
Kaiserslautern – Schalke 1:0: Fans honorieren den kämpferischen Einsatz
10. August 2025Der FC Schalke 04 verliert das erste Auswärtsspiel der Saison aufgrund eines Elfmeters nach VAR-Eingriff mit 0:1 (0:0) beim 1. FC Kaiserslautern. Die rund 6.500 mitgereisten Schalkefans verlieren dennoch kein böses Wort, sondern spenden der Mannschaft nach dem Schlusspfiff lautstarken Applaus für den kämpferischen Einsatz, auch wenn nach vorne nicht viel ging. Susanne Hein-Reipen berichtet…
Topspiel des Tages, zwei Traditionsmannschaften mit starken Fanlagern: Schon früh füllt sich der große Park & Ride-Parkplatz KL-Ost/Schweinsdell mit Roten und Blauen, die friedlich Seite an Seite der Ankunft der Shuttlebusse entgegenschwitzen. Als um kurz vor 6 ein Servicemitarbeiter die Schranken hochmacht und die ersten Busse auf den Platz rollen, ist die Freude groß, denn 33,5 Grad machen durstig.
Nicht nur in den Bussen, auch bei der leckeren Wurst am „Servus“ und dem anschließenden „Aufstieg“ Richtung Betzenberg mischen sich rote Teufel und blaue Knappen komplett problemlos; auch die zahlreich vertretene Polizei heißt die Fans willkommen. Zahllose kreative Sticker beider Vereine säumen den Weg zum Gästeeingang am Werner-Liebrich-Tor, wo zwei Dixie-Klos dazu einladen, das Fahrbierchen nicht in der Botanik zu entsorgen.






Neue Dimension von Langsamkeit
Die Einlasskontrollen fallen sehr gründlich und langsam aus, denn es ist nur jedes zweite Tor geöffnet. Für eine ganz neue Dimension von Langsamkeit sorgen dann allerdings die von früheren Besuchen bekannten rundum vergitterten Cateringstände: Der Getränkenachschub an den „Nur-Getränke-Schnellreihen“ funktioniert noch halbwegs, für Wurst oder Frikadelle wird die Geduld auf eine seeehr harte Probe gestellt. „Immerhin haben sie die Otto-Rehhagel-Gedächtnisbecher entsorgt“ nimmt ein Schalker seinen knurrenden Magen mit Galgenhumor. Kleiner Trost: Wer durchhält, kann sich über eine leckere Feuerwurst freuen. Die Damentoiletten – ganze 3 Kabinen für einen 5.000 Köpfe starken Gästeblock – sind ausbaufähig.
Die Mannschaften werden lautstark auf dem Platz begrüßt. Die Heimkurve zieht ein riesiges Spruchband „Ich möchte kein anderes Trikot als das des FCK mehr tragen“ für einen sichtlich gerührten Jean Zimmer auf, die Gästekurve wirft sich während der Zeremonie ungerührt lautstark mit „Schalala Schalke“ dazwischen, eine kleine Rache für die Prollerei der Lauternfans beim Steigerlied zum St. Barbara-Tag.






Von der Pfalz in die Republik – seit 40 Jahren brennt der Betze
Das Kehlen-Ölen geht mit „Das Stadion bebt, wenn Schalke heute dieses Spiel gewinnt“ weiter. Der durchaus stimmgewaltige Stadionsprecher begrüßt derweil alle Zuschauer und verliest die Schalker Aufstellung; mit Ausnahme von Kurucay für den gelb-rot gesperrten Katic vertraut Chefcoach Miron Muslic der siegreichen Elf des letzten Wochenendes und geht mit Karius, Sanchez, Kurucay, T. Becker, V. Becker, El-Faouzi, Schallenberg, Gantenbein, Antwi-Adjej, Remmert und Sylla ins Rennen.
Nach dem Betzelied folgt die Aufstellung der Hausherren und ein weiteres schwer pfälzisch anmutendes Lied mit hochgereckten Schals, dann präsentiert die Westkurve ein großes Banner mit der Aufschrift „Von der Pfalz in die Republik – seit 40 Jahren brennt der Betze“, was natürlich zum Einlaufen der Mannschaften mit den entsprechenden Bengalos unter Beweis gestellt wird. Der Gästeblock startet derweil mit „Kohle unter uns‘ren Füßen, Schlote ragen hoch hinaus…“ eine lautstarke Dauerschleife eines Klassikers.






