BVB – Schalke 3:0: Königsblau hält nur eine Halbzeit mit

BVB – Schalke 3:0: Königsblau hält nur eine Halbzeit mit

24. Oktober 2020 Aus Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 bleibt auch im 21. Spiel hintereinander sieglos und muss sich nach einer kämpferisch ansprechenden ersten Halbzeit im Revierderby im zweiten Durchgang den offensiv deutlich besseren Rivalen klar geschlagen geben. Roman Bürki dürfte einen sehr langweiligen Abend verbracht haben…

Es ist das 180. Revierderby insgesamt, das 97. In der Bundesliga – und das Zweite als Geisterspiel bzw. mit der Minimalbesetzung von 300 Heimfans. Sportlich sah es für Schalke selten trostloser aus als im Vorfeld dieses Derbys, aber die Hoffnung auf einen erneuten Überraschungscoup wie im April 2019 stirbt bekanntlich zuletzt.

Überraschung: Thiaw steht in der Startelf

Auch Manuel Baum zeigte sich in der Woche optimistisch für sein erstes Revierderby auf der Schalker Bank: Mit „klarem Verstand und einem brennenden Herzen“ solle seine Mannschaft ins Spiel gehen.  Dazu schickt er vor Frederik Rönnow eine Dreierkette mit Nastasic, Sané und Thiaw ins Rennen – der erste Bundesligaeinsatz in dieser Saison für den 19jährigen Finnen und sein Startelfdebüt… Davor sollen es Oczipka, Mascarell und Ludewig richten; im offensiven Mittelfeld stehen Bentaleb und Harit, vorne agieren und Matondo und Paciencia.

Mehr noch als der Chefcoach stand der „Co“ im Fokus des Interesses, schließlich hat sich Naldo jedenfalls als Spieler als bestens zum „Zeckenschreck“ geeignet erwiesen. Kann er seinen ansteckenden Optimismus auf die Spieler übertragen…? Seine Aussage, es gäbe keinen Favoriten für das Derby, darf angesichts des Tabellenstandes und der königsblauen Sieglos-Serie durchaus als mutig bezeichnet werden.

Auch der Referee bringt Derbyerfahrung mit: Felix Zwayer pfeift das Duell zum nunmehr fünften Mal; auch beim überraschenden 2:4-Auswärtssieg im April 2019 war er der Unparteiische, ist das vielleicht ein gutes Omen?

Bitte kein früher Rückstand!

Die Erwartungen der Schalkefans sind durchaus unterschiedlich, von „Bitte nicht zweistellig!“ über „jede Serie hat mal ein Ende“ bis „Auswärtssieg“ reichen die Prognosen, eins eint aber nahezu alle: Bitte kein frühes Gegentor, damit das ohnehin stark angeknackste Selbstbewusstsein nicht wieder gänzlich ins Bodenlose fällt.

Die ersten Minuten sieht das im nahezu leeren Signal-Iduna-Park auch noch ganz passabel aus; die Spieler in Königsblau nehmen die Zweikämpfe an. Schon nach einigen Minuten zeigt sich aber, dass die schnelle Offensivabteilung der Hausherren brandgefährlich ist. Sané kann ein Zuspiel von Reyna auf Brandt stoppen, dann gibt Reyna im Duell mit Thiaw den sterbenden Schwan, aber Zwayer winkt lässig ab.

Doch Lüdenscheid-Nord ist jetzt im Vorwärtsgang, Guerreiro, Dahoud und Haaland schicken Warnschüsse in Richtung des Schalker Tores. Kapitän Mascarell holt sich für ein gestrecktes Bein gegen Dahoud die erste gelbe Karte der Partie ab, die folgende Ecke ist kein Problem für Rönnow. Auch die nächste brenzlige Situation entschärft der Däne, indem er einen Schuss von Meunier reaktionsschnell über die Latte lenkt. Guerreiros nächster Abschluss segelt deutlich über das Tor.

Die Schalker Abwehr hält dicht

Die Zweikämpfe werden erbittert geführt, Zwayer verzichtet mit viel Fingerspitzengefühl auf kleinteilige Verwarnungen.

Schalke kommt nur selten in den Strafraum des BVB; Mascarell versemmelt einen Freistoß ins Aus (24.), dann kann Akanji einen Schuss von Paciencia zur Ecke abblocken (25.). Nastasic lenkt den Eckball per Kopf Richtung Tor, Matondo verlängert knapp über die Latte, hätte aber wohl ohnehin im Abseits gestanden.

