Schalke – Wolfsburg 0:0: Blödheit oder Beschiss? VAR verhindert verdienten Schalker Sieg

Schalke – Wolfsburg 0:0: Blödheit oder Beschiss? VAR verhindert verdienten Schalker Sieg

11. Februar 2023 0 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 kommt auch im dritten Spiel der Rückrunde nur zu einem 0:0 gegen den VfL Wolfsburg. Die Mannschaft überzeugt kämpferisch, das Schiedsrichtergespann auf dem Platz und im Kölner Keller pfeift jedoch zum wiederholten Mal in dieser Saison jede Kleinigkeit gegen Schalke. Nicht nur die Nordkurve tobt „Ihr macht unsren Sport kaputt!“ Susanne Hein-Reipen über einen aufregenden Abend…

Auch an einem kalten Freitagabend pilgern 60.836 Zuschauer in die Veltins-Arena. Der königsblaue Tempel ist nur deshalb nicht ausverkauft, weil der VW-Club lediglich 607 Gästekarten abruft.

Nach dem Vorglühen wartet beim Einlass eine harte Geduldsprobe: Die Technik zickt rum, teilweise können die Karten nicht elektronisch ausgelesen werden und müssen händisch kontrolliert werden. Erschwerend hinzu kommen fehlende weibliche Ordner; am Einlass Ost 2 bilden sich lange Schlangen königsblauer Damen vor den beiden Mitarbeiterinnen, während sich ihre vierzehn (!) männlichen Kollegen langweilen und die auf ihre Begleiterinnen wartenden Männer anmeckern.

#STEHTAUF!

Das Vorprogramm steht ansonsten ganz im Zeichen der #Stehtauf-Woche gegen Diskriminierung und Ausgrenzung. Zahlreiche Graffiti rund um die Arena regen zum Nachdenken an; die Gesamtschule Recklinghausen Suderwich erhält die diesjährige Ernst-Alexander-Auszeichnung. Zahlreiche Schilder wie „Unsere Nationalität? Mensch!!!“ zeugen vom Erfolg des „Do it yourself-Demonstrationskoffers“ für Demokratie. Die Laudatio für den tollen Einsatz hält Christina Rühl-Hamers, ebenfalls im königsblauen Steht-auf-T-Shirt. In Schwarz mit dem Motto des Tages auf der Brust kommt auch die Mannschaft zum Aufwärmen, Sebastian Buntkirchen und Bernd Schröder erläutern die Hintergründe. Die Sondertrikots des heutigen Abends werden zugunsten von Schalke hilft! versteigert.

Ansonsten gibt’s närrische Hoheiten zu begrüßen; ein königsblauer Schal wertet bekanntlich jedes Ornat auf. Applaus gibt es auch für Atsuto Uchida, der seinem Herzensverein einen Besuch abstattet,  

Uschiiiiii ist auf Schalke immer gern gesehen. Gern gesehen ist auch die mit 13 Siegen bei 6 Remis und 5 Niederlagen positive Heimstatistik gegen die Wölfe, deren Aufstellung schmerzlos runtergerasselt wird.

Würdige Schweigeminute für die Opfer des Erdbebens

Das Steigerlied in der abgedunkelten Arena verliert auch bei der 1.904. Wiederholung nicht an Faszination, Gänsehaut ist angesagt. Dann gehen lautstarke Grüße der Kurve nach Enschede und Nürnberg, bevor mit enormem Stimm- und Fahneneinsatz des Vereinslied „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ performed wird.

Zum Einmarsch – die Begleitkinder stammen heute aus verschiedenen Flüchtlingseinrichtungen im Ruhrgebiet – gibt’s traditionell die Schalker Aufstellung, mit Fährmann, Brunner, Yoshida, Jenz, Uronen, Kral, Krauß, Zalazar, Kozuki, Skarke und Frey erfüllt Thomas Reis den Wunsch vieler Schalker nach ihrer wiedergenesenen Nummer 10.

Nach der Seitenwahl stellen sich alle Spieler für eine Schweigeminute für die vielen Opfer des schrecklichen Erdbebens in der Türkei und in Syrien auf, es ist buchstäblich totenstill. Beide Teams tragen zusätzlich einen schwarzen Trauerflor.

Ein Königreich für einen Pfosten

Mit dem Anpfiff endet die Stille in der Nordkurve abrupt, „Geh‘n mit Dir auf jede Reise“ und der Wechselgesang Schalke! – Nullvier! werden rausgebrüllt. Die Mannschaft auf dem Feld startet ebenfalls druckvoll, Frey, Kozuki und Skarke sind im Vorwärtsgang, Uronen klärt hinten in bester Staubsaugermanier.

