06. Adventssingen in der Glückauf-Kampfbahn: Schalke macht glücklich

06. Adventssingen in der Glückauf-Kampfbahn: Schalke macht glücklich

23. Dezember 2019 2 Von Susanne Hein-Reipen

Auch wenn sich das Wetter von seiner ungemütlichsten Seite zeigt: Die sechste Auflage des Adventssingens in der Glückauf-Kampfbahn ist wieder ein voller Erfolg und hinterlässt bei allen Beteiligten ein warmes Gefühl in der Herzgegend…

Die Eisernen aus Berlin haben es vorgemacht: Weihnachtssingen im Stadion. Von Fans für Fans – und genau diese Idee griffen vor sechs Jahren der Schalker Supporters Club, Teutonia Schalke und die Offene Kirche Schalke auf, noch bevor neben dem FC Schalke 04 auch zahlreiche weitere Vereine kommerzialisierte Profi-Events ins Leben riefen. Schauplatz des kleinen, aber feinen und familiären Beisammenseins im Licht der Kerzen ist die altehrwürdige Glückauf-Kampfbahn, Geburtsstätte des berühmten Schalker Kreisels.

Das königsblaue Weihnachtsdorf

Im Schalker „Weihnachtsdorf“ ist alles da, was man für eine gute Weihnachtsfeier braucht. Glühwein, Punsch, Bier, Würstchen, Steaks, mit viel Liebe gekochtes Bigos und eine zünftige Tombola. Den einzigen klitzekleinen Abzug in der B-Note gibt es für gelbe (!) Lose, die Gewinner freuen sich trotzdem wie Bolle.

Für erschwingliche 04 Euros – die Tickets dienen in erster Linie der Einlasskontrolle aufgrund der Begrenzung der Zuschauerzahl wegen der baulichen Sicherheitsauflagen -, können die wetterfesten Schalker an Ständen u. a. der Fanini, der offenen Kirche, des Supporters Clubs und dem Gelsenkirchener Zweig von Donum Vitae vorbeiflanieren, klönen, lachen und ganz entspannt in die Winterpause swingen. Und Alexander Nübel müssten auch die Ohren geklungen haben, so oft, wie ein Schalker kopfschüttelnd sagte „Warum setzt er sich jahrelang hinter Manuel Neuer auf die Bank?“

Wo man singt, da lass Dich nieder

Die Begrüßung übernimmt pünktlich um 18.04 Uhr Gastmoderator Hans Gerzlich; der Kabarettist hat als gebürtiger Gelsenkirchener das Schalke-Gen bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Seine Abfrage, wer im Publikum „Neuling“ und wer „Wiederholungstäter“ beim Adventssingen ist, ergibt zwei ungefähr gleich starke Fraktionen. Von 2 bis 82 sind alle Altersklassen erwartungsfroh vertreten, ein Treff für die ganze Schalker Familie.

Alle Anwesenden herzlich willkommen heißt Supporters-Vorsitzender Andreas „Jouri“ Jour; dann bittet er um eine Gedenkminute für den auf dem Weg zum Spiel in Wolfsburg tragisch verstorbenen Drüse. In der feierlich erleuchteten Kampfbahn könnte man eine Stecknadel fallen hören. An der Böschung zur A 42 verschwimmen neben dem riesigen neuen Schalke 04 – Graffito einige gesprayte Grabsteine für viel zu jung verstorbene Ultras in der Dunkelheit, bald wird dort sicher auch Drüses Name zu lesen sein.

Der musikalische Teil wird stilecht mit dem Steigerlied eingeläutet, ein echter Gänsehautmoment. Passend zu „Und er hat sein helles Licht bei der Nacht schon angezündt…“ wandert das Friedenslicht von Bethlehem von einem Schalker zum anderen. Dann folgen „Wir sagen Euch an den lieben Advent“, „Macht hoch die Tür“, „Morgen Kinder wird’s was geben“ und „Stern über Bethlehem“. Das Textheftchen hilft über kleine Hänger bei den späteren Strophen hinweg.

Mut zum Frieden

Pfarrer Mattauch erklärt kurz die Weitergabe des Friedenslichts, das seit 1986 immer wieder aus der Geburtskirche um die Welt wandert und verbindet. Das diesjährige Motto ist „Mut zum Frieden“. Mattauch schlägt sofort den Bogen zu dem Mut, den viele Menschen in Schalke-Nord und Schalke beweisen, um ihre Stadtteile entgegen aller Unkenrufe zu verschönern und lebenswert zu erhalten. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Schalker Markt ist so bereits die königsblaue Illumination der Glückauf-Kampfbahn und das „Blaue Band“ auf der Schalke Meile entstanden.  