Dann sind wieder die Hausherren am Drücker: Ein satter Distanzschuss von Dahoud flattert mit viel Effet Richtung Tor und titscht schließlich schwungvoll an die Latte. Puh! Im Gegenzug landet ein kapitaler Fehlpass von Akanji vor den Füßen von Matondo, der Richtung Tor strebt und den Ball zu Oczipka weiterreicht, dessen Schuss aber von Meunier geblockt wird. Auch die folgende Schalker Ecke wird von Hummels schulbuchmäßig entschärft.

Reyna liegt mehr als er steht, weil er selbst beim kleinsten Luftzug theatralisch zu Boden sinkt, so auch in einem Allerweltszweikampf mit dem bereits gelbbelasteten Mascarell (39.), doch Zwayer reagiert nicht auf das Gejammer. Wenn die Gästekurve besetzt wäre… Kurze Zeit später geht Sancho nach einem Tritt von Paciencia vor der Strafraumgrenze zu Boden, auch das lässt Zwayer weiterlaufen. Ein letzter Angriff über Haaland, dann geht es torlos in die Kabinen.

Kämpferisch und defensiv hui, offensiv…

Die meisten Fans in den königsblauen Foren und sozialen Netzwerken sind mit der kämpferischen Leistung des ersten Durchgangs durchaus zufrieden, offensiv ist noch viel Luft nach oben.

Beide Teams kommen personell unverändert wieder auf den Rasen. In den ersten zehn Minuten des zweiten Durchgangs passiert außer einem Schuss von Sancho und einem Angriff von Matondo nicht viel, dann muss Sané eine Flanke von Sancho aus der Gefahrenzone köpfen. Die folgende Ecke wird von Sancho und Guerreiro kurz ausgeführt, das Leder landet über Brand wieder bei Guerreiro, dessen Schuss Rönnow nur abklatschen kann – und dann reagiert Akanji am schnellsten und bugsiert das Leder ins lange Ecke. Das leider nicht unverdiente 1:0 in der 55. Minute.

Doppelschlag für Schwarzgelb

Schon vor dem Treffer hatten sich Ahmed Kutucu und Can Bozdogan warmgemacht, nun ersetzen sie Paciencia und Bentaleb. Doch die nächste Aktion geht wieder auf das Konto des BVB: Haaland bedient Sancho und startet in den Strafraum, wo Sancho den Ball mit freundlichem Geleitschutz von Nastasic den Ball wieder durchstechen kann, so dass Haaland alleine vor Rönnow auftauchen und die Kugel über den Schalker Schlussmann ins Netz heben kann. 2:0 (61.), sch….ade.

Ist die Messe gelesen? Okay, Schalke hat in der Wellblechhütte schon schlimmere Rückstände als ein 0:2 aufgeholt, aber mit einer Sieglos-Serie im Genick und ohne Fans und Führungsspieler wie Caligiuri oder Naldo wird das verdammt schwer.

Und der BVB strebt nach einer kurzen Ruhephase wieder nach vorne, aber Rönnow kann einen weiteren Haaland-Schuss entschärfen (68.). Beide Trainer bringen frisches Personal; Benito Raman ersetzt Matondo, Witsel und Passlack kommen für Dahoud und Reyna, kurze Zeit darauf dann Reus und Hazard für Brandt und Sancho.

Hummels zum 3:0, Bürki verbringt einen ruhigen Abend

Das 3:0 erzielt jedoch kein Stürmer, sondern Mats Hummels, der nach einer Guerreiro-Ecke das Luftduell mit Nastasic gewinnt (78.).

Lucien Favre lässt noch Morey für Meunier ran, aber beide Teams scheinen sich mit dem Ergebnis anfreunden zu können. Derweil langweilt sich Bürki im eigenen Strafraum mächtig vor sich hin, bis Zwayer äußerst pünktlich abpfeift.

Das Prinzip Hoffnung

Aus dem so sehnlich erhofften Befreiungsschlag wurde somit nichts, als kleiner Trost bleibt eine zumindest in der ersten Stunde verbesserte Defensivleistung, zudem erweist sich Rönnow als sicherer Rückhalt.

Schalke ziert damit weiter Platz 17; es wird überdeutlich, welchen Bärendienst die DFL Schalke bei der Terminplangestaltung mit dem Auftaktprogramm mit drei Auswärtsspielen bei den ersten drei Mannschaften des vergangenen Jahres erwiesen hat.  

Am nächsten Freitag muss Königsblau zuhause gegen Aufsteiger Stuttgart ran, dieses Spiel muss (!!!) auf Biegen und Brechen gewonnen werden. Die Chancen, dass Schalke dabei zumindest auf einen Teil der Fans hoffen darf, sind angesichts der Corona-Inzidenz in Gelsenkirchen sehr gering.

Wäre Schalke mit der Unterstützung der Fans besser dran…?