FC Villingen – Schalke 04 1:4: Mit Unterstützung der Fans in die zweite Runde

FC Villingen – Schalke 04 1:4: Mit Unterstützung der Fans in die zweite Runde

9. August 2021 1 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 besiegt Oberligist FC Villingen 08 nach einer kurzen Hängepartie nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich letztlich verdient mit 1:4 (1:1). Über 1.000 mitgereiste königsblaue Fans feiern die Rückkehr in die Gästekurve und den Einzug in die zweite Runde. Susanne Hein-Reipen berichtet…

Endlich, endlich, endlich sind auch wieder Gästefans zugelassen – für die bekannt reisefreudigen Schalker ein guter Grund, sich Richtung Baden aufzumachen. Bereits Stunden vor dem Spiel ist der stadionnahe Biergarten „Flughafen“ fest in königsblauer Hand, „Hurra, hurra, die Schalker die sind da!“ lautet die Parole. Im Freien schmeckt der Gerstensaft doch gleich doppelt lecker; gefühlt jeder zweite Satz ist „endlich wieder dabei sein!“ und „Kerl, habbich datt vermisst“.

Villingen erweist sich als gute Gastgeber

Die MS Technologie-Arena liegt klein, aber fein unter blauweißem Himmel, die Registrierung via Luca-App klappt tadellos, die Kontrollen sind gründlich, aber sehr freundlich. Bis zu Scannern hat es die Technologie dann allerdings doch nicht geschafft, der QR-Code auf den Karten wird in Handarbeit eingerissen, dafür ist der Handyempfang wesentlich besser als in der heimischen Veltins-Arena. Auch für Bier, Bratwurst und saubere (!) Toiletten ist gesorgt.

Für die Schalker sind der komplette südwestliche Hintertorbereich und der angrenzende Block auf der Haupttribüne reserviert, die Wiedersehensfreude ist rund anderthalb Jahre nach dem letzten Auswärtspflichtspiel mit Zuschauern groß. „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ wird auch noch gespielt.

Deutschlands höchstgelegene Fußballarena

Der Stadionsprecher begrüßt alle Anwesenden freundlich und so laut, dass einige mutmaßen, dass er die Anlage locker auch ohne technische Unterstützung beschallen könnte. Der folgende Hinweis auf die Maskenpflicht geht allerdings weitgehend in einem euphorischen „Schalala Schalke 04!“ unter. Die meisten vertrauen auf Impfung und frische Luft; einige Tapfere halten die Maske die vollen 90 Minuten auf Mund und Nase.

Als die beiden Keeper von Villingen zum Warmmachen vor die Gästekurve laufen, wird klar, dass sich die Königsblauen leider am anderen Ende aufwärmen müssen. Die „asozialen Schalker“ schallen aber unüberhörbar durch „Deutschlands höchstgelegene Fußballarena“ – wieder was gelernt. Auch der Oberbürgermeister und das bei Spielen im Südwesten allgegenwärtige Badnerlied sind am Start.

Mit Zalazar und Fährmann

Die Schalker Mannschaft kommt kurz rüber und applaudiert den mitgereisten Fans; dann werden die Aufstellungen durchgesagt. Dimitrios Grammozis setzt auf Rückkehrer Fährmann, Wouters, Flick, Kaminski, Palsson, Aydin, Ouwejan, Zalazar, Drexler, Bülter und Terodde. Bei der Aufstellung der Hausherren hängt der Gästeblock jeweils den Zusatz „A****loch“ dran. Mit der Filmmusik von Mission Impossible und Sweet Caroline beweist die Regie Selbstironie.

Zum Einmarsch der Mannschaften geht auf der Gegengeraden ein Banner mit der Aufschrift „Schwarz Weiß sind die Farben der Nation“ in die Höhe, umrahmt von passenden Papptafeln und Luftballons. Die Gästeblöcke antworten mit einem kräftigen Wechselgesang Schalke! – Nullvier! Und „Eine Stadt erstrahlt in Blau“.

Schalke geht in Führung

Auf dem Rasen sind die ersten Minuten ausgeglichen; einem Abschluss von Tadic steht ein Versuch von Ouwejan entgegen, dann nehmen zunehmend die Schalker das Heft in die Hand. Das Stimmungsblöckchen der Heimfans inklusive Vorsänger in der Mitte der Gegengerade schickt „kämpfen und siegen!“ und „Absteiger, Absteiger!“ herüber, was sich der geneigte Schalker natürlich nicht bieten lässt und Vermutungen über die Abstammungen des FC Villingen im horizontalen Gewerbe anstellt.  

Nach ersten Chancen durch Terodde und Zalazar ist es dann in der 15 Minute so weit: Nach einem schönen Doppelpass mit Drexler schiebt Marius Bülter souverän zur 1:0-Führung ein. Prompt ertönt „Wer holt den Pokal…? Wer holt den Pokal…?“ und „Der FC Schalke wird deutscher Meister und wir holen den Pokal…!“.

