Schalke – Darmstadt 2:4: Uninspirierter Auftritt enttäuscht die Fans
7. November 2021Schalke 04 verliert auch das dritte Spiel in Folge und erntet nach der 2:4-Heimniederlage gegen Darmstadt 98 erstmals vernehmbare Unmutsbekundungen der Fans. Susanne Hein-Reipen über einen gebrauchten Nachmittag in der Veltins-Arena…
Die Anstoßzeit Sonntag 13.30 Uhr ist immer noch etwas gewöhnungsbedürftig, aber treue Schalkefans kann das nicht abschrecken. 51.327 und damit knapp 5.000 weniger als zulässig finden den Weg nach Gelsenkirchen. Das Wetter entpuppt sich als besser als vorhergesagt, anders als beim letzten Heimspiel gegen Dresden ist das Miteinander mit den ebenfalls blau-weißen „Lilien“ unproblematisch; Seite an Seite gibt es ein frühes Bierchen.
Nordkurvenkalender geht weg wie warme Semmeln
An den Aufgängen zur Arena wird druckfrisch der Nordkurvenkalender 2022 angeboten und findet reißenden Absatz. Die Fanshops dürfen sich auch noch über einige zusätzliche Kunden freuen, denn in der Arena zieht es wie die berühmte Hechtsuppe; der diesjährige Ugly Christmas Pulli entpuppt sich als nicht einmal halb so hässlich wie seine schaurigen Vorgänger.
Während sich die Mannschaften aufwärmen, gibt es einen eindringlichen Beitrag über die Stolpersteine, die auch in Gelsenkirchen an die Opfer des Nationalsozialismus‘ erinnern.
Die Aufstellung der Gäste geht problemlos über die Bühne, dann gehen die Schals hoch für Steiger- und Vereinslied. Die Schalker Startelf bilden heute Fraisl, Thiaw, Itakura, Kaminski, Aydin, Palsson, Ouwejan, Drexler, Latza, Terodde und Bülter; Zalazar muss zunächst auf der Bank Platz nehmen.
Packende Anfangsphase
Die Nordkurve stimmt lautstark „Schalke, ich bin für Dich geboren“ und „Eine Stadt erstrahlt in Blau“ an; dazwischen ist auch die Gästekurve zu hören. Beide Mannschaften sind sofort auf Betriebstemperatur und suchen den Weg nach vorne. Terodde schickt den ersten Warnschuss los (5.), Aydin verpasst die darauffolgende Ecke. Einer weiteren Chance für Terodde folgt die zweite Ecke – und die sitzt: Drexler ballert Pfeiffer den Ball gegen den Bauch, von dort titscht er zum 1:0 für Schalke ins eigene Tor (8.). Eine frühe Führung, schön – alle Schalker brüllen begeistert den Torjingle „Ein Leben laaaaaaaang“ mit.
Die Freude währt jedoch nicht lang, denn knappe drei Minuten später muss auch Fraisl hinter sich greifen: Tietz ballert gezielt von der linken Strafraumgrenze in die lange Ecke – und der VAR bestätigt dieses 1:1 (11.), auch wenn Tietz beim vorangegangenen Zuspiel von Manu nach Ansicht der Schalkefans knapp im Abseits stand. Die Wartezeit wird mit einem herzhaften „Ihr macht unser‘n Sport kaputt“ überbrückt, danach wird mit „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ wieder in den Vorwärtsgang geschaltet.
Folgenschwerer Patzer von Latza
Und es sieht zunächst gut aus: Drexler sieht gelb, aber die königsblaue Mannschaft auf dem Rasen lässt sich davon nicht beirren und hat durch Thiaw nach Freistoß und Ecke jeweils von Ouwejan zwei gute Möglichkeiten, wieder in Führung zu gehen. Die Nordkurve unterstützt die Aktionen mit „Für Deine Farben leben und sterben wir“, einer Attacke und dem Wechselgesang SCHALKE! – NULLVIER!
In die gute Stimmung hinein platzt jedoch ein folgenschwerer Ballverlust von Kapitän Danny Latza: Während sich ein Darmstädter angeschlagen am Boden wälzt, leistet er sich einen Fehlpass zu Gjasula, der sofort an Honsak weiterleitet. Dieser verlädt Thiaw und Palsson und trifft an Fraisl vorbei zum 1:2 (23.). Der Jubel der Gästekurve ist laut und führt zu einigen Anleihen im Nutztierreich seitens der Nordkurve.
Das Spiel wogt jetzt hin und her; „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen!“ führt immerhin zu einigen Vorstößen von Thiaw und Terodde; Aydin sieht ebenfalls Gelb. Doch auch die Gäste spielen sehr selbstbewusst mit und kommen so zu vier Ecken in Folge, die jedoch allesamt nicht ins Schwarze treffen. Lilien-Coach Lieberknecht wird wegen fortgesetzten Meckerns verwarnt, dann geht es mit einem Freistoß für Königsblau und einer Minute Nachspielzeit und 1:2 in die Kabinen. Vereinzelt sind Pfiffe zu hören, aber die Mehrheit setzt darauf, dass Schalke die Partie noch umbiegen kann.
