Freiburg – Schalke 4:0: Schämen für Schalke

Freiburg – Schalke 4:0: Schämen für Schalke

17. April 2021 Aus Von Susanne Hein-Reipen

Von der zuletzt leicht ansteigenden Form der Schalker in Leverkusen und beim Heimsieg gegen Augsburg ist in Freiburg nichts mehr zu sehen: Die Knappen präsentieren sich defensiv erschreckend schwach, offensiv viel zu harmlos und gehen sang- und klanglos mit 4:0 (2:0) unter – die 20. Niederlage im 29. Spiel, so schlecht war Schalke zuletzt in der Abstiegssaison 1982/1983. Statt Tabellenrechner anwerfen ist für die Fans wieder einmal Fremdschämen angesagt…

Freiburg im Frühling, das heißt normalerweise königsblaue Völkerwanderung nach Süden, doch in Zeiten einer Pandemie ist an Münsterplatz und Jahn-Biergarten leider nicht zu denken. Kann der FC Schalke 04 auch ohne Unterstützung bei den zuletzt etwas schwächelnden Freiburgern bestehen?  

Kolasinac ist wieder dabei

Bei der Startelf vertraut Chefcoach Dimitrios Grammozis mit einer Ausnahme der siegreichen Elf gegen Augsburg: Kapitän Kolasinac ist wieder von Beginn an dabei, Oczipka muss auf die Bank. Es starten Fährmann, Becker, Stambouli, Thiaw, Aydin, Kolasinac, Mascarell, Serdar, Bozdogan, Harit und Huntelaar.

Schalke tritt im Auswärtsdress mit blauen Hosen und weißen Trikots an. Die erste Aktion des Spieles ist eine Ecke der Hausherren, die von Schmid ausgeführt und zu Demirovic verlängert wird, der elegant per Volleyschuss vollenden will, aber Fährmann steht richtig (3.).

Frühe Führung für Freiburg

Kurz darauf ist der Schalker Keeper aber chancenlos:  Stambouli rutscht im Mittelfeld am Ball vorbei, Santamaria hat auf rechts freie Bahn und legt quer zu Höler, der sich die Ecke aussuchen kann: 1:0 für den SC Freiburg (7.). Santamaria foult Landsmann Stambouli und holt sich die 5. Gelbe Karte ab.

Die Hausherren kommen wiederholt gefährlich nach vorne, ein Kopfball von Höfler nach einer weiteren Ecke tropft auf die Latte (19.). Rechts neben dem Pfosten und damit ein Stück abseits des Geschehens liefern sich Huntelaar und Sallai ein Kopfballduell,bei dem der holländische Torjäger seinen Gegenspieler leicht mit dem Ellenbogen im Gesicht trifft – eine Allerweltszene, aber nach minutenlangem Studium der Videobilder befindet Schiedsrichter Reichel auf Elfmeter und Gelb. Der zuvor noch dramatisch angeschlagene „Gefoulte“ tritt selber an und verwandelt mit einem wuchtigen Schuss zum 2:0 (22.).

Schalke ist unterlegen

Nur wenig später hat Sallai sogar das 3:0 auf dem Fuß, trifft das Leder aber nicht optimal und Fährmann kann klären. Bei einem der seltenen Schalker Entlastungsangriffe ist Serdar zu egoistisch und läuft sich fest (26.). Heintz kassiert wegen Unsportlichkeit – er versucht, Aydin am Einwurf zu hindern – ebenfalls Gelb, eine völlig unnötige Aktion.

In der 32. Minute muss Fährmann sogar per Kopf klären, weil die Abwehr einen gebrauchten Tag erwischt hat. Die wenigen königsblauen Offensivaktionen gehen meistens von Harit und Huntelaar aus, doch der Marokkaner wird zurückgepfiffen, weil sein Sturmpartner seinen Gegenspieler überrannt hat (35.). Ein weiterer Vorstoß endet damit, dass Thiaw bei seinem Abschluss im Abseits steht; ein Freistoß von Harit landet ohne Freund- oder Feindberührung im Aus (43.). Nach zwei Extraminuten geht es mit der verdienten 2:0-Führung für die Breisgauer in die Pause. Mehrere Schalker Spieler diskutieren noch mit dem Schiedsrichter.

