Mönchengladbach – Schalke 4:1: Königsblaue Leistungssteigerung reicht nicht

Mönchengladbach – Schalke 4:1: Königsblaue Leistungssteigerung reicht nicht

28. November 2020 0 Von Susanne Hein-Reipen

Schalke 04 geht trotz einer vor allem in der ersten Halbzeit kämpferisch ansehnlichen Leistung auch bei Borussia Mönchengladbach mit 4:1 (2:1) unter und behält nach einer schwarzen Serie von nunmehr 25 Spielen die rote Laterne. Die Hoffnung, dass sich mit einem Sieg über „die wahre Borussia“ vom Niederrhein der Kreis des letzten Siegs schließen würde, erfüllt sich nicht.

Eigentlich müssten alle Journalisten der Republik für Schalke sammeln, denn kein Verein sorgt so zuverlässig für Schlagzeilen und Auflage bzw. Clicks wie Königsblau: Alleine in der vergangenen Woche durfte sich die geneigte Öffentlichkeit mit Rauswürfen (Reschke), Suspendierungen (Harit, Bentaleb), Vertragsauflösungen (Ibisevic) und Verletzungen (Sané, Oczipka, Paciencia, Fährmann) unterhalten fühlen, dazu kamen sowohl Wut-Banner als auch ein vielbeachtetes Solidaritätsvideo unter dem Motto #GEmeinsam der Fans.

Öfter mal was Neues

Auch Chefcoach Manuel Baum muss nach den turbulenten letzten Tagen einmal mehr seine Startelf umbauen: Es beginnen Rönnow, Ludewig, Kabak, Nastasic, Thiaw, Serdar, Mascarell, Skrzybski, Uth, Raman und Hoppe, der mit seinen U23-Mannschaftskollegen Schuler und Flick und den beiden Elgert-Schützlingen Calhanoglu und Maden zu den Profis beordert wurde.

Nach der Seitenwahl schwören sich die elf Königsblauen gemeinsam im Kreis auf das Spiel ein, eine Geste, die es seit Tedesco-Zeiten nicht mehr gab. #Gemeinsam heißt die Parole. Dann stellen sich beide Mannschaften zu einer Schweigeminute für den verstorbenen argentinischen Superstar Diego Maradona auf.

Ein Schreck und eine direkte Antwort

Die ersten Minuten gehören den Hausherren, der erste Torschuss den Schalkern: Uths Schuss in der 04. Minute landet genau in den Armen von Sommer im Gladbacher Tor. Auf der Gegenseite setzt Zakaria einen Schuss weit über Rönnow hinweg in den Abendhimmel – und dann zeigt sich Matthew Hoppe zum ersten Mal: Von der Strafraumgrenze zieht er aus spitzem Winkel ab und verfehlt das Tor nur knapp (9.). Weiter so!

Eine Gladbacher Ecke bringt nichts ein, ein Kopfball des gewohnt engagierten Skrzybski ebenfalls nicht. Auch Raman zieht ab, doch sein Schuss wird geblockt – und dann geht ein kollektives Aufstöhnen durch die königsblauen Wohnzimmer: Genau in diese sehr ordentliche Phase des S 04 hinein fällt das 1:0 für die Hausherren, als Rönnow einen Schuss des Ex-Schalkers Embolo nur abklatschen kann und Neuhaus den Abpraller durch die Beine von Kapitän Omar Mascarell ins Netz befördert (15.). Sch….ade!

Doch dieses Mal lassen sich die Knappen durch den erneuten frühen Rückstand nicht einschüchtern und werden schon fünf Minuten später belohnt: Nach einem butterweichen Zuspiel von Mark Uth haut Benito Raman die Kugel zum verdienten 1:1 ins rechte obere Eck (20.).

Gladbacher Effizienz

Und Schalke bleibt am Drücker, doch weder Raman noch Skzybski treffen ins Schwarze. Uths Freistoßschlenzer – Lazaro senst Raman um und sieht die erste gelbe Karte des Spiels – klatscht geräuschvoll an den linken Pfosten.  Schade, der hätte es verdient gehabt!

