Fortuna – Schalke 2:1: Königsblaues Versagen bringt die Fans auf die Palme

Fortuna – Schalke 2:1: Königsblaues Versagen bringt die Fans auf die Palme

13. Februar 2022 1 Von Susanne Hein-Reipen

Schalke 04 verliert nach einer über weite Strecken indiskutablen Leistung verdient mit 1:2 (1:0) bei Fortuna Düsseldorf. Die Schalker, die eines der heißbegehrten Tickets ergattern konnten, sind nach dem Auftritt ihrer Mannschaft restlos bedient. Susanne Hein-Reipen berichtet…

Düsseldorf gegen Schalke – Traditionsduell im Westen und normalerweise Garant für eine volle Hütte, aber mehr als 10.000 2G+-Zuschauer sind nun einmal derzeit nicht erlaubt. Die verzweifelte Suche nach einem Auswärtstickets ruft auf den einschlägigen Plattformen auch etliche Betrüger auf den Plan, die eiskalt die Liebe der Schalker zu ihrem Verein ausnutzen. Hoffentlich hat das Karma hier bereits Tickets für die Hölle reserviert!

Es ist angerichtet

Doch zum Glück wird Solidarität unter Schalkern noch großgeschrieben und so bleibt kein Ticket ungenutzt, auch wenn es in der VIP-Loge der Fortuna ist. Bei strahlendem Fußballwetter sammeln sich sogar hinter der „heiligen“ Südkurve verdächtig viele „neutral“ gekleidete Besucher, die bei genauerer Betrachtung einen blauen Kragen oder ein Stückchen blau-weißen Schal aufweisen.

Die Bedenken zerstreuen sich jedoch schnell, denn sowohl die Servicemitarbeiter als auch die Fortuna-Fans sind ausgesprochen freundlich, das Essen lecker – Herz, was willst Du mehr? Drei Punkte… Die „Roten“ weisen jedoch nicht ganz zu Unrecht darauf hin, dass sie gegen den Abstieg ebenfalls einen Dreier brauchen.

Mit Terodde, Pieringer UND Bülter

Bei Bekanntgabe der Schalker Aufstellung klärt sich auch die umstrittene Frage, ob Bülter statt Pieringer in die Startelf soll: Beide sind nominiert, dazu Torjäger Terodde.  Bülter findet sich allerdings ein wenig überraschend als rechter Verteidiger wieder, da Aydin und Vindheim verletzt und Ranft nicht in Bestform sind. Fraisl, Thiaw, Itakura, Kaminski, Bülter, Palsson, Ouwejan, Zalazar, Idrizi, Pieringer und Terodde sollen den Sieg einfahren.

Bei der gastgebenden Fortuna setzt Neu-Trainer Daniel Thioune auf Kastenmaier, Zimmermann, Hoffman, de Wijs, Gavory, Sobottka, Narey, Piotrowski, Appelkamp, Ginczek und Hennings. Zum Einlaufen der Teams ergibt sich dank der bunten Sitzschalen und reichlich rot-weißen Schwenkfähnchen trotz der „nur“ 10.000 Zuschauer ein fast normales Bild.

Schalke hat noch viiiiel Luft nach oben

Nicht normal präsentiert sich aber leider die Schalker Elf, während man bei Fortuna merkt, dass die Mannschaft darauf brennt, die Negativserie zu beenden. „Steht auf, wenn ihr Fortunen seid“ klingt in königsblauen Ohren trotzdem sehr schräg, das herüberwehende „Wir sind Schaaaalker…“ ist da deutlich vertrauter.

Die ersten Minuten sind klassisches Auftaktgeplänkel, doch bald erspielen sich die Hausherren die ersten Ecken und haben durch Ginczek und de Wijs zwei erste gute Möglichkeiten (9.). Der erste Schalker Angriff datiert aus der 12. Spielminute, doch Terodde verfehlt den Kasten; kurz darauf versucht Schalke es über Bülter und Zalazar erneut, doch der Abschluss von Ouwejan bleibt in der Düsseldorfer Abwehr hängen (14.).

Wen kennt man in Europa…?

Die zaghaften Schalker Offensivversuche animierten den Gästeblock sofort zu „Schalke, Schalke, Schalke“-Rufen, wohingegen sich die Fortunen in „In Europa kennt euch keine Sau“ gefallen – etwas gewagt für einen Verein, der vor 41 Jahren zuletzt im europäischen Geschäft unterwegs war, während Schalke noch 2019 in der K.O.-Runde der Championsleague stand…

Der vergangene internationale Ruhm nutzt hier und heute jedoch herzlich wenig, Fortuna ist das aktivere Team und Fraisl und die Schalker Abwehr können von Glück sagen, dass die Chancenverwertung durch Narey (25.), Zimmermann (34.) und erneut Narey (37.) nicht effektiv ist. Kastenmaier hat derweil einen sehr ruhigen Nachmittag; auch einige Polizisten verfolgen das Spiel tiefenentspannt im Oberrang – wohl eine der wenigen Berufsgruppen, die nicht scharf auf vollere Stadien ist…

Idrizi trifft

Für ein wenig Lärmkulisse sorgen in dieser Phase des Spiels nur die Flugzeuge, die sich vom benachbarten Düsseldorfer Airport bisweilen sehr nah über dem Arenadach in die Luft schwingen – aber dann steht es plötzlich 0:1: Ein langer Pass von Thiaw kommt über Pieringer zu Zalazar, der bis zur Grundlinie marschiert und eine Bilderbuchflanke in den Strafraum schickt. Terodde segelt am ersten Pfosten haarscharf vorbei, aber Idrizi erwischt am zweiten Pfosten den richtigen Sekundenbruchteil und knallt das Leder mit links zur 1:0 Führung ins Netz (42.).

