallecano, Breel Embolo wechselte zu Beginn des Sommertransferfensters nach Mönchengladbach, Cedric Teuchert ist für mindestens ein Jahr mit Kaufoption an Hannover 96 ausgeliehen, Bernard Tekpetey an Fortuna Düsseldorf und Yevhen Konoplyanka hat die klare Ansage, dass Schalke nicht mehr mit ihm plane.

Als nominelle Mittelstürmer stehen aktuell Guido Burgstaller (30), Mark Uth (27), Ahmed Kutucu (19) und Fabian Reese (21) unter Vertrag. Neuzugang Benito Raman (24) fühlt sich auf Linksaußen am wohlsten; um die Position des Rechtsaußen konkurrieren Rabbi Matondo (18) und Steven Skrzybski (26).

David Wagner bevorzugte in den Testspielen wie bereits zuvor beim FC Huddersfield meistens ein 4 – 2 – 3 – 1 – System, die Torausbeute und Chancenverwertung ließen dennoch bis auf das lockerflockige 20:1 bei der überforderten Stadtauswahl Bottrop noch etliche Wünsche offen. Am meisten überzeugen konnte Ahmed Kutucu (Vertrag bis 2022), der sich nicht nur in Oberhausen, Bottrop und Wattenscheid in die Torschützenliste eintragen konnte, sondern trotz bunt wechselnder Mitspieler regelmäßig für Gefahr sorgte. Viele Schalke-Fans wünschen sich, dass Kutucu, der bereits in der Schlussphase der vergangenen Saison trotz Abiturstress‘ und Mehrfachbelastung zum Hoffnungsträger wurde, künftig häufiger in der Startelf steht. In der Vorbereitung ließ Wagner ihn meistens mit den „Aushilfen“ aus der Knappenschmiede ran. Kutucu ist schnell und offensiv variabel einsetzbar.

Guido Burgstaller (Foto: Hein-Reipen)

Hinter Guido Burgstaller, dessen Vertrag kurz vor der Demission von Tedesco bis 2022 verlängert wurde, liegt trotz enormer Einsatzbereitschaft eine unbefriedigende Spielzeit. Anders als in der Vorsaison, wo er als Wintereinkauf noch auf Anhieb zum besten Schalker Schützen und Publikumsliebling wurde, lief „Burgi“ lange seiner Form hinterher und konnte sein Tempodefizit nur selten durch Kampfkraft und Torriecher wettmachen. Ihm als „klassischsten“ Schalker Mittelstürmer dürfte Wagners System mit zwei offensiven Außen entgegenkommen.

Eine sehr enttäuschende Saison liegt auch hinter Mark Uth (Vertrag bis 2022). Als vermeintliches Schwergewicht mit 14 Treffern und 8 Vorlagen von der TSG Hoffenheim aufs Berger Feld gewechselt, wurde er von Domenico Tedesco auf häufig wechselnden Positionen von offensivem Mittelfeld und hängender Spitze bis Rechtsaußen eingesetzt und zog sich im März eine langwierige Adduktorenverletzung zu, die ihn für den Rest der Saison bis in die Vorbereitung hinein außer Gefecht setzte. Wenn er wieder richtig fit wird und bleibt, dürfen die königsblauen Anhänger von ihm wohl mehr als die zwei mageren Tore der letzten Saison erwarten.

Fabian Reese (Vertrag bis 2020), der eher ungeplant von seiner Leihe an Greuther Fürth zurückkehrte, dürfte auch bei einem Verbleib auf Schalke keine ernsthafte Option für den Sturm sein. In den Vorbereitungsspielen kam der von Tedesco als „Mentalitätsmonster“ geadelte Reese zumeist als Aushilfe auf der rechten Abwehrseite zum Einsatz.

Nach den Beobachtungen der letzten Saison und der Sommervorbereitung können die Schalker derzeit also nicht davon ausgehen, dass einer der drei designierten Mittelstürmer wie ihrerzeit Klaas-Jan Huntelaar oder Kevin Kuranyi relativ verlässlich für „10 plus x“ Tore pro Saison gut ist.

Noch etwas skeptisch: Neuzugang Benito Raman (Foto: Hein-Reipen)

Hinzu kommt, dass Neuzugang Benito Raman (Vertrag bis 2024) zumindest in den Vorbereitungsspielen noch nicht an seine bestechende Form und Treffsicherheit bei Fortuna Düsseldorf anknüpfen konnte: Der sympathische junge Belgier versemmelte gleich in mehreren Testspielen einige „Hundertprozentige“. Die Fans hoffen nun, dass er sich zunehmend an das neue Umfeld und das neue System gewöhnt und nicht mit der Rückennummer 9 auch den Chancentod-Fluch von di Santo geerbt hat.

Steven Skrzybski (Vertrag bis 2021) wurde in der Vorsaison häufig durch Muskelprobleme zurückgeworfen, zeigte sich aber in der diesjährigen Vorbereitung hochmotiviert und stabil und steuerte gegen Bottrop, in Wattenscheid und gegen Alanyaspor Tore bei. Ähnliches gilt für Youngster Rabbi Matondo (Vertrag bis 2023), der hart an sich gearbeitet hat und in Oberhausen und gegen Norwich City mit Toren und Torvorlagen aufwarten konnte. Sein großer Trumpf ist seine Schnelligkeit, die insbesondere im Zusammenspiel mit Ahmed Kutucu und Amine Harit für einige sehenswerte Angriffe sorgte, die körperliche Durchsetzungsfähigkeit ist bei dem jungen Fliegengewicht (1,75 m, 62 kg) noch ausbaufähig.

Skrzybski (1,74 m) und Raman (1,72 m) sind ebenfalls nicht die Größten, auch Kutucu (1,81 m) und mit Abstrichen Uth (1,85 m) kommen eher über Tempo als körperliche Wucht und Präsenz. Ein durchsetzungsfähiger und treffsicherer Mittelstürmer sollte daher ganz oben auf der Einkaufsliste stehen, falls Jochen Schneider in dieser Transferperiode noch einmal tätig wird. Gerüchte gibt es u. a. mit Bas Dost, Gaëtan Laborde und Silas Wamangituka bereits.