Augsburg – Schalke 1:1: Wichtiger Punkt rettet die Schalker Serie und versöhnt mit schwachem Spiel

Augsburg – Schalke 1:1: Wichtiger Punkt rettet die Schalker Serie und versöhnt mit schwachem Spiel

19. März 2023 2 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 kommt durch einen späten Foulelfmeter von Marius Bülter zu einem 1:1 (0:0) beim FC Augsburg und bleibt in der Rückrunde ungeschlagen. Zuvor haben die fast 9.000 Schalkefans bei perfektem Wetter lange zittern und einen offensiv reichlich unattraktiven Kick ansehen müssen. Susanne Hein-Reipen berichtet…

Das Schalker Spiel in der Fuggerstadt ist trotz der stattlichen Entfernung regelmäßig ein sehr begehrtes Ziel, locken doch mit dem Programm des Fanprojekts „Augsburg Calling“ und zahlreichen urigen Gaststätten echte Auswärtsfahrerhighlights. Bereits am Freitagnachmittag chillen bei Kaiserwetter und blau-weißem Himmel zahlreiche Schalker rund um den Rathausplatz, auch am Samstag wird sich dort bei einem kühlen Gerstensaft gemeinsam auf das Spiel eingestimmt.

Bezahlkarten, Brüllaffen und Marionetten

An der WWK-Arena angekommen, werden die Tore zum Parkplatz, der hinter den Gästeeingang führt, keine Sekunde vor 13.30 Uhr geöffnet und die blaue Meute setzt sich in Bewegung. Fanmobil, Anwesenheitskontrolle, alles da. Die Einlasskontrollen sind bekannt kleinteilig, aber freundlich.

Vor das Stadioncatering haben die Götter bzw. Verantwortlichen immer noch den Erwerb einer FCA-Card gesetzt, die moderne Zeit mit allgemein verfügbaren elektronischen Bezahlsystemen ist in Augsburg noch nicht angekommen. Besser sieht es in puncto Mülltrennung und Nachhaltigkeit aus. Ralf Fährmann und die Mannschaft werden mit lautstarkem Applaus begrüßt; dann wundert sich der Gästeanhang, dass ausgerechnet vor dem eigentlichen „Gästekäfig“ kein Netz hängt, vor den angrenzenden Sitzblöcken hingegen schon. Derweil schreit sich der Stadion“sprecher“ schon mal warm.

Ein kurzer Einspieler mit Marionetten der berühmten Augsburger Puppenkiste prophezeit ein 2:0 für den FC Augsburg, dann folgt die Schalker Aufstellung: Chefcoach Thomas Reis setzt auf Fährmann, Brunner, Yoshida, Jenz, Matriciani, Balanta, Kral, Krauß, Karaman, Bülter und Frey. Zalazar und Aydin müssen zunächst auf der Bank Platz nehmen.

Choreo-Recycling

Während Schalker und Augsburger Kids gemeinsam eine Ehrenrunde laufen, gibt’s „Glanz und Gloriaaaaa, unser FCAAAA“ vom Band. Ein junger Schalker Rollifahrer bekommt einen Extraapplaus des Blocks. Die heimische Ulrich-Biesinger-Tribüne zeigt derweil eine kleine rot-weiß-grüne Choreo „Nordschwaben seit 15 Jahren“ – ach nee, halt, die 5 wird durch eine 7 ersetzt. Sparsamkeit auf Schwäbisch…

Zum Einlaufen der Mannschaften schicken der Gästeblock und die angrenzenden Blöcke ein dröhnend lautes „Hurra, hurra, die Schalker die sind da“ in den sonnigen Nachmittag, gefolgt von „Um die halbe Welt sind wir gefahr’n“. Auf dem Rasen gehen die ersten Aktionen an die Hausherren, doch die Vorstöße von Vargas und Iago sind noch zu harmlos. Bereits nach 5 Minuten sieht Balanta wegen Ellbogeneinsatzes die erste gelbe Karte des Spiels.

In der Folgezeit kämpfen sich die Schalker Kicker, lautstark unterstützt von ihrem kopfstarken Anhang mit „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ und „Wir lieben alle nur den FC Schalke“ etwas besser in die Partie, doch etwas Verwertbares ist noch nicht in Sicht, stattdessen wird mit Kral der zweite Akteur verwarnt (11.).

Torlose erste Halbzeit

Matriciani, erstmals für die U 21-Nationalmannschaft nominiert, holt die erste Ecke für Schalke heraus, diese wird von Balanta getreten und von Krauß im Getümmel knapp über das Tor geköpft (16.). Auf der Gegenseite klärt Fährmann gegen einen platzierten Kopfball von Vargas aus spitzem Winkel (18.). Auch sein Gegenüber Gikiewicz, den Schalkern aus dem Hinspiel in unguter Erinnerung, zeigt sich bei einem Flachschuss von Bülter auf dem Posten (19.). Dann ist wieder Fährmann an der Reihe und pariert einen nicht ungefährlichen Distanzschuss von Rexhbecaj (23.). Bei der folgenden Ecke legt sich Engels den Ball zu weit vor, doch die Pfeife von Schiedsrichter Schlager bleibt stumm.