Kein Glück haben in den folgenden Minuten auch Uth, Hoppe und Serdar, dafür aber leider Wendt: Nach Zuspiel von Neuhaus trifft er aus spitzem Winkel zum 2:1 (36.). An Mark Uths frustrierter Miene ist sehr deutlich abzulesen, was er von dieser Gladbacher Effizienz hält. 4 Torschüssen der Hausherren stehen 12 der Gäste aus Gelsenkirchen entgegen, aber Fußball ist nun einmal ein Ergebnisspiel….

In der Folgezeit köpft Thuram nach Hermann-Ecke an die Latte (39.) und Kabak hindert Embolo am Abschluss (45.), dann geht es in die Kabinen. Schalke hat besser mitgehalten als in den vorangegangenen Spielen, steht aber aktuell wieder mit leeren Händen da. Was bringt der zweite Durchgang?

Thuram erhöht

Zunächst bringt er keine personellen Veränderungen, dafür aber je eine gelbe Karte für Thuram, der die Reißfestigkeit von Ludewigs Trikot austestet, und Thiaw, der Embolo etwas zu rustikal bremst – und als Folge einen Freistoß für die „wahre Borussia“, der von Hermann über Ginter bei Plea landet, dessen scharfen Schuss Rönnow nur abwehren, aber nicht festhalten kann. Nutznießer ist Thuram, der über den Schalker Torwart hinweg zum 3:1 einschießen kann (52.). Die Schalker Spieler wirken jetzt sehr niedergeschlagen, Raman hat zudem einen Schlag aufs Bein bekommen und muss kurzzeitig behandelt werden. Geht hier trotzdem noch was? Jochen Schneider trägt jetzt wieder königsblauen Mundschutz, wirkt aber dennoch verständlicher Weise sehr angespannt.

Einige halbherzige Vorstöße der Gladbacher führen zu keiner Gefahr für Rönnow; ein erster Entlastungsangriff von Skrzybski bringt ebenfalls nichts ein. Nach einem Ballverlust von Kabak kommt Plea kurz vor Rönnow zum Schuss, doch die Leihgabe aus Frankfurt rettet mit der Brust.

Gladbach hat jetzt alles im Griff

Als erster Wechsel kommt Schöpf für den angeschlagenen Raman, bei Gladbach ersetzen Kramer und Lainer Zakaria und Lazaro. Einige Gladbacher Vorstöße und zwei Paraden von Rönnow später dürfen auch Wolf (für Thuram) und Stindl (für Embolo) noch ran.

Gladbach tut jetzt in Angesicht der anstehenden Aufgabe in der ChampionsLeague nicht mehr allzu viel, es reicht aber noch zu einem Pfostentreffer von Hermann (76.) – und zum 4:1 durch Joker Wolf nach sehenswerter Vorarbeit von Plea (80.). Damit ist die Messe endgültig gelesen, die folgenden Wechsel von Benes für Neuhaus, Schuler für Hoppe und Boujellab für Skrzybski haben nur noch statistischen Wert. Ein Frustfoul gegen Jantschke beschert auch Uth noch eine Verwarnung; Jung-Knappe Schuler setzt einen Kopfball über das Gladbacher Tor, dann ist Schluss.

25 Spiele und eine schwindende Hoffnung

Damit hat Schalke jetzt seit 25 Spielen in der Liga nicht mehr gewinnen können und bleibt nach dem Überraschungserfolg des 1. FC Köln beim ungeliebten Nachbarn alleiniges Tabellenschlusslicht. Wie schon so oft in den vergangenen Monaten klammern sich die Fans an die leise Hoffnung, dass es im nächsten Spiel endlich klappt und ein passabler Auftritt wie im ersten Durchgang auch mit etwas Zählbarem belohnt wird. Allerdings liegt Bayer Leverkusen Schalke schon in „normalen“ Zeiten nicht…

Der Weg, statt auf bisweilen sichtbar lustlose hochbezahlte „Stars“ wie Bentaleb oder Harit auf den eigenen Nachwuchs zu setzen, ist trotzdem richtig. Ob Bozdogan, Kutucu, Boujellab, Thiaw oder heute Hoppe und Schuler: Entweder ihr unbestreitbares Engagement reicht tatsächlich für den Klassenerhalt – oder sie können wertvolle Erfahrungen sammeln, um nach dem im Falle eines Abstiegs wohl anstehenden Ausverkauf Verantwortung für den Neuanfang zu übernehmen.