Die Anfänge der Wellblechhütte waren königsblau…

Die Anfänge der Wellblechhütte waren königsblau…

2. April 2021 0 Von Susanne Hein-Reipen

Der 2. April, Geburtstag des in Schalker Fankreisen gerne als „Wellblechhütte“ bezeichneten Westfalenstadions in der verbotenen Stadt, ist ein historisches Datum für S04, BVB und VfL gleichermaßen. Der Fußball im Ruhrpott ist eine lange Geschichte voller Leidenschaft und Rivalitäten. Von vielen, vielen Vereinen aus dem Westen Deutschlands kämpften lange Borussia Dortmund und Schalke 04 um die Vorherrschaft im Revier und die internationalen Fleischtöpfe; nunmehr steht Schalke vor dem Abstieg in die zweite Liga; der VfL Bochum macht sich berechtigte Hoffnungen auf die Rückkehr in die erste Liga. Doch ein Rückblick in die 70er Jahre offenbart Erstaunliches…

Offiziell heißt die Heimspielstätte der schwarzgelben Borussia heute Signal-Iduna-Park, doch für viele Borussen wird es immer das Westfalenstadion bleiben. Bei diesem Namen denken Fußballfans europa- und weltweit an die Südtribüne, die „gelbe Wand“, mit 24.454 Plätzen die größte Stehtribüne Europas. Das Westfalenstadion war Schauplatz zahlreicher BVB- Triumphe und Tragödien, hier fanden zahlreiche WM- und Länderspiele ebenso statt wie das UEFA-Cup-Finale 2001.

Die Anfänge des Westfalenstadions waren blau

Beim Blick in die Geschichte müssen Borussen jedoch ganz tapfer sein: Nicht nur, dass eine Frau das allererste Tor der Stadiongeschichte erzielte, nein, die Anfänge des Stadions waren blau dominiert…

Die Eröffnung fand am 2. April 1974 statt – und womit kann man eine Spielstätte im Ruhrgebiet besser einweihen als mit dem klassischem Derby BVB gegen Schalke? Und so traf nach dem Damen-Vorspiel zwischen dem TBV Mengede und dem VfB Waltrop – Margarethe Schäferhoff erzielte dabei das erste Tor in dem neuen Fußballtempel – der seinerzeitige Nord-Zweitligist Borussia Dortmund auf die mit Stars wie Nigbur, Fichtel, Kremers, Rüssmann, Fischer, Abramczik und Libuda gespickte Mannschaft aus Gelsenkirchen. Nach 90 Minuten stand ein ungefährdeter 3:0-Sieg der Gäste zu Buche, die zudem zugunsten der finanziell angeschlagenen Borussia großzügig auf ihre Gage verzichteten.

Erstes Bundesligaduell im Westfalenstadion: VfL Bochum gegen Schalke 04

Doch das war noch längst nicht alles: Auch im ersten Bundesliga-Punktspiel hieß der Sieger FC Schalke 04 – und der BVB war nicht einmal beteiligt! Am 2. April 1976, exakt zwei Jahre nach der Eröffnung, trafen sich der VfL Bochum und Schalke 04 zum ersten Erstligaspiel auf Dortmunder Rasen. Die Bochumer mussten seinerzeit wegen des Umbaus des Ruhrstadions ihre Heimspiele verlegen. Normalerweise traten sie deshalb im Stadion am Schloss Strünkede in Herne an, doch das „kleine Revierderby“ verlangte einen größeren Rahmen.

In der von Heinz Höher trainierten Mannschaft des VfL standen klangvolle Namen wie Hermann Gerland, Franz-Josef „Jupp“ Tenhagen und Michael „Ata“ Lameck, allesamt spätere Mitglieder der Bochumer Legenden-Elf, die VfL-Fans bis heute eine Gänsehaut und ein wehmütiges Lächeln beschert. Die Schalker traten u. a. Nobert Nigbur, Klaus Fichtel, Hannes Bongartz und Klaus Fischer an. Auch der „Flankengott aus dem Kohlenpott“, Rüdiger Abramczik , war mit von der Partie. Trainer war der im November 2017 verstorbene Friedel Rausch alias „Mister Hundebiss“.

Klarer Sieger Königsblau

Der Zuschauerschnitt in der Bundesliga lag seinerzeit bei knapp über 23.000 Zuschauern pro Partie, doch dieses Duell zog rund 45.000 Fußballbegeisterte in das seinerzeit als „Scala des deutschen Fußballs“ gelobte Westfalenstadion. Diese sahen im Licht der unverwechselbaren gelben Flutlichtmasten eine von Beginn an klar überlegene Schalker Elf. Erwin Kremers trug sich als erster Bundesligatorschütze in die Annalen ein; Hannes Bongartz, Aki Lütkebohmert und Klaus Fischer schraubten das Ergebnis auf 0:4. Das traditionell nicht sehr schalkeaffine Dortmunder Publikum stand jedoch klar auf Seiten des „Underdogs“ und trieb den VfL trotz des deutlichen Rückstands unermüdlich nach vorne. Und die Mannschaft  steckte nicht auf und konnte unter dem Jubel ihrer Fans durch den eingewechselten Joker Hans-Joachim Pochstein in der 88. Minute den Ehrentreffer zum 1:4-Endstand erzielen.

Am Ende der Saison gelang dem VfL als 15. der Klassenerhalt, Schalke wurde Achter und der BVB stieg als Zweitplatzierter der zweiten Bundesliga Nord nach zwei Siegen in den Relegationsspielen gegen den Süd-Zweiten 1. FC Nürnberg ins Fußball-Oberhaus auf. Und viele Fußballfans im Ruhrgebiet träumen bis heute davon, dass auch der VfL oder Vereine wie der MSV Duisburg, Rot-Weiß Essen oder Rot-Weiß Oberhausen wieder im Konzert der „Großen“ mitspielen dürfen.

Siege in der verbotenen Stadt sind die Schönsten…