Frankfurt – Schalke 3:0: Positive Ansätze trotz Negativrekord!

Frankfurt – Schalke 3:0: Positive Ansätze trotz Negativrekord!

22. Januar 2023 1 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 bekommt trotz einer über weite Strecken guten Leistung bei der Frankfurter Eintracht am Ende wieder eine 3:0-Abfuhr (1:0) und bleibt am Tabellenende kleben. Die 6.000 mitgereisten Schalker Fans honorieren den Auftritt dennoch mit deutlichem Applaus. Susanne Hein-Reipen berichtet…

Trotz sehr durchwachsener Testspielergebnisse brennen die hartgesottenen Schalker nach der WM- und Winterpause wieder auf „richtigen“ Fußball und so ist die A 3 bereits am Morgen voll mit Schalker Gefährten jeder Art. Je weiter sich die Karawane aus dem Ruhrpott nach Süden bewegt, desto weißer wird es am Wegesrand, bis alle auf den verschneiten Parkplätzen des Deutsche Bank Parks formerly known as Commerzbank Arena und Waldstadion landen.  

Für satte 6 Euro parken dort Adler und Knappen friedlich Seite an Seite; an den Verpflegungsständen schlägt der „heiße Äppler“ das kalte Bier ausnahmsweise einmal deutlich. Die Einlasskontrollen sind gründlich, aber die Ordner sind fair und freundlich.

Wenn der Rasenmäher Schlangenlinien fährt…

Hinter dem Gästeblock gehen die „Feuergriller“ weg wie warme Semmeln, es herrscht allgemeine Wiedersehensfreude nach der überlangen Pause. Beim Blick in den Innenraum dann Erheiterung: Die Rasenlinien in der südlichen Hälfte des Spielfelds sehen aus, als wäre der Rasenmäher dort mit drei Promille drüber gedüst.

Als die Schalker Mannschaft zum Warmmachen auf den Platz kommt, gibt’s eine freundliche Begrüßung. Im Vorprogramm marschieren unter anderem die „Junioradler“ in die Arena ein. Für Kopfschütteln sorgt allerdings eine Dame mit gelbem (!) Kopftuch, die aus unerfindlichen Gründen einen Krug Ebbelwoi liefert.

Kozuki in der Startelf

Schalke-Trainer Thomas Reis setzt als Startelf auf Schwolow, Brunner, Yoshida, Matriciani, Uronen, Krauß, Latza, Kozuki, Larsson, Bülter und Terodde. Besonders gespannt sind die Fans auf Soichiro Kozuki, absoluter Lichtblick in den Testspielen.  Zalazar, Ouwejan, van den Berg, Polter und Tauer bevölkern leider noch die Verletztenliste.  

Nach „Erbarme – zu spät, die Hesse komme“ und „Im Herzen von Europa“ gibt’s die Aufstellung der Hausherren. Auf besonderen „Anklang“ im Gästeblock stößt Ex-Dortmunder Mario Götze.

Zum Einmarsch der Mannschaften zeigt die Westkurve mit einem Banner „Die neue DNA der SGE? Heuchelei und Testspiel gegen RB“, dann folgt eine Schweigeminute für den am Jahresende verstorbenen Ausnahmefußballer Pelé.

Wo sind die Ultras Gelsenkirchen?

Die Westkurve legt durchaus stimmgewaltig los, im Gästeblock werden derweil die Ultras vermisst, die sich wieder einmal einer verschärften Polizeikontrolle „erfreuen“. „Und dann wundern sich die B*llen, dass ihnen alle Fußballfans skeptisch gegenüberstehen“ seufzt ein älterer Schalker.

Auf dem Platz startet die Schalker Elf erfreulich mutig und bekommt bereits nach einer Minute nach einem Foul von Knauff an Latza einen Freistoß mittig vor dem Strafraum zugesprochen, den Latza jedoch leider selber in die Mauer setzt.  Für die Eintracht Kolo Muani den ersten Abschluss (5.).

Die Schalker Elf bleibt jedoch im Vorwärtsgang, vor allem Kozuki erfreut mit ein paar mutigen Aktionen. Eine schöne Flanke des jungen Japaners verpasst Kapitän Latza leider knapp, Trapp im Tor der Eintracht kann klären (13.).  Mittlerweile sind auch die UGE endlich da und koordinieren den Support sofort in „Schalke 04“ und „Eine Stadt erstrahlt in Blau“.

Unverdienter Führungstreffer für Frankfurt

Zwei weitere Vorstöße von Bülter und Kozuki führen nicht zum Erfolg, stattdessen steht es plötzlich 1:0 für die Hausherren:  Lindström erwischt Matriciani in der Rückwärtsbewegung auf dem falschen Fuß und setzt das Leder mit einem platzierten Rechtsschuss in den linken Winkel (22.).

Die Führung stellt zu diesem Zeitpunkt den Spielverlauf auf den Kopf, doch die Schalker auf Rasen und Rängen ziehen sich nicht enttäuscht zurück. Einmal kurz schütteln, dann geht es weiter: „Auf geht‘s Schalke schieß‘ ein Tor“, „Kämpfen und Siegen“, „Geh’n mit Dir auf jede Reise“ und „Wir lieben alle nur den FC Schalke, unsren Kumpel- und Malocherclub“ werden lautstark rausgebrüllt.