Die Führung ist zu diesem Zeitpunkt überraschend und unverdient, das müssen selbst eingefleischte Schalke-Fans zugeben, doch sie alle eint die Hoffnung auf einen besseren zweiten Durchgang.

Fortuna schlägt zurück

Beide Mannschaften kommen nach der Pause personell unverändert wieder auf das Spielfeld, aber aus dem Plan „mit der Führung im Rücken Fortuna anrennen lassen und auskontern“ wird nichts: Nach nicht einmal zwei Minuten landet ein Abschlag von Fraisl bei Ginczek, dieser bedient Narey, der wiederum Kaminski vernascht und frei vor Fraisl zum 1:1 vollendet (47.).

Die Fortunen wittern jetzt Morgenluft, lautstark unterstützt von ihren Fans mit „Fortuna mein Verein“. Bei Schalke hingegen passiert offensiv immer noch zu wenig; einzig Zalazar bringt ein wenig Gefahr nach vorne.

Und so kommt es, wie es kommen muss: Zimmermann mit einem klugen Pass zu Narey, dieser sieht Hennings – nicht zum ersten Mal als Schrecken der Schalker Abwehr unterwegs -, der keine Mühe hat, mit dem rechten Fuß das 2:1 zu erzielen (56.). Nur kurz darauf versucht Hennings es erneut, verfehlt jedoch das Tor ebenso wie der agile Narey.

Debüt für Lee

Angesichts der Düsseldorfer Überlegenheit reagiert auch Chefcoach Dimitrios Grammozis und ersetzt Pieringer und Idrizi durch Churlinov und Lee, der damit sein Debüt im königsblauen Dress feiert (60). Der junge Südkoreaner erweist sich in der Folge als technisch stark, aber wenig standfest und küsst nach fast jedem Zweikampf auf dem Rasen.

Die besseren Vorstöße machen jedoch immer noch die Hausherren: Hennings (64.) und Narey (69.) verziehen jedoch ihre Abschlüsse. Im Gegenzug dann endlich wieder einmal ein vernünftiger Schalker Angriff, doch Churlinov scheitert an Kastenmaier, Ouwejans Nachschuss wird zur Ecke abgefälscht (69.).

Thioune ersetzt Sobottka und Ginczek durch Tanaka und Bozenik; de Wijs sieht für ein Foul an Plasson die erste gelbe Karte des Spiels (78.). Das Spiel geht jetzt ohne zwingende Chancen hin und her.

Grammozis versucht es noch einmal mit frischem Personal und tauscht Thiaw und Zalazar gegen Sané und Rzatkowski – Kopfkratzen im Block, der eher den heute überforderten Kaminiski und den auf der ungewohnten Position verschenkten Bülter zum Duschen geschickt hätte. Bei Fortuna ersetzen Klarer, Klaus und Hartherz Hennings, Appelkamp und Gavory.

Letzter Aufreger des Spiels: Zimmermann landet beim Versuch, Ouwejan zu überspringen, schmerzhaft auf dem Boden (89.), das Spiel läuft zunächst weiter. Hoffmann regt das so auf, dass er lautstark Schiedsrichter Osmers anmeckert und prompt Gelb sieht; die Schalker Fans wiederum wittern Zeitschinderei, zumal Zimmermann kurz darauf wieder putzmunter ist.

An Tagen wie diesen…

Diese Aktion und die vierminütige Nachspielzeit ändern jedoch nichts mehr am Ergebnis, es bleibt beim 2:1 – für Fortuna der erste Sieg nach fünf sieglosen Spielen und ein gelungenes Debüt für Thioune, für Schalkes Aufstiegsambitionen eine ebenso bittere wie unnötige Pille. Dementsprechend angefasst wirkt Grammozis in der Pressekonferenz: „Ein kollektiver Ausfall“, „für mich schwer zu tolerieren“ und „das war nicht Schalke-like“ zeigen seine Unzufriedenheit.

Auch die Schalker Kurve ist sauer und fast leer, als die Spieler mit hängenden Köpfen herüberschleichen. Die Fortunen feiern derweil zu „An Tagen wie diesen“ drei wichtige Punkte im Abstiegskampf.

Drei Punkte, die Schalke, das nunmehr mit 37 Punkten und damit vier Punkten hinter den führenden Paulianern und Bremern auf Rang 5 steckenbleibt, womöglich noch bitter fehlen werden. Schafft Grammozis bis zum nächsten Heimspiel gegen Paderborn, die Ursache für den plötzlichen Leistungseinbruch herauszufinden und das Ruder wieder herumzureißen…? Dachten die Spieler, beim Tabellensechzehnten reicht auch halber Einsatz…?