Nach wenigen Minuten bleibt Wimmer nach einem Duell mit Jenz an der Strafraumgrenze liegen, doch das Spiel läuft munter weiter. Erst eine gefühlte Ewigkeit später taucht das VAR-Symbol auf dem Videowürfel auf, natürlich prompt begleitet von höhnischen „Ihr macht uns‘ren Sport kaputt“-Gesängen – und es gibt Elfer gegen Schalke, weil Jenz Wimmer auf den Fuß gestiegen ist. Inhaltlich eine vertretbare Entscheidung, dennoch stören solche verspäteten Eingriffe den Spielfluss enorm.

Arnold tritt an und verlädt Fährmann, doch offensichtlich irritiert das gellende Pfeifkonzert der Nordkurve den Wolfsburger Kapitän so stark, dass er den Ball an den Pfosten setzt. Das Schalker Publikum ist begeistert.

Schalke ist die bessere Mannschaft

Die Knappen bleiben im Vorwärtsgang, Zalazar, Skarke und Kozuki probieren mehrere Eckballvarianten aus, können Casteels jedoch nicht überwinden. Die Nordkurve supportet mit „Eine Stadt erstrahlt in Blau“ und „Auf geht‘s Schalke schieß ein Tor“.

In der 19. Minute titscht Bornauw im Strafraum der Ball an den Arm, doch diese Szene wird zum Ärger aller Schalker nicht einmal überprüft, obwohl der Verteidiger den Arm draußen hat und so seine Körperfläche vergrößert. Auch ein Foul von Baku an Skarke, der behandelt werden muss, bleibt seitens des Schiedsrichters ungeahndet, von der Nordkurve setzt es ein herzhaftes „Ihr seid nur ein *urensohnverein!“

Frey rackert um jeden Grashalm und bisweilen auch das Schienbein seines Gegenspielers Otavio und bekommt Szenenapplaus. In der 29. Minute sieht Wimmer für ein Foul an Uronen die erste gelbe Karte des Spiels. Steht auf, wenn Ihr Schalker seid…

Eine echte Torchance für Schalke dann in der 30. Minute: Lange Ecke von Zalazar auf Kral, doch der bekommt den Kopfball aber unter Druck nicht präzise unter Kontrolle. Schade! Ein Angriff von Krauß, der sich an der Seitenlinie gegen Svanberg behauptet, scheitert am Linienrichter, der das Leder irrigerweise im Aus gesehen hat. Die letzte Szene des ersten Durchgangs ist ein Fernschuss wiederum von Krauß, dann geht es mit Applaus in die Kabinen.

Und täglich grüßt das Murmeltier im Kölner Keller

In der Pause herrscht Einigkeit: Der Einsatz stimmt absolut, hoffentlich belohnt sich die Mannschaft noch mit einer Bude. Nach der Fanbox folgt der Plausch mit der Abteilung Fanbelange; Thomas Kirschner weist noch einmal auf die Versteigerung der Parkstadion-Memorabilia hin und bewirbt die Blau-Weiße Sprechstunde. Wer aktuell ein neues Schalke-Mitglied wirbt, erhält ein Trikot als Prämie; die Auswärtsinfo für die anstehende Partie bei Union Berlin kommt im Laufe der Woche. Für dieses Spiel gab es eine deutlich höhere Nachfrage als Tickets in der Alten Försterei vorhanden sind, so dass leider viele Schalker leer ausgingen.

Zum Wiederanpfiff kommt Bülter für den durch das Foul leicht angeschlagenen Skarke. Und bereits nach zwei Minuten brennt es im Wolfsburger Strafraum lichterloh, zunächst durch Bülter, dann köpft Kral wenige Zentimeter über das Tor (48.). Im allgemeinen Getümmel ist Zalazar im Zweikampf mit Baku liegengeblieben; die Szene wird jedoch nicht vom VAR überpüft (wäre ja auch für Schalke…), stattdessen sehen Zalazar und Gerhardt jeweils Gelb wegen Meckerns. Die Nordkurve wiederholt das Kompliment vom *urensohnverein und stimmt „Wir lieben alle nur den FC Schalke“ an.

