Kohle ist härter als Eisen: Schalke 04 kämpft Union Berlin nieder

Kohle ist härter als Eisen: Schalke 04 kämpft Union Berlin nieder

30. November 2019 3 Von Susanne Hein-Reipen

Auf dem Rasen wird um jeden Zentimeter gekämpft, auf den Rängen schenken sich die beiden Fangruppen nichts und am Ende bleiben die drei Punkte dank eines späten Treffers von Suat Serdar verdientermaßen im Pott. Susanne Hein-Reipen berichtet vom 2:1 der Knappen gegen die Eisernen…

Bei Freitagabendspielen gestaltet sich die Anreise auf Schalke oft zu einem Geduldsspiel. Bereits auf der A 2 aus Richtung Osten wird klar: Da rollt eine kleine rote Invasion auf Gelsenkirchen zu; Scharen gut gelaunter Unioner haben sich trotz Novemberwetter und später Anstoßzeit in ihre fahrbaren Untersätze geschwungen und bevölkern ortsunkundig, aber äußerst gutgelaunt das Berger Feld.

Willkommen auf Schalke, liebe Eiserne!

Beim gemeinsamen Bierchen wird in Erinnerungen an das Pokalfinale 2001 geschwelgt, ein Unioner von bestimmt 75 Jahren betrachtet minutenlang versonnen die Arena und seufzt vernehmlich, „ich hätte niemals gedacht, dass ich hier noch zu einem Erstligaspiel antreten darf…“

In der Arena sieht der frisch verlegte Rasen noch ein wenig schachbrett-kariert aus. Quatscher Dirk, wieder im blinkenden Ugly-Christmas-Pullover, führt wie immer durch das Vorprogramm, das heute unter anderem mit Unterstützung von „Schalke hilft“ für die vielen, vielen Ehrenamtler im Gelsenkirchener Fußball, Werbung für das Weihnachtssingen auf Schalke und Vertretern von „Gelsenkirchen packt an – Warm durch die Nacht“ aufwartet. Helfer und Spenden sind bei dieser unterstützenswerten Aktion nicht nur zur Weihnachtszeit gerne gesehen!

Flitterwochen, Rekordanreise und ein Ständchen für Huub Steven

Großes Hallo bekommt ein Berliner Paar, das am Morgen noch in Köpenick geheiratet und sich dann gemeinsam in den Zug nach Gelsenkirchen geschwungen hat: Datt ist doch mal eine Hochzeitsreise! Die weiteste Anreise hat das junge Paar allerdings nicht, die geht nämlich mit 7.740 km (!) an eine Dame vom Schalke-Fanclub Kuba, die erstmals in der Arena dabei ist. Ebenfalls herzlich begrüßt wird Manni Breuckmann, der das Spiel nach langem Unruhestand erstmals für einen Bezahlsender kommentiert. Nicht namentlich erwähnt, aber zum ersten Mal nach seinen umstrittenen Äußerungen wieder in der Arena dabei ist auch AR-Vorsitzender Clemens Tönnies.

Die Statistik fällt diesmal sehr kurz aus, war das Pokalfinale doch das bislang einzige Aufeinandertreffen der beiden Mannschaften. Da bleibt mehr Zeit, um die Kehle zu ölen: Als das Licht ausgeht, muss der Steiger jedoch noch etwas warten, schließlich feiert der Schalker Jahrhunderttrainer Huub Stevens seinen 66. Geburtstag. Ein Ständchen aus 60.000 Kehlen bekommt auch nicht jeder… Mit 61.837 Zuschauern, davon 4.800 rote Gäste, und einigen aus Sicherheitsgründen gesperrten Plätzen ist der Tempel ausverkauft.

Nordkurve zeigt Flagge

Auf Huub folgt der Steiger, dann geht das Licht wieder an und „Blau und Weiß, wie lieb‘ ich Dich“ wird rausgeschmettert. Die Schalker Aufstellung zum Einmarsch der Mannschaften zeigt keine Überraschung, mit Ausnahme von Allrounder Weston McKennie für den an Adduktorenproblemen laborierenden Mark Uth vertraut Coach David Wagner der siegreichen Elf aus Bremen: Für Schalke starten Nübel, Kenny, Kabak, Nastasic, Oczipka, McKennie, Mascarell, Caligiuri, Serdar, Raman und Harit. Bei Union steht rechts in der Dreierkette der Ex-Schalker Marvin Friedrich, der sich im Vorfeld der Begegnung freimütig dazu bekannte, dass Schalke immer noch ein Herzensverein für ihn ist.

