Auf Schalke gibt es wichtigere Personalien als Alexander Nübel!

Auf Schalke gibt es wichtigere Personalien als Alexander Nübel!

17. Oktober 2019 6 Von Susanne Hein-Reipen

Es vergeht kaum ein Tag ohne neue Spekulationen zum wahrscheinlichen Wechsel von Schalke-Keeper Alexander Nübel zu Rekordmeister Bayern München. Dieser monatelange Vertragspoker und die ständigen Wasserstandsmeldungen nerven Susanne Hein-Reipen – sie ist der Meinung, es gibt deutlich sinnvollere Aufgaben für Sportvorstand Jochen Schneider. Ein königsblauer Kommentar…

Nübel braucht noch Zeit, er geht als Neuer-Nachfolger zu Bayern, er geht nicht, doch, aber erst ein Jahr später, hmmm, er überlegt noch undsoweiterundsofort. Nahezu nach jedem Spieltag diktiert Alexander Nübel den Reportern in die Mikrofone, dass noch keine Entscheidung über seine Zukunft ab dem Sommer 2020 gefallen sei und er noch Zeit brauche, um die Frage „Sichere Nummer 1 auf Schalke oder zumindest zunächst Herausforderer und Bankwärmer von Manuel Neuer“ zu beantworten.

Nübel hat ausschließlich seine eigenen Interessen im Blick

Wie vielen Schalke-Fans geht mir dieses Gehampel mittlerweile schwer auf die Nerven. Nübel hat selbstverständlich das Recht, seinen Arbeitgeber frei zu wählen. Aber: Wer es in mehreren Monaten (!) nicht schafft, ein finanziell enorm verbessertes Schalker Angebot – die Rede ist von einem Jahressalär von 5 Millionen Euro gegenüber derzeitigen 600.000 Euro – zu beantworten, trägt unnötig Unruhe in den Verein. Der FC Schalke, der auch durch die Ernennung zum Kapitän trotz deutlich verdienterer Kandidaten deutlich gemacht hat, dass er gerne mit Nübel planen möchte, sollte sich zu schade dafür sein, sich unter Umständen bis zum Saisonende hinhalten zu lassen. Schalke hat einen Kapitän verdient, der dieses Amt mit Stolz trägt und sich zum Verein bekennt, statt ausschließlich die eigenen Interessen auszuloten!

Ob Herr Nübel nun geruht, zum Beispiel bei der Qualifikation für einen europäischen Wettbewerb doch weiter für Schalke aufzulaufen, liegt jetzt alleine an seiner persönlichen Karriereoptimierungsplanung. Schalke hat in den letzten Jahren deutlich schmerzhaftere Abgänge wie Manuel Neuer, Leroy Sané, Sead Kolasinac, Joel Matip oder Leon Goretzka verkraften müssen; die Schalker Welt wird sich nach dem Motto „Spieler kommen, Spieler geh’n“ auch ohne Alexander Nübel weiterdrehen, zumal mit Markus Schubert bereits ein ähnlich hochtalentierter Nachfolger in den Startlöchern steht.

Im Sommer 2020 laufen auf Schalke sechs Verträge aus

Nübel hat mehrfach klar gesagt, dass er sich nicht drängen lässt. Jochen Schneider wäre daher sehr gut beraten, seine Zeit nicht weiter mit Bitten oder Überredungsversuchen zu verschwenden, sondern stattdessen mit den Spielern zu verhandeln, die auch verhandlungsbereit sind. Den Fehler seines Vorgängers Heidel, monatelang nur Leon Goretzka zu umwerben und dabei andere Spieler wie Max Meyer zu vernachlässigen und vor den Kopf zu stoßen, sollte Schneider nicht wiederholen.

Im Sommer 2020 enden neben Nübels Arbeitspapier auf Schalke auch die Verträge von Benjamin Stambouli, Daniel Caligiuri, Bastian Oczipka, Jonjoe Kenny und Fabian Reese.

Jonejoe Kenny in Action (Foto: Hein-Reipen)

Richtig Geld in die Hand nehmen für Jonjoe Kenny?

Jonjoe Kenny ist dabei ein Sonderfall, da in dem Leihgeschäft mit dem FC Everton keine Kaufoption vereinbart wurde. Schneider sollte hier trotzdem möglichst umgehend ausloten, ob und zu welchen Konditionen Everton bereit wäre, ihn gehen zu lassen oder zumindest die Leihe zu verlängern, denn so problemlos und selbstverständlich wie der junge Engländer hat sich schon lange mehr kein Neuzugang auf Schalke eingeführt.

Kenny beackert auf Anhieb die rechte Defensivseite der Knappen, als hätte er nie etwas anderes getan und wurde im August zum „besten Rookie der Bundesliga“ gewählt; für den September steht er erneut zur Wahl. Zudem wird er nicht müde zu betonen, wie gut ihm Schalke und die Fans gefallen. Wenn es Schalke gelänge, ihn zu verpflichten, wäre die rechte Seite auf Jahre hinaus sehr gut besetzt. Kenny hat bewiesen, dass er Schalke weiterhelfen kann; für ihn sollte Schalke an die finanzielle Schmerzgrenze gehen.

