Ulm – Schalke 1:3: Königsblau schafft mit dem Einzug ins Achtelfinale einen versöhnlichen Abschluss des Horrorjahres

Ulm – Schalke 1:3: Königsblau schafft mit dem Einzug ins Achtelfinale einen versöhnlichen Abschluss des Horrorjahres

22. Dezember 2020 0 Von Susanne Hein-Reipen

Ein einziger Sieg in 30 Bundesligaspielen, aber drei Siege in 4 Pokalspielen: Die königsblaue Bilanz des Jahres 2020. Auch gegen den SSV Ulm tut sich der FC Schalke 04 zunächst schwer, zieht aber dank einer Leistugssteigerung im zweiten Durchgang und zwei Toren von Benito Raman verdient ins Achtelfinale ein. Susanne Hein-Reipen ist erleichtert.

Ulm gegen Schalke, Spatzen gegen Knappen: Die letzte Begegnung der beiden Vereine datiert vom 14. April 2000, seinerzeit trennte man sich in der Bundesliga im Parkstadion mit einem ereignisarmen 0:0. Als Amateurverein hätte Ulm im Pokal das Heimrecht gehabt, hat dieses aber wegen der mit den Corona-Geisterspielen verbundenen Logistik mit Schalke getauscht.

Ohne Kapitän Mascarell, Kabak und Sané

Huub Stevens muss auf die angeschlagenen Frederik Rönnow, Omar Mascarell, Ozan Kabak, Nassim Boujellab und Salif Sané verzichten, daher stehen Fährmann, Ludewig, Becker, Nastasic, Oczipka, Stambouli, Serdar, Schöpf, Harit, Skrzybski und Raman in der Startelf. Nominell eine Elf, die gegen einen Regionalligisten – der SSV Ulm ist derzeit Sechster der RL Südwest – keine großen Probleme haben sollte, aber auf Schalke hat man im ablaufenden Jahr schon reihenweise Pferde vor der Apotheke kotzen sehen…

Und der SSV startet durchaus unbekümmert in die Begegnung; Cobans erste Flanke wird von Kilian Ludewig gebremst, die erste Ecke faustet Ralf Fährmann mit viel Schmackes weg, dann klärt Benjami Stambouli per Kopf. Auf der Gegenseite versuchen Ludewig und Steven Skrzybski, den ersten Angriff aufzuziehen, kommen aber nicht durch. Benito Raman kommt zwar zum Schuss, aber Reule im Kasten des SSV ist auf dem Posten. Kurz darauf zeigt er sich auch gegen Schöpf aufmerksam.

Das Spiel ist ausgeglichen, auf einen Schlenzer von Raman über die Latte folgt ein Abschluss von Jann, den Fährmann klärt. Zwei Ecken für Ulm bringen nichts ein; Schalker Gegenstöße laufen zumeist über Ludewig, sind jedoch noch zu unpräzise. Auch eine weitere Ulmer Ecke wird von der Schalker Abwehr entschärft; Fährmann schnappt sich eine Flanke von Rühle.

Serdars Knaller bringt die Führung

Dann, nach dem Spielverlauf ein wenig überraschend, die Schalker Führung: Stambouli wechselt gekonnt die Seite, Oczipka leitet den Ball weiter zu Serdar und dieser knallt ihn mit viel Effet rechts oben in den Winkel (27.). 1:0 für Schalke!

Doch der Underdog – sofern man Ulm angesichts der Schalker Performance der letzten Monate so bezeichnen darf – steckt nicht auf und marschiert mit Sapina und Rühle wieder nach vorne, doch Ludewig geht dazwischen. Einen Vorstoß von Coban klärt Matija Nastasic zur Ecke.

Die erste gelbe Karte des Spiels verdient sich Benito Raman mit einer herzhaften Grätsche gegen Schmidts, den fälligen Freistoß setzt Geyer in die königsblaue Mauer. Ulm lässt nichts unversucht, der agile Gashi semmelt sogar aus über 40 Metern Entfernung einfach mal Richtung Tor. Zwischendurch beharken sich Skrzybski und Reule im Strafraum, dann ist wieder Ulm am Drücker, aber Rühle bekommt das Zuspiel von Jann nicht unter Kontrolle. Coban wird wegen Ballwegschlagens nach Freistoßpfiff verwarnt, Serdar humpelt schon in der Nachspielzeit auf Socken vom Rasen.