Im zweiten Liederblock stehen „Alle Jahre wieder“, „Ihr Kinderlein kommet“ und „Kling, Glöckchen, klingelingeling“ (in der klassischen Variante, nicht der leicht getunten Schalker Version) auf dem Programm und klingen aus zunehmend besser geölten Kehlen in die dunkle Kampfbahn und den Gelsenkirchener Nachthimmel hinaus.

In der zweiten Pause liest die 11jährige Carla Kruschinski die nachdenklich stimmende Geschichte „Der Weihnachtswunsch“ vor, ihrem prominenten Papa Olivier bleibt heute nur die Rolle des stolzen Mikrofon-Halters. Carla bekommt für ihren tollen Vortrag kräftigen Applaus; auch die Unterstützer und Sponsoren des Adventssingens und der Tombola bekommen Beifall.  

Wenn Engel verstummen…

Lautstark beklatscht werden auch die 04 Musiker, die den Schalkern musikalisch den rechten Weg weisen. Anja Wortmann, Frontfrau mit Gitarre und Engelsstimme, stellt ihre Mitstreiter vor: Ein bereits vertrautes und beliebtes Gesicht am Akkordeon ist Uwe Senftleben; am Cajón sitzt zum zweiten Mal der 16jährige Niels Heikaus und das Piano wird erstmals von Marcel Suttmeyer gespielt.

Im dritten Liederblock erklingen mit ihrer Begleitung „Leise rieselt der Schnee“, „Oh Tannenbaum“, Kommet Ihr Hirten“ und „Süßer die Glocken nie klingen“. Einfach schön!

Im Anschluss daran muss Hans Gerzlich leicht zerknirscht eingestehen, dass die Sache mit dem Klatschen nicht ganz so einfach ist, wenn man ein Friedenslicht, ein Textheft und womöglich noch ein Getränk in Händen hält. Regina Hölscher von der offenen Kirche Schalke wird folgerichtig einfach bejubelt. Sie trägt eine Weihnachtsgeschichte vor, in der ein kleiner Engel nicht mehr mitsingen mag, als es um Frieden auf Erden und unter den Menschen geht, weil es viel zu viele Kriege und Streit gibt. Ein erfahrener Engel erklärt ihm liebevoll, dass genau dieser Zwiespalt zwischen Himmel und Erde, Gut und Böse in dieser Nacht durch Jesus‘ Geburt überwunden werden soll. Als der kleine Engel überzeugt weiter singen will, bekommt er eine wichtige andere Aufgabe: Tag und Nacht den Friedensgedanken auf Erden zu verbreiten – vielleicht singt er ja heute Abend in der Glückauf-Kampfbahn mit…?

Als nächstes wird donum vitae vorgestellt, die Frauen in allen Fragen zur Schwangerschaft beratend und helfend zur Seite stehen. Auch Maria wäre gute Kandidatin für eine solche Beratung gewesen… Der Überschuss dieses Abends und der Tombola wird als Spende an diese wichtige Institution, deren Name auf lateinisch „Geschenk des Lebens“ heißt, fließen.

Blau und Weiß, wie lieb ich Dich…

Der 04. und letzte Liederblock wartet mit „Am Weihnachtsbaume die Lichter brennen“, „Fröhliche Weihnacht überall“, „Oh Du fröhliche“ und „Stille Nacht“ auf; schade, dass es schon vorbei ist! Aber halt, ganz vorbei ist es ja noch nicht: Ohne unser Vereinslied gehen wir nicht nach Hause! Passend zum Bekenntnis „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“, wird auch die zuvor in den Gründungsfarben rot und gelb erleuchtete Tribüne blau und weiß illuminiert. Gänsehautalarm!

Im „inoffiziellen Teil“ gibt’s noch eine kleine Zugabe, der FC Schalke wird deutscher Meister und wir hooolen den Pokal… Aber auch ohne diese Trophäen gehen alle Teilnehmer mit einem guten Gefühl, heute wirklich mit (fast) 1.000 Freunden zusammengestanden zu haben, nach Hause. Schalke ist eben etwas ganz Besonders, der geilste Club der Welt – Glückauf!

Blau und Weiß, wie lieb‘ ich Dich… (Foto: Hein-Reipen)