Zwei Minuten später lässt der Jubel fast das Arenadach abfliegen: Ein langer Freistoß von Zalazar aus dem rechten Halbfeld findet Kral, der mit Links zur 1:0-Führung einschiebt (50.). Die Freude ist riesig – aber leider zu früh, denn der Kölner Keller ist wieder aufgewacht (geht ja schließlich gegen Schalke) und befindet nach langem Hin und Her, dass Kral um Millimeter im Abseits gewesen wäre. Eine mehr als harte Entscheidung, Thomas Reis tritt wutentbrannt gegen die Bande, die Kurve brüllt „Scheixx DFB!“

Bitte nicht zu früh freuen

Alle Wut hilft nichts, es bleibt beim 0:0. Wölfe-Coach Kovac bringt mit Lacroix, Nmecha und Paredes für Bornauw, Gerhardt und Wimmer gleich drei frische Spieler. Fährmann erweist sich gegen Kaminski als sicherer Rückhalt (64.), Jenz setzt einen Kopfball über den Querbalken (61.). Aydin ersetzt den ebenfalls leicht angeschlagenen Brunner (62.), die Nordkurve startet eine ausdauernde Schleife von „Immer wieder S 04“.

Die nächste Chance geht auf das Konto von Jenz, doch Casteels ist zur Stelle (66.). In der 72. gibt’s Hohngelächter, als Schiedsrichter Benjamin Brand ohne Fremdeinwirkung ausrutscht und auf dem Hosenboden landet. Drexler ersetzt Kozuki, der unter verdientem Applaus ausgepumpt vom Platz geht (73.).

Joker Drexler wird kurze Zeit später fast zum Matchwinner: Seine Vorlage nimmt Frey an und setzt den Ball in die linke Ecke, doch auch dieser Jubel erstirbt kurz darauf, denn die Fahne ist wieder oben. Sch…ade.

Kral (79.) und Zalazar (82.) drängen weiter auf das Tor, doch die Kugel will partout nicht über die Linie. Stattdessen gibt van de Ven den sterbenden Schwan, nach Meinung der Nordkurve deutlich zu lange, statt ihn zur Behandlung über die nahe Linie zu tragen, es setzt einige harte Sprechchöre.

Tor-Fluch bleibt bestehen

Die Wunderheilung gelingt, der angeblich halbtote van de Ven kann munter weiterspielen. Mit Guilavogui für Arnold und Terodde für Frex, der lautstarken Applaus für seinen Mega-Kampf bekommt, gibt’s noch einmal frisches Blut. Die Eckenbilanz steht mittlerweile bei 9:3, mit der guten alten Bolzplatzregel „3 Ecken 1 Elfer“ wären wir weiter.

Die Nordkurve fordert „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“, auch die Mannschaft wirft alles nach vorne. Es gibt satte sieben Minuten Nachspielzeit, die Nerven liegen blank – und der unsägliche Schiedsrichter pfeift zwar ein Foul an Jenz ab (90+2.), nimmt dadurch Schalke aber den Vorteil, denn dahinter hätte Terodde gelauert. Offensichtlich mag auch Thomas Reis bei so vielen einseitigen Entscheidungen gegen Schalke nicht mehr an Zufall glauben und meckert so lautstark, dass auch er verwarnt wird. Auch Guilavogui sieht noch Gelb, dann ist Schluss.

Der Mythos lebt!

Die dritte Nullnummer in Folge hilft Schalke tabellarisch auch nicht wirklich weiter, doch der Mannschaft ist kein Vorwurf zu machen, sie hat alles reingeworfen. Dementsprechend startet die Nordkurve umgehend das Bekenntnis „wir sind da, jedes Spiel, ist doch klar“ und setzt dann zum ersten Mal seit langem zu einem inbrünstigen „Mythos vom Schalker Markt“ an. Gänsehaut pur – in dieser Tabellensituation können nicht viele Mannschaften auf unverbrüchliche Treue ihrer Fans hoffen!

Doch Schalker halten ihr Versprechen, das UGE-Vorsänger Dennis der Mannschaft beim Abschlusstraining gegeben hat: Solange sie kämpfen, steht der 12. Mann unverrückbar hinter ihnen. „Blau und Weiß ein Leben lang“ und „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen!“ runden die Ehrenrunde ab.

Auffällige Einseitigkeit

Und jetzt mal Tacheles: Nein, wir stehen nicht wegen der Schiedsrichter auf Platz 18, das hat sich die Mannschaft durch mehrere unterirdisch schwache Spiele in der Hinrunde selber eingebrockt. Die penetrante Einseitigkeit, mit der die ganze Saison bereits jede Winzigkeit gegen Schalke seziert, überprüft und gepfiffen wird, während selbst hochstrittige Szenen zugunsten von Schalke nicht einmal überprüft werden, ist jedoch auffällig und muss thematisiert werden! Die Marschroute „Im Zweifel immer gegen Schalke“ begann bereits beim allerersten Saisonspiel in Köln und zieht sich wie ein roter Faden durch diese Spielzeit.