Weitere Nullnummer in Mainz: Schalke-Fans bleiben geduldig

Weitere Nullnummer in Mainz: Schalke-Fans bleiben geduldig

17. Februar 2020 2 Von Susanne Hein-Reipen

Mainz 05 und Schalke 04 trennen sich nach einem höflich ausgedrückt nicht gerade mitreißenden Spiel mit 0:0. Die 4.000 mitgereisten Schalker Fans zeigen trotz der vor allem offensiv dürftigen Darbietung und musikalischer Karnevals-Folter 90 Minuten Non-Stopp-Support und aufmunternden Applaus nach dem Schlusspfiff. Susanne Hein-Reipen berichtet aus dem Gästeblock…

Bereits auf dem Marsch über die Felder zur Opel-Arena wird klar: Die fünfte Jahreszeit steht vor der Tür! Hinter der Haupttribüne steht nicht nur ein Rosenmontags-Zugwagen, auch die Musik rollt vielen Gästen aus dem Ruhrpott die Fußnägel hoch: Mainz bleibt Mainz, da steht ein Pferd auf dem Flur und wir singen Humba-humba-humba-täterääää.

Das Fassenachtsspiel

Viele Mainzer sind kostümiert, neben Zebras und Clowns mit rot-weißen Schals sind auch zahlreiche stattliche Gardeuniformen zu sehen. Der Moderator auf der kleinen Bühne begrüßt passend dazu in bestem Meenzer Dialekt alle Fans recht herzlich zum „Fassenachtsspiel“, bevor ein Tambourcorps zum Schunkeln einlädt.  Äh, bitte, eigentlich wollten wir zum Fußball?!

Vor dem Gästeeingang sinkt die Kostümdichte rapide, schließlich ist man mit einem königsblauen Trikot plus Schal allzeit top gekleidet. Erfahrene Auswärtsfahrer wissen: Die Mainzer Feuerwurst trägt das Prädikat „unbedingt empfehlenswert“, dazu gibt es neben Bier auch Weißweinschorle. Als prima Idee werden auch die Toilettenhäuschen außerhalb des Stadions empfunden, sucht doch der weitgereiste Auswärtsfan eine legale Pinkelmöglichkeit an den Parkplätzen und Bierbuden nicht nur auf Schalke vergebens. Die Schalke-Crew führt die Anwesenheitskontrollen dieses Mal „freilaufend“ hinter den Gästeblöcken durch, was von Vielen als deutliche Verbesserung gegenüber dem klaustrophobischen früheren Standort im Tunnel unter dem Stadionumlauf empfunden wird.

Dreimal Schalke helau

Der Stadionsprecher trägt Narrenkappe und begrüßt per Büttenrede; mit 27.482 Zuschauern ist das Spiel nicht ausverkauft, vor allem auf den beiden langen Tribünen klaffen zur Überraschung der Schalker deutlich sichtbare Lücken. Die Gästekurve empfängt wie bei jedem Spiel seit Verkündung des Wechsels von Alexander Nübel zu den Bayern diesen deutlich verhaltener als Michael Langer.

Danach verschlägt es den Schalkern noch einmal kurzfristig die Sprache, da mit „Rucki Zucki“ und „Am Rosenmontag bin ich geboren, am Rosenmontag in Mainz am Rhein, bis Aschermittwoch bin ich verloren…“ weitere Schunkelmusik in den Äther geblasen wird. „Das war schon alt, als ich noch jung war!“ ätzt ein 50+-Schalker.

Da die Mainzer Fans fairerweise auf das in vielen Stadien übliche „Arschloch-Gebrülle“ bei Verlesung der Aufstellung der Gäste verzichten, können die Schalker wie zuhause die Aufstellung ihres Teams ausrufen. David Wagner beginnt heute mit Nübel, Oczipka, Todibo, Nastasic, Kenny, Mascarell, Schöpf, McKennie, Harit, Gregoritsch und Raman.