Kurz darauf hat Torjäger Terodde das 2:0 auf dem Fuß, scheitert aber freistehend an Keeper Hoxja; auch Bülter kommt nicht noch einmal an dem Schlussmann vorbei. Die Fans toben sich derweil ein wenig verbal aus, auch an den FCN und die Nachbarn aus Lüdenscheid wird gedacht, wenn auch mit sehr unterschiedlichem Tenor. Der Villinger Block skandiert „Weiter immer weiter FCV“, als Antwort gibt es „Ohne Schalke wär hier gar nix los!“

Ausgleich nimmt Schalke den Wind aus den Segeln

Die Schalker Überlegenheit findet allerdings nach einer guten halben Stunde ein recht abruptes Ende: Ovuka chippt den Ball genau in den Lauf von Albrecht, dieser entwischt Ouwejan und stürmt in den Strafraum und legt quer zu Plavci, der an Fährmann vorbei zum 1:1-Ausgleich abstaubt und seinen Treffer mit ein paar gekonnten Überschlägen feiert (31.). Der Stadionsprecher eskaliert begeistert, die Schalker Mannschaft wirkt etwas verunsichert. Auch den Schalker Fans gehen ohne koordinierten Support ein wenig die Ideen aus.

Die folgenden Minuten trauen sich die Villinger zunehmend über die Mittellinie, ohne jedoch größeren Schaden für das Schalker Tor anzurichten. Von Schalke ist in dieser Phase offensiv mit Ausnahme eines zu hoch geratenen Distanzschusses von Drexler auch nichts mehr zu sehen; der Halbzeitpfiff nach einminütiger Nachspielzeit wird daher allseits begrüßt.

Doppelschlag macht alles klar

Der königsblaue Anhang ist mit der letzten Viertelstunde nicht mehr zufrieden und hofft auf eine gepfefferte Halbzeitansprache von Grammozis, die Villinger sind zu Recht stolz auf ihren Fünftligisten. Villingen tauscht Tadic gegen Busam, die restlichen Ersatzspieler laufen sich vor dem Gästeblock warm und ernten prompt „Ihr seid nur Auswechselspieler!“ Die Heimfans versuchen es unermüdlich weiter mit „Villingen! Villingen!“ und werden durch einen Vorstoß von Plavci belohnt.

Für Schalke zielt Zalazar im ersten Anlauf noch zu hoch, aber die folgende Ecke von Ouwejan landet über Terodde wieder bei dem Neuzugang aus Frankfurt – und der flache Rechtsschuss sitzt! 1:2 in der 49. Minute, der Torschütze rast glücklich vor den königsblauen Block, die Mannschaftskameraden folgen und so schreien Spieler und Fans gemeinsam ihre Erleichterung heraus. JAAAA!

Und nur 120 Sekunden später fliegt das Bier wieder tief: Bülter verarbeitet einen Querpass von Drexler lehrbuchmäßig zum 1:3 (51). Die Schalkefans sind kolossal erleichtert über diese erhoffte Reaktion auf die schlappen 15 Minuten vor der Pause; die Villinger Bank hingegen ist not amused und debattiert mit Schiedsrichter Haslberger. Rama-Bitterfeld ersetzt Bruno.

Nix mehr anbrennen lassen

Die beruhigende Führung bringt auch die Fans wieder in Schwung, vom Wechselgesang über „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ bis „Schalke, ich bin für Dich geboren“ werden etliche Schalker Lieder angestimmt. Blendi Idrizi darf für Drexler ran.

Das Spiel ist jetzt wieder etwas ruhiger geworden, zwei halbe Chancen für Terodde und Zalazar finden nicht ins Ziel, danach dürfen sich die beiden ebenfalls ausruhen; für sie kommen Marvin Pieringer und Yaroslav Mikhailov. Auch Villingen schöpft das Wechselkontingent aus.

Bülter rackert vorne weiter fleißig, doch der finale Treffer zum 1:4 geht auf eine schöne Einzelleistung von St.Petersburg-Leihgabe Mikhailov (79.) zurück.  Damit ist die Messe hier und heute endgültig gelesen, auch wenn Timo Becker und Kerim Calhanoglu (für Ouwejan und Palsson) noch einige Einsatzminuten sammeln dürfen.

1:4 wiederholt übrigens exakt das Endergebnis des gleichen Duells in der ersten Pokalrunde 2016. Die Schalkefans sind mit dem Verlauf des zweiten Durchgangs zufrieden und stimmen „Schalke ist die Macht“ und „Oppa Pritschikowski“ an. Nach dem Schlusspfiff wird gemeinsam gejubelt, Fährmann beglückt einen Fan mit seinem Trikot.

Fortschritte sind sichtbar, Arbeit bleibt

Schalke hat damit die Pokalaufgabe letztlich souverän gemeistert, für Trainer Grammozis bleibt indes noch einiges an Feinabstimmung zu leisten. Sehr positiv ist allerdings zu vermerken, dass der „Durchhänger“ nach dem überraschenden Ausgleich nach der Halbzeit kompromisslos weggefegt wurde, statt wie in den vergangenen zwei Spielzeiten weiter ängstlich über den Platz zu schleichen.

Schalke hofft nun auf ein gutes Los für die zweite Runde…