Absolut lesenswert: Das Fußball-Mindset von Christian Pander

Absolut lesenswert: Das Fußball-Mindset von Christian Pander

15. Dezember 2022 0 Von Susanne Hein-Reipen

Biographien ehemaliger Fußballprofis gibt es viele, Ratgeber für mentale Stärke und Erfolg auch, doch selten wurden die beiden Genres so lesenswert miteinander verquickt wie in „Das Fußball-Mindset“ von Christian Pander. Als ehemaliger Linksverteidiger auf Schalke und in der deutschen Nationalmannschaft und heutiger Mentaltrainer weiß „CP“, wovon er schreibt…

Nicht wenige Schalker seufzen der ehemaligen Nummer 24 und ihren unnachahmlichen Freistößen immer noch sehnsüchtig hinterher, doch Christian Pander beschränkt sich nicht auf interessante Einblicke hinter die Kulissen des Profifußballs, das „Mindset“ des Linksfußes soll auch das Rüstzeug für andere kritische Situationen und Herausforderungen vermitteln.

Bereits das Inhaltsverzeichnis weckt die Neugier, denn neben einigen „erwartbaren“ Themen wie „der Weg zum Erfolg“ gibt es auch offene Auseinandersetzungen mit den unbequemen Wahrheiten und Hürden. Zu letzteren zählt übrigens nicht nur der Umgang mit Verletzungen, von denen Christian Pander mehr zu bewältigen hatte als viele andere, sondern auch „der Umgang mit Felix Magath“…

Mentale Stärke ist mindestens so wichtig wie Talent

Die Vorworte stammen von Norbert Elgert, der bereits Generationen von A-Jugend-Talenten gepredigt hat, dass der Kopf, die mentale Stärke mindestens genauso wichtig sind wie fußballerisches Talent, und Benedikt Höwedes. Der Ex-Kapitän lobt Panders Verlässlichkeit und Teamfähigkeit, die er bereits in jungen Jahren seiner Empathie und Kommunikationsfähigkeit zu verdanken hatte.

In den folgenden Kapiteln verbindet das Buch, beginnend mit Panders schlimmer Verletzung im Spiel gegen den VfB Stuttgart am 9. April 2005, Anekdoten aus Panders Karriere mit handfesten Tipps wie jeder das Mindset nutzen kann – nicht als psychologisches Geschwafel, sondern nachvollziehbar erklärt und mit kurzen knackigen „Mindset-Espressos“ verdeutlicht. Zusätzlich interessant sind QR-Codes zu den angesprochenen Situationen und Spielszenen, aber auch zu weitergehenden Tipps auf seiner Homepage wie einem Persönlichkeitstest und der hilfreichen Ankertechnik sowie eine Reihe von Farbfotos von Panders Kindheit bis zum Karriereende. Sein Knie ziert ein Tattoo „Rien ne va plus“, nichts geht mehr…

 Das titelgebende Fußball-Mindset lässt die Elgert-Schule deutlich erkennen: „Talent ist eine Ausrede“, denn ohne das richtige Mindset, die nötige mentale Stärke landest Du trotzdem hinten, nicht nur im Profifußball, auch bei anderen Herausforderungen und kritischen Momenten. Mentale Fitness mache selbst bei Fußballprofis mindestens die Hälfte der Leistungsfähigkeit aus. Mit mentalem Training könne man die Grenzen der autonom geschützten Reserven für absolute Höchstleistungen, die der Körper normalerweise nur in absoluten Ausnahmesituationen abrufen kann, verschieben. Ein „Loser-Mindset“ sei zwar bequemer, lasse einen aber nirgends glänzen. Pander hatte zwar „mehr Operationen als Bundesliga-Tore und mehr Rückschläge als Siege“, hat aber immer alles gegeben und sich jedes Mal zurückgekämpft!

„Ich bereue nichts“

Zunächst soll sich der Leser in einer Bestandsaufnahme klarmachen „Wer bist Du und worin besteht Deine Herausforderung?“. Dazu gibt es zwar interessante Tipps, wie man beispielsweise durch Visualisierung und Fokussierung besser mit Herausforderungen fertig wird, aber Pander verkneift sich anders als viele Ratgeber den erhobenen Zeigefinger und sagt ehrlich, dass nicht jede Methode für jeden geeignet ist. Er beispielsweise „hasse Überraschungen“ und sei gerne gut vorbereitet, anderen liege Spontaneität mehr.

Im Kapitel „Mein unerwartetes Wembley-Tor mit der Nationalmannschaft“ verdeutlicht Pander, dass selbst dieses bis heute unvergessliche Spiel eher suboptimal begann, er sich aber von seinem Patzer zu Beginn nicht entmutigen ließ und so einen der prägendsten Momente seiner Karriere erleben durfte. Auch das Ende der Profikarriere sei brutal gewesen, aber: „Ich bereue nichts.“

Vom Stürmer zum Linksverteidiger – und rausgeworfen von Rudi Assauer

Der Weg zum Erfolg gestaltete sich dabei durchaus nicht störungsfrei, beim allerersten Training habe er „nur geheult“, dennoch führte ihn der Weg vom SC Nienberge über den 1. FC Gievenbeck und Greven 09 zu Preußen Münster, wo ihn mit Peter Hyballa ein „herausragender Trainer“ weitergebracht habe. Dann rief Schalke – und Pander wurde vom linken Stürmer zum linken Verteidiger umgepolt und begann zusätzlich eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Nach dem bildschönen Treffer im U19-Pokalfinale winkte die erste Verhandlung mit Rudi Assauer, der ihn direkt erst einmal wieder rauswarf, weil er als 18jähriger bereits einen Berater mitbrachte: Komm mit Mutter oder Vater wieder!