Viel Kampf, wenig spielerische Elemente
Die Geschichte der ersten Halbzeit ist schnell erzählt: Beide Mannschaften sind stets bemüht und mit vollem Einsatz bei der Sache, gefährliche Torchancen oder kreative Ideen bleiben jedoch absolute Mangelware. Nach jeweils einem Vorstoß von Hanslik (2.) und Kurucay (5.) folgt eine längere Durststrecke voller Mittelfeldgeplänkel, welches die Fans für einige Nettigkeiten („F-C-K“/“Scheiss FCK!“) und Support nutzen. Hurra, hurra, die Schalker die sind da…!
Schalke steht defensiv prima, Sanchez und Remmert kassieren Szenenapplaus für beherztes Einsteigen, nach vorne geht jedoch nix. Vielleicht hilft ja der „Königsblaue S 04“? Nach einer halben Stunde springen zumindest mal einige Szenen im Strafraum der roten Teufel heraus, doch weder Remmert noch Antwi-Adjejs noch Syllas Bemühungen werden von Erfolg gekrönt (32./33.).
Remmert muss kurz behandelt werden, kann aber zunächst weitermachen. Der Gästeblock supportet sich unermüdlich weiter durch das reichhaltige königsblaue Liedgut von „S! 0! 4!“ über „Auf geht‘s Schalke schieß‘ ein Tor“ bis zu „Stadion geh’n“ und „Schalke nur Du alleine“. Gantenbein holt sich für eine unnötige Grätsche die erste gelbe Karte des Spiels ab (41.), ihm folgt kurz darauf Gyamfi, der El-Faouzi einige Meter vor dem Strafraum abräumt. Den fälligen Freistoß nagelt über die Latte. Mit zwei Minuten Nachspielzeit und einem leistungsgerechten 0:0 geht es in die Kabinen.






Was bringt die zweite Halbzeit?
In der Pause gibt’s die offenbar unvermeidliche Werbung für einen Lohnsteuerhilfeverein nebst Ballhochhaltespielchen und Grüße von Fans für Fans. Der Anhang aus dem Ruhrpott freut sich über den gezeigten Einsatz und hofft auf den wiedergenesenen Kapitän Karaman, um die offensive aus dem Dornröschenschlaf wachzuküssen.
Die Schalker Spieler kommen früher wieder auf das Spielfeld, Höjlund ersetzt den leicht angeschlagenen Remmert. Der Gästeblock skandiert „Für die Jungs die draußen steh’n“, „Geh‘n mit Dir auf jede Reise“ und „Eine Stadt erstrahlt in Blau“.
Nach einer Ecke für den FCK will Schallenberg den Ball wegschlagen, erwischt aber Hansliks Bein. Das Spiel läuft jedoch weiter, bis Emreli an der Seitenlinie für ein rüdes Foul an El-Faouzi Gelb sieht (52.). Plötzlich erscheint das VAR-Symbol auf den Anzeigetafeln, Schiedsrichter Petersen trabt zum Monitor. Überprüft wird jedoch nicht der Tritt von Emreli, sondern die Szene davor und nach gründlichem Studium der Fernsehbilder befindet Petersen auf Gelb gegen Schallenberg und Elfmeter für Lautern.
Ritter behält im Duell mit Karius die Nerven und verwandelt zum 1:0 (55.). Der Gästeblock ist not amused über das späte Eingreifen des Kölner Kellers und motzt „Lautern-Schweine“ und „Ihr seid nur ein H****sohnverein“.






