Datt is‘ Schalke: Große Kulisse, klare Ansage und Gänsehaut unter dem Flutlichtmast

Datt is‘ Schalke: Große Kulisse, klare Ansage und Gänsehaut unter dem Flutlichtmast

29. Januar 2023 0 Von Susanne Hein-Reipen

Tabellenletzter? Das schert die knapp 3.000 Schalker, die sich trotz frostiger Temperaturen zum Abschlusstraining im Parkstadion einfinden, herzlich wenig. Zur Belohnung gibt’s eine knackige Trainingseinheit, Tacheles der Ultras Gelsenkirchen für die Rückrunde und ganz große Gefühle, als der letzte verbliebene Flutlichtmast des Parkstadions wieder weithin erstrahlt. Susanne Hein-Reipen über einen mehr als gelungenen Nachmittag auf dem Berger Feld…

Wenn man einem Ahnungslosen Schalke erklären möchte: Schalke ist, wenn nach einem unterirdischen Auftritt bei Temperaturen knapp über Null schon eine halbe Stunde vor Trainingsbeginn Ströme von Schalkern Richtung Parkstadion pilgern. Die meisten tragen den Parkstadion-Schal, dessen Verkauf einen großen Teil der zur Restaurierung des Flutlichtmastes nötigen Summe beigetragen hat, um den Hals.

Intensive Trainingseinheit

Auf dem Platz an der Geschäftsstelle läuft noch das Trainingsspiel der Amas, im Parkstadion finden heiße Pommer und Würstchen reißenden Absatz. Die Profis kommen überpünktlich auf den Rasen – und holen sich, auch das ist Schalke, erst einmal einen aufmunternden Applaus ab. Dann geht es sofort konzentriert zur Sache, die Torhüter vor der ehemaligen Nordkurve, die Mannschaft mit Aufwärmübungen auf der anderen Seite.

Einige Minuten nach Beginn treffen auch die Ultras Gelsenkirchen ein, die die Spendensammlung für die Restaurierung initiiert und gestemmt und deshalb heute gemeinsam mit Schalke zur Einweihung geladen haben. Die Spieler üben nunmehr in drei Gruppen direkt vor den Fans Kurzpassspiel und Ballsicherheit. Es geht engagiert zur Sache, insbesondere Rückkehrer Rodrigo Zalazar und Shooting Star Soichiro Kozuki sind sichtlich heiß. Reis und die Cotrainer beobachten alles mit Argusaugen, loben hier, spornen da an. Der Austausch zwischen Reis und Büskens ist intensiv und freundlich, keine Spur von getrübter Stimmung aufgrund der „Verbannung“ von der Bank.

Im Pott spricht man Klartext: BEI JEDEM SPIEL ALLES REINHAUEN!

Nach ungefähr 40 Minuten geht es zum Trainingsspiel auf die nördliche Hälfte des Rasens, ebenfalls unter den kritischen Augen des Trainerteams. Auch Gerald Asamoah, Peter Knäbel sowie zahlreiche Mitglieder der Schalker Gremien von Aufsichtsrat über Ehrenrat bis Wahlausschuss sind am Start.

Nach einer Stunde beendet Thomas Reis das Training mit einer kurzen Ansprache – und dann gibt es richtig etwas auf die Ohren: UGE-Capo Dennis nordet die Mannschaft unter dem Applaus aller Fans richtig für die Rückrunde ein:

„Leute, so lange Ihr hier in diesem Verein seid, so lange Ihr unser Wappen auf der Brust tragt, erwarten wir eine einzige Sache: Bei jedem Spiel von der ersten bis zur letzten Minute alles reinzuhauen. Ihr wollt das Spiel gewinnen! Ob Ihr schlechter seid, scheißegal! Ob Ihr verliert, scheißegal! Aber Eins ist sicher: Ihr tretet jedem Gegner zumindest seinen scheiß Rasen kaputt!“

Die Mannschaft hört sich die fulminante Rede aufmerksam an und spendet ebenfalls Zwischenapplaus. Hoffentlich setzen sie es jetzt auch um… Mit „Geh’n mit Dir auf jede Reise“, „Eine Stadt erstrahlt in Blau“ und natürlich „Auf geht’s Schalke, kämpfen und siegen“ wird die Mannschaft in die Kabinen verabschiedet.

Und wenn ich von einer Reise zurückkehrteund die Flutlichtmasten des Parkstadions erblickte…

Als die Mannschaft sich zum Umziehen verabschiedet, plaudern Sportvorstand Peter Knäbel und die UGE-Vorsänger über das Projekt, das sich im Laufe der Zeit aufgrund der stark gestiegenen Materialkosten drastisch verteuerte. Aber: Aufgeben war nie eine Option für uns, so Dennis. Er dankt im Namen der UGE jedem einzelnen Schalker, der das Projekt unterstützt hat. Der Mast ist eine eingetragene Landmarke – und hat Generationen von Schalkern den Weg gewiesen, wie der geflügelte Spruch „Und wenn ich von einer Reise zurückkehrteund die Flutlichtmasten des Parkstadions erblickte, wusste ich, ich bin zu Hause und alles ist in Ordnung“ beweist. „Uns war es wichtig, dass der Mast erhalten bleibt, deshalb haben wir das Projekt in Angriff genommen. Die Aktion ist in dem Ausmaß sicherlich einzigartig“.

Knäbel spart nicht mit Lob: „Dieses Projekt ist ein toller Beweis für den unfassbaren Zusammenhalt innerhalb unserer Vereinsfamilie. Wir durften heute Zeugen werden für einen vereinshistorischen Moment, der uns allen einen tollen Schub an Motivation geben wird.“

Danach gibt es noch weitere Interviews mit den „Parkstadion-Zeitzeugen“ Martin Max, Mike Büskens und Sebastian Buntkirchen und etwas Mukke vom Band. „Schalke 04, Liebe im Revier“ und „Zeig mir den Platz in der Kurve“ sind angesagt, doch alles fiebert dem großen Moment entgegen, auch die Mannschaft ist dick eingemummelt – nach Sonnenuntergang ist es im wahrsten Sinne des Wortes arg schattig – zurückgekehrt.

Das gibt ein‘ Schein

Und dann ist der ersehnte Moment da: Hinter dem Mast steigt eine einzelne rote Leuchtkugel in den Himmel. Sie bildet den Startschuss für eine ganze Reihe weißer Rauchfackeln am oberen Rand der Tribünen, bereits für sich ein beeindruckendes Bild. Doch durch den Rauch strahlt plötzlich der Flutlichtmast in altem Glanz. Ein Raunen geht durch die Menge, nicht wenige gestandene Mannsbilder haben plötzlich etwas ins Auge gekriegt, dann stimmt die Menge euphorische „Schalke, Schalke“-Rufe an.

Dennis fordert via Megaphon alle Schalker auf, die Parkstadionschals nach oben zu nehmen, dann wird gemeinsam „Königsblauer S 04“ angestimmt. Königsblauer S04… König bist Du im Revier! Wer jetzt keine Gänsehaut hat, ist aus Stein!

Mit „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ unter dem strahlenden Masten geht ein emotionaler königsblauer Nachmittag zu Ende. Alle sind sich einig: Datt war wieder unser Schalke. Und bei der Auffahrt auf die A 2 meldet sich das Hühnerfell noch einmal mit aller Macht.