Die gestandenen Schalker Profis Tomasz Waldoch, Jörg Böhme und Marc Wilmots verhalfen Pander dann aufs Mannschaftsfoto, das erste Bundesligaspiel fand nach dem legendären Stromausfall in Bremen statt. Von Jupp Heynckes wurde er wegen einer Nichtigkeit direkt zu Beginn wieder sechs Wochen zu den Amateuren suspendiert – „Jupp Heynckes gilt bei Bayern München als Trainerlegende, doch bei uns zeigte er nichts von diesen Qualitäten“.

Die Schalker Fans sind in allerbester Erinnerung

Ich genoss die Zeit bei Hannover 96, aber mein Verein bleibt immer Schalke 04

Auch im folgenden Kapitel „Unbequeme Wahrheiten“ gibt es interessante Einblicke in das Leben eines Fußballprofis, der das Kicken als Beruf statt als relaxtes Hobby betreibt: Man müsse „vor-altern“ und wichtigste Lebensentscheidungen treffen, während andere sich noch entspannt  ausprobieren können. Und „alle lieben Dich, aber niemand interessiert sich für dich; alle wollen, dass Du das nächste Tor schießt, aber kaum einer will wissen, wie‘s Dir wirklich geht“. Hinzu kommen Rivalitäten und Geheimniskrämerei; der Kontakt zum nichtsportlichen Bereich sei minimal – Clemens Tönnies hat er beispielsweise in zehn Jahren auf Schalke genau dreimal zu Gesicht bekommen. Im Übrigen kassieren verletzte Profis nach sechs Wochen nicht mehr die üppigen Gehälter des Vereins, sondern Krankengeld von der Versicherung. Das Thema „Geld im Fußball“ sieht Pander pragmatisch, wo sehr viel Geld umgesetzt werde, dürfe marktwirtschaftlich auch viel verdient werden, deshalb sei es auch nicht zu beanstanden, dass im Frauenfußball deutlich weniger gezahlt werde.

Die Fans auf Schalke hat Pander in allerbester Erinnerung, die Medien, besonders die Bild-Zeitung, hingegen seien nur mit großer Vorsicht zu genießen. Das tiefe Loch nach dem Ende der Karriere habe ihn plötzlich mit dem Beginn seines Sportmanagement-Studium getroffen, weil ihm da klar wurde, dass die aktive Karriere unwiderruflich vorbei ist.  

Zu den Schattenseiten des Jobs zähle für ihn die ständige Öffentlichkeit. Er wurde sogar mal von einem Stalker verfolgt und musste nach einer Derbyniederlage in Braunschweig stundenlang mit pöbelnden H96-Fans diskutieren. Schwerer noch wiege die „verpasste Zeit“, wenn man bei wichtigen Lebensmomenten seiner Lieben wie beispielsweise der Hochzeit der Schwester partout trainieren muss.

Felix Magath: Die Menschlichkeit blieb auf der Strecke

Ganz offen geht Pander auch mit den Versuchungen für junge Profis um, bei ihm war es ein Bentley – seine Frage „was würdest du mit 18 mit dem ganzen Geld machen?“ ist durchaus berechtigt. Er gibt zu, dass seine Ernährung nur dann gesund war, wenn er vom Verein oder Mama bekocht wurde – und Rauchen war damals auch nicht ungewöhnlich…

Die größten Hürden waren in Panders Fall viele Verletzungen und Operationen – „nach der Reha ist vor der Reha“. Eine weitere Hürde aber war „mit Felix Magath umgehen“. Pander sagt klipp und klar „ich konnte ihm kaum bis gar nichts abgewinnen, meiner Meinung nach heiligt der Erfolg nicht die Mittel; in keinem Job und für keinen Zweck sollte die Menschlichkeit auf der Strecke bleiben“. Schikanen seien an der Tagesordnung gewesen, Trainingspläne gab es nicht, Ort und Zeit der Trainingslager erfuhr die Mannschaft teilweise aus Presse. Das Training war überhart, zum Teil musste auch mit Verletzungen trainiert werden, da Magath „nicht imstande war, das Training gesund zu dosieren“ und zeitweise keinen Arzt duldete. Schlechter als diese Tiefpunkte hat Pander nur noch die verpasste Meisterschaft 2007 in Erinnerung.

Mit dem Wissen von heute („ich hasse Social Media“) rät Pander jungen Profis, sich unbedingt einen guten Physiotherapeuten und einen vertrauenswürdigen Mental-Trainer zu suchen. In letzterem Bereich ist auch er mit seiner MENTAletics GmbH tätig, um das Wissen, die Weitsicht und den Perspektivwechsel, den er sich als junger Profi gewünscht hätte, weiterzugeben.

Ein Angebot von Juventus Turin scheiterte bereits daran, dass sie seinen Berater, dem er vertraute, ausbooten wollten. Von der unglaublichen Bodenständigkeit des Weltstars Raúl schwärmt Pander, der das Pokalfinale 2011 inmitten anderer „normaler“ Schalkefans erlebte, übrigens bis heute..

Neugierig geworden? Wer sich das Fußball-Mindset gönnen oder einem Schalker ein Weihnachtsgeschenk bereiten möchte, kann das gute Stück ab sofort unter der ISBN 9783987550195 überall im Buchhandel zu erwerben.

Und: Wir verlosen ein Exemplar des rund 228 Seiten starken Buchs – wer sich durch „Das Fußball-Mindset“ schmökern möchte, schickt bitte bis zum 27.12.2022 eine Mail an redaktion@100prozentmeinverein.de, das Los entscheidet!