Immer Ärger mit dem VAR
Der königsblaue Auswärtsmob fängt sich schnell wieder und beschwört „Immer wieder S 04“, der Stadionsprecher freut sich über ein mit 49.327 Zuschauern ausverkauftes Haus. Nach einer Stunde muss Gantenbein angeschlagen vom Platz, für ihn kommt wie erhofft Kapitän Karaman und nordet direkt einmal Vitalie Becker ein. Höjlund sieht Gelb (66.).
Muslic versucht die nach wie vor lahmende Offensive durch Bulut und Bachmann für Kurucay und Antwi-Adjej zu beleben (70.), auch sein Gegenüber Lieberknecht – dessen ständiges Gehampel mit dem 4. Offiziellen im Gästeblock gar nicht gut ankommt – bringt mit Alidou und Skyttä zwei frische Kräfte.
Karaman setzt untermalt von „Schalke, ich bin für dich geboren“ eine Ecke über das Tor, Vitalie Becker und Skyttä sehen Gelb. Robinson ersetzt Ritter (81.) – und fliegt nach wenigen Sekunden direkt wieder runter, denn er rutscht mit offener Sohle und hoher Geschwindigkeit in Bachmann rein und räumt Ball und Gegner ab. Eine harte, aber gut vertretbare Entscheidung, trotzdem meldet sich der Keller des Grauens und nach der VAR-Prüfung nimmt Petersen die rote Karte zurück und zeigt „nur“ Gelb (85.). Die Schalker Fans haben derweil Schaum vor dem Mund, weil der VAR in Ermangelung einer klaren Fehlentscheidung überhaupt nicht hätte eingreifen dürfen und brüllen „Scheiss DFB!“.






Schalke rennt dem Rückstand hinterher
Beide Trainer bringen mit Lasme (für Sanchez) und Elvedi und Kleinhansl nochmals frische Spieler – und es gibt satte 12 (!) Minuten Nachspielzeit, weil einige Lauterer Spieler im zweiten Durchgang mehr auf dem Rasen lagen als standen.
Schalke müht sich weiter, kann aber keine wirklich gefährliche Strafraumszene kreieren. Bachmann holt sich für eine Frustgrätsche gegen Sirch auch noch Gelb ab (90+4.), auch FCK-Sportdirektor Klos darf sich wegen lautstarken Meckerns an der Seitenlinie in die Liste der Sünder eintragen (90+10.). Den Schlusspunkt setzt Alidou, der völlig freistehend das 2:0 liegenlässt (90+12.). Es bleibt beim 1:0 für den FCK.
Starke Ansage von Muslic
Durch das Spiel haben nun beide Mannschaften nach dem 2. Spieltag drei Punkte und ein ausgeglichenes Torverhältnis. Schalke belegt in der noch jungen Tabelle Rang 9, der FCK ist 11.
Das Spiel hat die Schwächen der Schalker Offensive deutlich gezeigt, trotzdem spenden die Fans der Mannschaft lautstarken Applaus für den gezeigten Einsatz. Anders als bei den beiden blutleeren Auftritten der letzten beiden Saisons hat das Team von der ersten bis zur letzten Minute gekämpft. Mit „Auf geht’s Schalke Kämpfen und Siegen“ wird direkt die Marschroute für die nächsten Spiele festgelegt.
Trainer Miron Muslic ist ebenfalls wieder mit vor der Kurve und bedankt sich für den Support, egal, ob einige „Journalisten“ daran etwas zu Meckern haben. In der folgenden Pressekonferenz verzichtet Muslic komplett auf Schiedsrichter-Kritik, um keine Ausreden zu suchen, stellt aber unmissverständlich klar, dass der Mannschaft kein Vorwurf zu machen ist.