Choreo mit kleinen Hindernissen

Die Mainzer Fankurve schmettert dem Stadionsprecher ein dreifaches Helau entgegen und entrollt zwei riesige bunte Banner „Und krieht die Welt die Kränk unn kracht“ – „Ein Heimspiel mal an Fassenacht“. Die Schalker ergänzen bei so viel „Reim Dich oder ich fress Dich“ im Geiste den Bütten-Tusch „Tätäää, tätää, tätää“ und können die Schadenfreude nicht verhehlen, als die knallbunten Bänder, die zum Einlaufen der Mannschaften abgeschossen werden, im Fangnetz hängenbleiben und den Mainzern die Sicht versperren. Das üben wir dann noch mal…

Das in Liverpool abgekupferte „You’ll never walk alone“ gefällt den verwöhnten Schalker Geschmacksnerven auch nicht so richtig, weshalb es prompt mit dröhnend lautem „Schalke 04“ attackiert wird. Dann rollt endlich der Ball.

Beide Mannschaften starten verhalten in das Spiel, beide Kurven versuchen, ihre Jungs lautstark nach vorne zu treiben. Auf der Playlist des Gästeblocks stehen zunächst „Schalke, ich bin für dich geboren“, „Auf geht‘s blau-weiß, holt euch den Sieg für uns“ und „Ob ich verroste und verkalke, ich gehe immer noch auf Schalke“. Auf dem Rasen zeigen sich die Hausherren jedoch etwas weniger verrostet und geben durch Öztunali und den Ex-Schalker Szalai erste Schüsse auf das Schalker Tor ab.

Wenig los im ersten Durchgang

Schalke findet in dieser Phase des Spiels offensiv kaum statt, Amine Harit sucht noch seine bestechende Form der Hinrunde und Suat Serdar wird schmerzlich vermisst. Zeit genug für den königsblauen Anhang, über das Spruchband „Wegen Huddel auf der Lu macht ihr uns die City zu?“ nachzudenken. Lu hin, Lu her, das folgende „Gegen alle Betretungsverbote“ ist konsensfähig.

Während „Wir komm‘n vom Berger Feld, Malocher ohne viel Geld“ bekommt Todibo von Quaison in einem Zweikampf den Schuh ins Gesicht und muss behandelt werden, wenig später versucht er unter aufmunternden Schalker Zurufen an der Torauslinie, die offensichtlich lädierte Nase frei zu schnauben. Die erste Schalker Ecke verpufft im Nichts.

Schalke hat zwar, angetrieben von „Schalke! Kämpfen! Siegen!“ und „Eine Stadt erstrahlt in Blau“ mehr Spielanteile, die besseren Chancen hat aber Mainz. Ein artistischer Seitfallzieher-Versuch von Barreiro verfehlt den Kasten von Nübel nur knapp.

Wir lieben alle nur den FC Schalke…

Auf die erste Schalker Chance müssen die Fans bis zur 34. Minute warten: Bruma, ebenfalls Ex-Schalker, kassiert Gelb für ein Foul an Raman, der fällige Freistoß landet auf dem Scheitel von Nastasic, doch Zentner im Tor der Mainzer kann den Ball noch knapp über die Latte lenken. Die folgende Ecke wird von Gregoritsch neben das Tor gesetzt.

Die Leihgabe vom FC Augsburg ist es auch, die in der 40. Minute mit der bis dahin besten Schalker Chance an Zentner scheitert. Der Schalker Block honoriert den leichten Aufschwung sofort mit lautstarkem „Wir lieben alle nur den FC Schalke, unsren Kumpel- und Malocherclub“ und muss dann kräftig durchschnaufen, als Nübel an einer Brosinski-Flanke vorbeifliegt und Latzas Nachschuss nur knapp am linken Pfosten vorbeirauscht. Puh!

In der Pause hält sich die Begeisterung über das Gesehene im Gästeblock arg in Grenzen, vor allem Schöpf, Gregoritsch und Raman kommen in den Augen der Fans nicht gut weg, auch Nübel und Oczipka müssten in der Kabine die Ohren klingen. Die besten Noten verdienen sich mit Todibo und Kenny, die auf ihrer Seite wenig anbrennen lassen, noch zwei Abwehrspieler. Das Tambourcorps auf der Stadionrunde wird geflissentlich ignoriert.

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