„Ein Klassenunterschied…

…ist nicht zu sehen“, lautet eine sehr beliebte Floskel bei Pokalspielen und auch dieses Spiel hat ein paar Euro für das Phrasenschwein verdient. Doch in der aktuellen Situation ist man als Schalker schon glücklich über jeden noch so kleinen Hoffnungsschimmer: Wir führen.

Stevens ersetzt Ludewig, der schon beim Aufwärmen behandelt werden musste, durch Malick Thiaw, Serdar kann zunächst weitermachen. Die erste Aktion geht wieder an den SSV, aber Fährmann fliegt in die richtige Ecke. Reichert bekommt gelb, weil er Skrzybski überrennt. Den anschließenden Freistoß zirkelt Oczipka genau auf den Kopf von Thiaw, doch der Ball wird noch abgefälscht, den Nachschuss klärt Reule zur Ecke -–die erste für Schalke bei schon 5 Ecken für Ulm, sie bringt nichts ein.

Ramaaaaaaaaaaaaaaaan….!

Serdar schickt den Ball Richtung Strafraum, Schmidts will klären, köpft das Leder aber genau vor Harits Füße. Dessen Schuss kann Reule nur abklatschen, Raman schaltet am schnellsten und staubt zum 2:0 ab (51.). Jawollja!

Trotzdem geht das Spiel weiter hin und her, Reichert und Rühle für Ulm und Skrzybski für Schalke haben jedoch kein Schussglück.

Besser macht es Raman mit seinem zweiten Treffer: Eine wunderbare Vorlage von Skrzybski nimmt er in vollem Lauf an und schließt ohne Zögern mit dem rechten Fuß ins lange Eck ab: 3:0 in der 63. Minute!

Unberechtiger Elfmeter als kleiner Schönheitsfehler

Kurze Zeit darauf verlässt der Doppeltorschütze das Feld und wird von den Cotrainern Mike Büskens und Naldo herzhaft geknuddelt, für ihn kommt Youngster Matthew Hoppe. Auch Ulm wirft mit Beck, Higl und Kienle für Sapina, Rühle und Jann noch einmal drei frische Spieler ins Rennen. Kurz darauf folgen mit Can Bozdogan für Harit, Krebs für Geyer und Heilig für Gashi weitere Wechsel.

Kurz darauf stürzt Kienle im Strafraum, mangels VAR entscheidet Schiedsrichter Daniel Schlager auf Elfmeter, weil Malick Thiaw in der Nähe war. Den muss man nicht geben! Fährmann macht seinem Ruf als Elfmeterkiller einmal mehr alle Ehre und wehrt den Schuss von Reichert zunächst ab, ist gegen den Nachschuss aber machtlos (82.).

Beide Mannschaften spielen jetzt offensiver, aber Reule ist gegen Bozdogan hellwach; Fährmann schnappt sich einen Freistoß von Beck. Higl sieht noch Gelb wegen eines Fouls gegen Stamboluli und Ahmed Kutucu (für Skrzybski) darf auch noch ein paar Minuten Einsatzzeit sammeln. Die vierminütige Nachspielzeit verläuft ohne große Aufreger, dann steht fest: Schalke gewinnt mit 3:1 und zieht ins Achtelfinale ein. Die Auslosung ist am 3. Januar 2021 in der ARD-Sportschau, gespielt wird am 2. und 3. Februar.

Kleines Trostpflaster auf den Wunden eines Horrorjahres

Nein, der Sieg gegen einen Regionalligisten lässt nicht die desaströse Bilanz in der Liga vergessen, aber Interimscoach Huub Stevens bringt es auf den Punkt: Es war sehr wichtig, überhaupt mal wieder zu gewinnen. Jeder kleine Schritt bringt hoffentlich etwas Selbstvertrauen zurück, auch wenn sich Schalke bis zum 2:0 nicht leicht getan hat.

Den Fragen nach dem neuen Cheftrainer weicht Stevens geschickt aus; Sportvorstand Jochen Schneider war während der Übertragung mehrfach in seiner Lieblingsposition mit gesenktem Kopf und Smartphone im Bild. Schalke-Fans dürfen gespannt sein…

Der Ball ruht diesmal nur bis zum 27. Dezember, denn schon am 2. Januar geht es bei Hertha BSC Berlin weiter.

Positiv denken: Der Baum kann über Weihnachten auf Schalke nicht mehr brennen – und 2021 kann eigentlich nur besser werden, hoffentlich irgendwann auch wieder mit der Unterstützung der Fans.