Immer für einen Spaß zu haben: Benjamin Stambouli (Foto: Hein-Reipen)

Benjamin Stambouli muss gehalten werden!

Auch mit Vizekapitän Benjamin Stambouli sollte möglichst kurzfristig über eine Vertragsverlängerung gesprochen werden. Der Franzose ist nicht nur mit 29 Jahren im besten Fußballeralter, er hat sich auch nach etwas holprigem Start zum Stammspieler und einer wichtigen Identifikationsfigur für die Fans entwickelt, die seinen Einsatz, sein klares Bekenntnis zum Verein und seine Zuneigung zu Fangesängen wie den „Asozialen Schalkern“ zu schätzen wissen.

Auch Chefcoach David Wagner lobte mehrfach explizit die Spielintelligenz von Stambouli („er liest jeden Zug schon vorher im Kopf“), der sowohl in der Innenverteidigung als auch im defensiven Mittelfeld auflaufen kann. Stambouli ist zudem auf und neben dem Platz jederzeit bereit, Verantwortung zu übernehmen und half mit, Amine Harit zu einer professionellen Berufsauffassung zurückzuführen.

Die Nummer 18, aus der Mannschaft nicht wegzudenken… (Foto: Hein-Reipen)

Bleibt Daniel Caligiuri auf Schalke?

Ein absoluter Dauerbrenner und Führungsspieler war in den letzten Jahren auch Daniel Caligiuri. Auch wenn der 31jährige nunmehr durch Jonjoe Kenny und Rabbi Matondo erstmals echte Konkurrenz auf der rechten Seite vorfindet, wäre es nicht nur aufgrund des dicken Fragezeichens hinter dem Verbleib von Jonjoe Kenny fahrlässig, ihm kein erneutes Vertragsangebot vorzulegen. Caligiuri ist vielseitig, robust und scheut ähnlich wie Stambouli nicht vor Verantwortung zurück und ist ein angesehenes Mitglied des Mannschaftsrates.

Bastian Oczipka ist guter Dinge

Linke Abwehrseite: Bastian Oczipka

An Bastian Oczipka scheiden sich ein wenig die Fanmeinungen: Die einen schätzen den sympathischen Blonden als Kampfschwein und Abwehrbollwerk auf der linken Seite, die anderen bemängeln mangelnde Schnelligkeit und zu wenig Offensivdrang. Fakt ist: Bei sämtlichen Trainern von Domenico Tedesco über Huub Stevens bis zu David Wagner war Oczipka immer gesetzt, wenn er fit war – trotz durchaus namhafter Konkurrenz wie Baba.

Auch deutlich jüngere und schnellere Linksverteidiger wie Hamza Mendyl, Jonas Carls oder aktuell der aus Barcelona ausgeliehene Juan Miranda konnten die königsblaue Nummer 24 bislang nicht gefährden. Da David Wagner auf einer stabilen Viererkette aufbaut, darf auch Oczipka, der bereits signalisiert hat, gerne auf dem Berger Feld bleiben zu wollen, wohl mit einem neuen Vertragsangebot rechnen.

Für Fabian Reese gilt dies wohl nicht; der junge Stürmer bekommt zwar stets eine vorbildliche Mentalität und Fleiß attestiert, kommt jedoch höchstens bei den Schalker Amateuren in der Regionalliga zum Einsatz. Ihm ist zu wünschen, dass er eine Anschlussbeschäftigung bei einem Zweit- oder Drittligisten bekommt, wo er zeigen darf, was er kann.

Amine Harit (Foto: Hein-Reipen)

Rechtzeitig an Amine Harit denken… 

Ein weiterer Name, den Schneider unbedingt auf dem Zettel haben sollte, auch wenn der aktuelle Vertrag noch bis 2021 läuft, ist Amine Harit. Der junge Marokkaner ist bislang DIE positive Überraschung der Hinrunde und auf dem besten Weg zu einem echten Spielmacher. Harit ist technisch brillant, schnell und torgefährlich und kann an guten Tagen einer der Spieler sein, die den Unterschied ausmachen und Spiele entscheiden.

Wenn er es schafft, das bislang gezeigte Niveau zu bestätigen, wird Harit bald Begehrlichkeiten größerer Vereine wecken. Hier muss Schneider den richtigen Zeitpunkt finden, zu dem eine Vertragsverlängerung für beide Seiten sinnvoll und gewinnbringend ist; das Risiko einer „vorzeitigen“ Verlängerung scheint hier aber deutlich kleiner zu sein als zu langes Zögern.  Spätestens im Sommer muss der weitere Weg des Dribbelkünstlers geklärt sein, um Schneiders Versprechen, weitere ablösefreie Abgänge zu verhindern, zu erfüllen.