Tietz erhöht auf 1:3
Die Fanbox erinnert an eine KiTa in Gelsenkirchen, dann gibt es den traditionellen Überblick des Teams Fanbelange: Die Ferienaktionen der Knappenkids waren ein voller Erfolgt, die Bedingungen für das Auswärtsspiel in Bremen stehen aufgrund der Vorsicht der Stadt Bremen angesichts der stark ansteigenden Inzidenzen noch in den Sternen und alle Schalker sind am 09. November herzlich zu einem Schweigemarsch zur mahnenden Erinnerung an die Reichspogromnacht eingeladen.
Beide Mannschaften kommen zunächst personell unverändert wieder auf das Feld; leider halten die Gäste die Schalker auch unverändert recht gut von ihrem Tor weg, auch zwei Ecken führen nicht zu einem zählbaren Erfolg. Etwas zu robust geht dabei Manu gegen Aydin zu Werk und wird verwarnt und wenig später durch den Exschalker Goller ersetzt.
Die Nordkurve unterstützt die Bemühungen nach wie vor lautstark mit „Wir kommen aus Gelsenkirchen“, „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen“ und „Geh‘n mit Dir auf jede Reise“, auch der Doppelwechsel Zalazar für Bülter und Churlinov für Latza wird von Applaus begleitet. Zwischendurch lässt sich auch die Gästekurve mit „Ess – Vau – Dee!“ vernehmen – und dann ist es auch schon passiert: Während sich die Schalker Abwehr im einsetzenden Regen noch neu sortiert, verliertAydin den Ball an Kempe, der ihn zu Tietz weiterleitet, der wiederum nahezu unbedrängt auf Fraisl zustürmen und flach einschieben kann. 1:3 in der 63. Minute, war das die Vorentscheidung…?
Comeback von Sané und Entscheidung durch Goller
Die Nordkurve steckt noch nicht auf und stimmt die Ruhrpottkanaken an; auf dem Feld kann Torjäger Terodde eine gute Schusschance verbuchen, aber Schuhen im Kasten der Gäste ist auf Zack (68.). Kurze Zeit später zappelt der Ball hinter ihm im Netz, aber der Torjubel erstirbt den Schalkern auf den Lippen, denn der VAR bestätigt: Thiaw stand beim vermeintlichen 2:3-Anschlusstreffer im Abseits (70.).
Beide Trainer bringen jetzt reihenweise frisches Personal: Karic und Seydel ersetzen Hinsak und Pfeiffer; bei Schalke kommt der offensive Pieringer für Innenverteidiger Itakura; kurz darauf darf Salif Sané (für Aydin) sein Comeback nach langer Verletzungspause feiern. Mehlem und Celic für Tietz und Gjasula runden die Wechsel ab.
Die Fans stimmen derweil „Schalke 04 für jetzt und alle Zeit“ und die asozialen Schalker an und probieren es dann einfach mal mit „Ein Leben lang“ – und wie durch Zauberhand folgt dem Torjingle der 2:3-Anschlusstreffer durch Joker Pieringer (88.). Ein sehenswerter Treffer ins lange Eck – doch noch mitten hinein in den Jubel und die Wie-lange-noch?-Frage hinein platzt das 2:4 durch Goller (89.), gefühlt das 1.904mal, dass ein Exschalker gegen uns trifft. Vorausgegangen war ein Fehlpass von Palsson.
Schalke muss aufpassen
Das war natürlich trotz vier Minuten Nachspielzeit die Entscheidung, die Schalker wandern in Scharen ab, während der Gästeblock fröhlich feiert. Die Nordkurve stimmt trotzig „Wir sind die Fans, die auch zu Dir, wenn Du verlierst“ an, dann ist es vorbei.
Durch diese Niederlage zieht Darmstadt mit dem besten Sturm der zweiten Bundesliga an Schalke vorbei; die Knappen rutschen mit unverändert 22 Punkten auf Platz 5 – tabellarisch kein Drama, aber durch mehrere individuelle Fehler wurde eine sehr gute Chance verpasst, die Länderspielpause in unmittelbarer Nähe des Spitzenduos zu verbringen.
Die Reaktion der Fans auf diese neuerliche Niederlage zeigt zudem, dass der durch die guten vorherigen Auftritte erworbene Kredit nicht unbegrenzt hält, wenn die Fans das Gefühl haben, dass eine Niederlage bei konsequenterem Herangehen vermeidbar gewesen wäre. Insbesondere die Diskussion, ob und inwieweit Dimitrios Grammozis die Mannschaft spielerisch weiterentwickeln kann, hat durch die drei Niederlagen wieder an Fahrt aufgenommen. Es bleibt spannend auf Schalke…
Spielerisch hat sich die Truppe unter DG nicht weiter entwickelt. Auch konditionell sehe ich noch mächtig Luft nach oben.
Schnell den Trainer auswechseln. Dann haben wir noch die Möglichkeit etwas zu retten. Evtl. 1 bis 3 Neuzugänge in der Winterpause.