Vor dem Schalker Block machen sich bereits die Ersatzspieler warm; musikalisch sind gerade „Immer wenn du spielst, steh ich in der Kurve“ und „Geh‘n mit dir auf jede Reise“ angesagt. In der Augsburger Fankurve erklärt sich ein dreizeiliges Banner mit der Aufschrift „STA, Bullen, Richter: Gemeinschaftlich blind, taub & stur! Von verhältnismäßigen Durchsuchungsbefehlen fehlt weiter jede Spur!“ mit der Kritik an der Razzia vor dem Derby solidarisch.

In der 35. Minute kommt Zalazar für den akut gelb-rot-gefährdeten Balanta aufs Feld. Schiedsrichter Schlager beäugt die Schalker insgesamt sehr aufmerksam; ein Bodycheck von Demirovic gegen Brunner und ein Tritt von Rexhbecaj gegen Kral hingegen bleiben ungeahndet. Dies bringt den ansonsten prächtig aufgelegten Gästeblock in Rage. Einige Nickligkeiten und einen Pausenpfiff später ist denn auch die als einseitig empfundene Spielleitung das Pausenthema.

Kalte Dusche nach Wiederanpfiff

Die Schalker kommen personell unverändert wieder aus der Kabine, beim FCA ersetzt Veiga Bauer, der sich kurz vor der Pause wehgetan hatte. Der Gästeblock grüßt die Freunde aus Nürnberg mit einem herzhaften „Schaaaalke und der FCN“ und startet eine Dauerschleife von „Immer wieder S 04“.

Zwei Ecken für die Hausherren bekommt Schalke geklärt, doch dann klingelt es hinter Fährmann: Vorausgegangen war ein verunglückter Abschlag des S04-Keepers, den sich Maier vor Matriciani schnappen und nach Doppelpass mit Demirovic zum 1:0 versenken kann (51.). Kurz darauf darf Demirovic mit glatt Rot vorzeitig duschen gehen, nachdem er Krauß mit dem Fuß in‘s Gesicht getreten hat (53.). Die königsblaue Nummer 6 blutet und muss behandelt werden, kann aber zur Freude des Anhangs weiterspielen. Immer wieder, immer wieder, immer wiiiiieder S04…

Zahlt sich die Überzahl aus?

Kann Schalke die zahlenmäßige Überlegenheit für den Ausgleich nutzen? Nötig wäre es, denn mit Bochum und Hoffenheim führen zwei direkte Abstiegskonkurrenten … Bei den Schalker Offensivbemühungen erweist sich Gikiewicz jedoch als hellwach. Vargas und Jenz sehen beide ebenfalls Gelb, dann wechselt auch Thomas Reis zum ersten Mal und schickt Mohr für Matriciani auf den Rasen (63.).

Wenig später rasseln Brunner und Rexhbecaj im Zweikampf heftig mit den Köpfen zusammen, beide müssen behandelt werden. Für den Augsburger geht es mit Turban weiter, der ohnehin durch seine Maske leicht gehandicapte Brunner muss durch Aydin ersetzt werden (67.). Auch Karaman hat fertig, für ihn kommt Terodde. Die Gästekurve fordert „Steht auf“ und „Vorwärts FC Schalke, schieß ein Tor für uns“.

Schalke ist jetzt am Drücker, Terodde versiebt die große Chance auf den Ausgleich und setzt eine klasse Vorlage von Zalazar aus kurzer Distanz neben den Kasten (71.). FCA-Coach Maaßen nimmt mit einem Dreifach-Wechsel (Baumgartlinger, Cardona und Beljo für Rexhbecaj, Vargas und Berisha) weitere wertvolle Sekunden von der Uhr. Das Gleiche versucht auch Gikiewicz, für ihn gibt es Gelb wegen Zeitspiels (78.). Die Schalker Angriffe sind zu harmlos, die Fans raufen sich die Haare.

Bülter behält die Nerven und erlöst die Schalker

Pedersen ersetzt Maier, Veiga schießt drüber, eine Ecke von Zalazar landet bei Jenz, der köpft knapp drüber – dann eskaliert es: Gouweleeuw tritt Terodde im Strafraum in die Beine – Elfmeter! Die vollkommen richtige Entscheidung von Schiedsrichter Schlager löst heftige Proteste der Augsburger und eine kleine Rudelbildung aus, in deren Folge nicht nur „Übeltäter“ Gouweleeuw, sondern auch Cardona, FCA-Geschäftsführer Reuter und Frey Gelb sehen.

Ausführen wird Marius Bülter – und er behält die Nerven, verlädt Gikiewicz mit einer kurzen Verzögerung und trifft zum umjubelten 1:1 (90+3.) und stürmt vor den Block. Das Bier fliegt tief, die Erleichterung ist fast mit den Händen zu greifen. Insgesamt werden satte 10 Minuten nachgespielt, dann ist die hitzige Partie mit dem letztlich leistungsgerechten 1:1 zu Ende.

Schalke bleibt damit in der Rückrunde ungeschlagen (6 Unentschieden und 2 Siege) und hat sich durch Bülters vierten Treffer in Serie den 21. Punkt erkämpft und steht weiter auf Platz 17, punktgleich mit Hertha auf dem Relegationsplatz und einen Punkt hinter Hoffenheim auf dem rettenden Platz 15. Beide Mannschaften stehen nach der Länderspielpause noch auf dem Spielplan, der Klassenerhalt ist also nach wie vor möglich, bedarf aber insbesondere offensiv dringend einer Leistungssteigerung.

Beim Gang in die Kurve wird die Mannschaft trotz des heute über weite Strecken zähen Spiels freudig empfangen und gefeiert – wir sind da, jedes Spiel, ist doch klar…