Die Mannschaft macht ebenfalls offensiv weiter, Terodde verpasst eine Hereingabe von Bülter (27.), dann landet ein Kopfball des Torjägers am Pfosten (28.), die folgende Ecke am Außennetz (29.). Kozuki trifft aus spitzem Winkel ebenfalls Aluminium (32.), dann hat Bülter auf Vorarbeit des jungen Japaners eine gute Einschussmöglichkeit, aber Ndicka kann zur Ecke abfälschen (33.).

Duell auf Augenhöhe

Bis zur Halbzeit bleibt es bei der 1:0-Führung der Frankfurter, obwohl die Zahlen (60 Prozent Ballbesitz und 9:6 Torschüsse) nicht für den aktuell Tabellenzweiten, sondern das Schlusslicht sprechen. Der Gästeblock ist mit dem mutigen Auftritt zufrieden und schickt die Mannschaft mit lautem Applaus in die Kabine. Als Pausengeplänkel gibt es das „Eintrachtquiz“, dessen intellektuelle Herausforderung vermutlich sogar Kevin Großkreutz meistern könnte.

Beide Mannschaften kommen personell unverändert wieder aufs Feld. Die Westkurve hisst ein Banner „Verrückt im Kopf für immer – SERS CIAO GUDE VK 91“, dessen Sinn sich den Gästen aus dem Ruhrpott nicht erschließt.

Kozuki macht da weiter, wo er in der ersten Halbzeit aufgehört hat und zwingt Trapp bereits eine Minute nach dem Wiederanpfiff mit einem Kopfball zu einer Glanzparade (46.). Es entwickelt sich ein durchaus abwechslungsreicher Schlagabtausch, bei dem Schalke durch Chancen von Terodde (52.), Larsson (53,) und erneut Terodde (54.) leicht die Nase vorn hat. Ebenso engagiert beharken sich die beiden Fankurven akustisch: „Um die halbe Welt sind wir gefahr’n“, „Wir kommen aus Gelsenkirchen“ und „Immer wieder S04“ trifft auf ein lautstarkes „Deutscher Meister wird nur die SGE“.

Mutiger Auftritt wird nicht belohnt

Bülter und Gellhaus holen sich beiden ersten gelben Karten der insgesamt fairen Begegnung ab, mit Lenz für Knauff gibt es den ersten Wechsel, kurz darauf gesellt sich der stark agierende Krauß durch einen herzhaften Griff an das Trikot von Götze ebenfalls zu den Gelbsündern. Dina Ebimbe hat sich im Zweikampf mit Uronen wehgetan und muss angeschlagen für Buta weichen, Borré ersetzt Kolo Muani. Der erste Wechsel bei den Königsblauen ist Karaman für Kozuki (74.), dessen bärenstarkes Debüt vom Gästeblock mit einem kräftigen Extraapplaus gefeiert wird.

Musikalisch geht es mit „Schalke meine Sucht“, „Schalke, ich bin für dich geboren“ und dem königsblauen S 04 weiter, auf dem Platz verflacht das Spiel ein wenig. Mit Rode für Kamada und Schalke-Debütant Frex für Larsson bringen beide Trainer frische Spieler. Joker Borré sieht Gelb wegen Trikotziehens gegen Yoshida – und trifft kurz darauf nach Vorarbeit von Götze, Rode und Lindström zum 2:0 für die Eintracht (84.).

Unverdient oder nicht, Fußball ist nun mal ein Ergebnissport und so hat die Westkurve nun natürlich Spaß und feiert hüpfend „deutscher Meister wird nur die SGE“, einige Gehässigkeiten Richtung Gelsenkirchen inklusive. „Das Schalke, Schalke, zweite Liga“ beeindruckt den königsblauen Anhang jedoch nicht, der längst auf das Treuebekenntnis „Wir sind die Faaaans, die auch zu Dir stehn, wenn Du verlierst“ umgeschwenkt hat.

Für Komplimente kann Schalke sich nix kaufen – aber der Auftritt macht Mut!

In der Nachspielzeit gelingt Buta nach Vorarbeit von Borré sogar noch das 3:0 (90+1.). Ein letzter Schuss von Frey wird zur Beute von Trapp (90+4.), dann ist die Partie mit einem für Frankfurt schmeichelhaftem und deutlich (!) zu hoch ausgefallenen Sieg zu Ende.

Doch für die vielen Komplimente kann sich Schalke nichts kaufen, der Abstand zum Relegationsplatz ist nun bereits auf sechs Punkte angewachsen, dazu hat man den Negativrekord mit nunmehr 36 Bundesligaauswärtsspielen ohne Sieg gebrochen, während Frankfurt euphorisch den zweiten Tabellenplatz feiert. Die Mannschaft schleicht geknickt vor die Kurve und darf sich aufmunternden Applaus und „Wir sind da, jedes Spiel, ist doch klar“ abholen, denn die Auswärtsfahrer wissen: Wenn überhaupt, geht es nur gemeinsam – und sie haben heute alles reingeworfen, ein Umstand, den viele Sofatrainer in den sozialen Netzwerken angesichts des enttäuschenden Ergebnisses leicht übersehen.

In diesem Sinne: Leistung beibehalten und hoffen, dass der Knoten am Dienstag gegen RB Leipzig platzt!