Schalke – Bielefeld 0:1: Schalke endgültig am Boden – Spieler lassen auch Huub Stevens im Stich

Schalke – Bielefeld 0:1: Schalke endgültig am Boden – Spieler lassen auch Huub Stevens im Stich

19. Dezember 2020 0 Von Susanne Hein-Reipen

Schalke kann einfach nicht mehr gewinnen: Auch gegen Aufsteiger und Abstiegskonkurrent Arminia Bielefeld zeigen die Figuren in den königsblauen Trikots – der Begriff „Mannschaft“ wird hier bewusst nicht verwendet – viel zu wenig und verlieren zu Recht mit 0:1 (0:0). Susanne Hein-Reipen leidet mit Huub Stevens…

Das letzte Duell um Bundesligapunkte ist schon ein gutes Jahrzehnt her, doch noch im Vorjahr lieferten der damalige Zweitligist Arminia Bielefeld und Schalke auf der Alm ein spannendes Pokalmatch, bei dem Schalke zunächst wie der sichere Sieger aussah, in der zweiten Halbzeit aber von den zunehmend stärker auftrumpfenden Ostwestfalen arg in Bedrängnis gebracht wurde. Am Ende hieß es 3:2 für Königsblau; ein Ergebnis, das alle Schalkefans nur zu gerne unterschreiben würden.

Huub Stevens reloaded

Der Paukenschlag vom Vortag, den glücklosen Manuel Baum freizustellen und Urgestein und Jahrhunderttrainer Huub Stevens mindestens für die beiden Spiele gegen Arminia und Ulm zu installieren hat die Hoffnung vieler Schalkefans wieder wachsen lassen und so wird die Aufstellung mit Spannung erwartet. Aber auch Huub kann weder zaubern noch in einem Tag eine neue Mannschaft backen und so setzt er mit Fährmann, Kabak, Sané, Oczipka, Schöpf, Mascarell, Stambouli, Mendyl, Serdar, Boujellab und Raman auf immer 9 von 11 Spielern, die unter Baum auch in der Anfangsformation gegen Freiburg standen. Die „Leichtgewichte“ Harit und Matondo müssen zunächst auf die Bank – ein Fingerzeig für eine robustere Spielweise…?

Der „Knurrer von Kerkrade“ nimmt in Trainingsanzug und königsblauem Mundschutz auf der Trainerbank Platz – wären Zuschauer in der Veltins-Arena, gäbe es jetzt lautstarke „Huub Stevens, ohoho“-Huldigungen.

Schon in den ersten Minuten wird klar: Das wird heute kein Leckerbissen für Fußballästheten. Beide Mannschaften gehen mit zahlreichen kleinen Fouls in die Zweikämpfe, das meiste spielt sich im Mittelfeld ab. In der 12. Spielminute kommt es zu einem kleinen Getümmel im Schalker Strafraum, das von Benjamin Stambouli beherzt geklärt wird. Der anschließende Schuss von Prietl geht klar über die Latte.

Der Kapitän muss früh runter

Kurz darauf sinkt Omar Mascarell, der wegen seiner Blessur aus dem Freiburg-Spiel bereits das Abschlusstraining abbrechen musste, zusammen und muss trotz sofortiger Behandlung humpelnd den Platz verlassen; für ihn kommt Malick Thiaw (15.), Bastian Oczipka übernimmt die Binde. Drei Zeigerumdrehungen später ballert Schöpf einfach aus 25 Metern auf den Kasten – drüber, aber endlich mal ein Abschluss. Auf der Gegenseite verlädt Cordova Ralf Fährmann und die Schalker haben Glück, dass seine Hereingabe über Doan von Gebauer im Eifer des Gefechts zu hektisch über das Tor gesetzt wird (19.).

Dann ist wieder Schalke in der Offensive: Ramans Schuss von der Strafraumgrenze wird Beute von Ortega im Bielefelder Tor, Serdars gefühlvoller Schlenzer liegt zu weit rechts. Bastian Oczipka sieht wegen sehr rustikalen Einsatzes gegen Doan die erste gelbe Karte des Spiels, kurz darauf folgt Prietl wegen eines taktischen Fouls an Suat Serdar. Ein Tor von Cordova zählt nicht, weil der Venezolaner im Abseits stand.