Die Nordkurve zieht derweil einen riesigen Wimpel mit ihrem Fahnenschwenker-Logo hoch, der von vielen kleinen Fahnen und einigen Blitzlichtern und blauen und weißen Rauchtöpfen flankiert wird. Die obligatorische Ermahnung, bitte auf das Zünden von Pyrotechnik zu verzichten, verpufft.

Kampfgeist auf Rängen und Rasen

Keinesfalls verpufft hingegen der grandiose Support, den beide Fanlager vom Anpfiff an leisten: „Auf geht’s Schalke schieß ein Tor“ und „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ dröhnt durch die Arena, „Eiiiiiisern Union“ schallt aus dem nahezu einheitlich in Rot gewandeten Gästeblock zurück. „Hey, Schalke ist die Macht“ wird mit „Wir sind eisern, jawoll“ gekontert, bis die „Ruhrpottkanaken“ klarmachen, wer hier zuhause ist.

Auch auf dem Feld mischen die Roten munter mit: Nach einem missglückten Abschlag von Alexander Nübel schickt Ingvartsen prompt den ersten Torschuss des Spiels zurück (4.), kurz darauf muss der Schalker Kapitän einen Schuss von Bülter entschärfen. Die Hausherren tun sich mit Offensivaktionen zunächst etwas schwerer, weil Harit als Dreh- und Angelpunkt von den Eisernen gut bewacht wird.

Schöne Bude von Raman

In der 21. Minute starten Kenny und Caligiuri durch, doch Schlotterbeck lässt „Cali“ sehr unsanft auflaufen. Die Strafe folgt auf dem Fuße: Gelb – und der „Sünder“ hat sich bei der Aktion selber so wehgetan, dass er wenige Minuten später gegen Hübner ausgetauscht werden muss. So einfach rennt man einen kampferprobten Haudegen wie Caligiuri nicht um…

Und es kommt noch dicker für Union: Flanke Bastian Oczipka, Ozan Kabak verlängert per Kopf vor die Füße von Benito Raman und der knallt das Leder von der Strafraumgrenze volley unter die Latte (23.). BÄMM!!! Nach Verklingen des „offiziellen“ Torjingles „Blau und Weiß ein Leben lang“ folgt gutgelaunt der inoffizielle: Der FC Schalke wird deutscher Meister und wir hoooolen den Pokal…

In der 29. Minute rettet Nübel in letzter Sekunde artistisch gegen einen Kopfball von Andersson, „Alex Nübel“-Sprechchöre sind der Lohn, dann folgen „Ins Stadion geh‘n, im Pappbecher Bier…“ und „Hier regiert der S 04!“

Ein umstrittener Foulelfmeter

Leider möchte Schiedsrichter Schlager mitregieren und zeigt in der 35. Minute trotz erbitterter Proteste der Schalker Spieler auf den Punkt, nachdem Andrich im Duell gegen Matija Nastasic eine kleine Schwalben-Flugeinlage produziert hat. Ingvartsen verwandelt zum 1:1, die rote Kurve wird lauter denn je, die Schalkefans ärgern sich einmal mehr, dass der Videoschiedsrichter gefühlt NIE zu ihren Gunsten eingreift. Einige deftige Verwünschungen nach Köln später wird mit „Nur der S 04 ist mein Verein, niemals lasse ich Dich allein“ und „Steht auf“ wieder in den Vorwärtsgang geschaltet.

Aus der Gästeecke tönt „Union! Union! Union!“, auf dem Platz steigen Andersson und Hübner hart ein und sehen Gelb. Beliebtestes „Opfer“ ist wie meistens Harit, der auch in der Nachspielzeit nur per Foul ausgebremst werden kann. Beim folgenden Caligiuri-Freistoß bekommt der ansonsten sichere Gikiewicz den Ball nicht richtig unter Kontrolle und produziert eine Ecke, die zu einem ziemlichen Getümmel im Berliner Strafraum und einer weiteren Ecke führt, die nach dem Geschmack der Schalker zu früh abgepfiffen wird. „Schei** DFB“ und „Schieber, Schieber“-Rufe begleiten den Schiedsrichter in die Kabine.

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