Freiburg erhöht

Beide Mannschaften kommen personell unverändert weder aufs Feld, Abschüsse von Demirovic und Günter werden Beute von Fährmann. Nach einem leichtfertigen Ballverlust von Serdar an Sallai und dem folgenden Abschluss von Günter ins rechte untere Toreck ist aber auch der Schalker Keeper ein drittes Mal geschlagen, es steht 3:0 für den SCF (50.).

Trotzdem bleiben die Hausherren im Vorwärtsgang und haben durch einen von Thiaw verursachten Freistoß die nächste Chance, aber Fährmann lenkt den Schuss von Schmid über die Latte. Grammozis bringt mit dem genesenen Uth für den bemühten, aber wirkungslosen Bozdogan und Mustafi für Serdar zwei frische Spieler. Kolasinac erläuft sich eine Ecke, diese bringt nichts ein. Auf der Gegenseite muss Fährmann einen von Thiaw abgefälschten Kopfball von Demirovic von der Linie kratzen, danach wehrt er einen weiteren Schuss des Freiburger Stürmers ab.

Wer hat noch nicht, wer will noch mal?

Kurz darauf tauscht Freiburgs Kulttrainer Christian Streich Santamaria gegen Keitel aus. Uth kommt nach Vorarbeit von Kolasinac zu einem Abschluss, doch der Ball fliegt über die Latte. Auch Sané darf sein Comeback nach langer Verletzungspause feiern, er ersetzt Becker, Stambouli rückt nach links Ein weiterer Torschussversuch von Uth wird von Schlotterbeck zur Ecke abgefälscht.

Die nächste Aktion gehört wieder den Freiburgern – und ist wieder drin: Günter nimmt ein gutes Stück vor dem Strafraum Anlauf und knallt den Ball zum 4:0 ins lange Ec (74.). Die Schalker lassen nun endgültig die Köpfe hängen; Streich gönnt auch Jeong, Kwon, Petersen und Kübler noch die Siegprämie, sie ersetzen Höler, Sallai, Demirovic und Schmid. Einen weiteren Torschuss des Hunters später ist auch für ihn und Offensivpartner Harit vorzeitig Schluss, für sie kommen Paciencia und Hoppe. Nach einem Kopfball von Sané in die Arme von Müller ist pünktlich Schluss.

Ein weiterer Offenbarungseid

Keine Frage: Man kann in Freiburg verlieren, auch wenn diese zuletzt alles andere als Topform hatten – aber bitte nicht so. Wenn man von „gute Arbeit belohnen“ und „es sind noch 6 Spiele“ spricht, sollten Kampf und Konzentration die Minimaltugenden sein, beides ist kaum zu sehen. Die bisweilen sehr kleinteilige Pfeiferei von Reichel darf keine Ausrede für die Schnitzer von Stambouli, Huntelaar und Serdar sein, mit denen Schalke sich selber früh auf die Verliererstraße gebracht hat.

Mit dieser Niederlage hat Schalke einen weiteren fast 40 Jahre alten Negativrekord eingestellt und wird ihn wahrscheinlich bis zum Saisonende noch unterbieten: 20 Niederlagen in einer Saison. Und: Wenn am nächsten Spieltag in der englischen Woche gegen die Arminia aus Bielefeld nicht gewonnen wird, ist Schalke unabhängig von den Ergebnissen der anderen Spiele bei einem Rückstand von 12 (bei Remis) bzw. 13 (bei Niederlage) Punkten plus unterirdischem Torverhältnis auf den Relegationsplatz auch rechnerisch zweitklassig. An dieser Stelle sollten dann bitte alle, die den Vizemeister von 2018 sportlich und wirtschaftlich so erschreckend heruntergewirtschaftet haben, vor Scham im Boden versinken.