Glück bei Cordovas Pfostenkracher

Das Spiel ist ausgeglichen, heißt: Höhepunkte sind auf beiden Seiten Mangelware; leider haben die Gäste aus der Stadt, die es nicht gibt, mittlerweile mehr Ballbesitz und die etwas bessere Zweikampfquote. Raman für Königsblau und Gebauer für die in Orange gewandeten Bielefelder scheitern mit ihren Vorstößen, dann stockt allen Schalkern vor den Bildschirmen der Atem: Ein erbittertes Laufduell mit Kabak entscheidet Cordova für sich und ballert mit viel Schwung an den Innenpfosten, doch die Kugel titscht wieder ins Feld zurück. Puh…

Noch ein Vorstoß von Nassim Boujellab, dann geht es mit 0:0 in die Pause. Für den ersehnten ersten Sieg müsste von Schalke deutlich mehr kommen – und Huub Stevens schaut entsprechend grimmig über seinen Mundschutz.

Der obligatorische Rückstand

Beide Trainer verzichten in der Halbzeit auf personelle Wechsel – und die erste Chance geht an Königsblau, aber Boujellabs sehenswerter Fernschuss wird von Ortega ebenso abgeblockt wie der folgende verunglückte Abwehrversuch von Brunner.

Doch danach gibt es den offenbar unvermeidlichen Patzer, der Schalke regelmäßig ins Hintertreffen bringt: Sané und Oczipka lassen Klos frei zum Kopfball kommen, der Bielefelder Kapitän bedankt sich mit einem schönen Aufsetzer in die rechte Ecke. Das 0:1 in der 53. Minute. Zu allem Überfluss muss auch noch der beherzt aufspielende Boujellab angeschlagen gegen Amine Harit ausgetauscht werden; Pieper, Serdar und Mendyl sehen kurz hintereinander jeweils Gelb.

Kann Schalke das Ruder noch herumreißen? Ein erster Vorstoß von Harit endet unsanft. Auch Schöpf wird schmerzhaft von den Beinen geholt, Brunner kassiert dafür zu Recht Gelb. Anschließend bringen sowohl Stevens mit Steven Skrzybski (für Mendyl) und Ahmed Kutucu (für Schöpf) als auch Neuhaus – Schipplock für den Torschützen Klos – frische Spieler.

Schalke läuft die Zeit davon

Cordova verzieht einen wuchtigen Schuss von der Strafraumgrenze, dann ist das Spiel wieder unterbrochen, denn Sané muss behandelt werden, bevor er mit schmerzverzerrtem Gesicht versucht, weiterzuspielen. Ein Distanzschuss von Kabak verfehlt das Tor deutlich, eine folgende Flanke von Serdar wird von Pieper ins Seitenaus bereinigt, dann nimmt Arminia mit ein bisschen Behandeln und Wechseln (Soukou für Hartel und Kunze für Brunner) weitere Zeit von der Uhr. Stevens und Kapitän Mascarell verfolgen das Geschehen mit sorgenvollen Mienen von der Bank.

Harit bedient Kutucu, aber Pieper kann klären; dann werden Harit nach einem Wortgefecht mit Referee Bastian Dankert und Doan nach einem Foul an Harit verwarnt. Seufert ersetzt Cordova, auch Raman sieht noch Gelb wegen eines unnötigen Fouls. Die Nachspielzeit beträgt aufgrund der vielen Verletzungs- und Wechselunterbrechungen sechs Minuten…

Um es kurz zu machen: Außer einem Freistoß, bei dem sogar Ralf Fährmann nach vorne eilt, und einer weiteren gelben Karte für Salif Sané passiert in der Nachspielzeit nichts Erwähnenswertes mehr, das 29. Spiel ohne Sieg ist vollendet, Schalke wird als alleiniger Tabellenletzter in das Jahr 2021 starten.

Unfähigkeit? Unwille?

Die Spieler sinken enttäuscht auf den Rasen, Stevens wirkt schwer angeschlagen. Für ihn ist Schalke eine Herzensangelegenheit, für viele aus der Mannschaft leider nicht – oder wie ist diese weitere halbherzige Darbietung zu erklären…? Regelmäßig passieren schwere individuelle Fehler, regelmäßig wird erst offensiv Druck gemacht, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist. Als Kirsche obendrauf gibt es überflüssige Disziplinlosigkeit und gelbe Karten.

In dieser desolaten Form muss Schalke sich sogar vor dem SSV Ulm fürchten, der am Dienstag in der zweiten Runde des DFB-Pokals in der Veltins-Arena vorstellig wird – und die Schalkefans fürchten sich vor den weiteren personellen Entscheidungen von Sportvorstand Jochen Schneider, was die Trainerauswahl angeht.

Das Jahr 2020 war weltweit kein Gutes, aber für Schalke war es schwärzer als jedes andere seit über 30 Jahren. Vielleicht könnte der von den Mitgliedern gewählte und mangels Mitgliederversammlung im Amt gebliebene Aufsichtsrat einmal aus seinem Dornröschenschlaf erwachen und zumindest versuchen, dem Abstieg entgegenzusteuern…?!