Fürth/VAR – Schalke 3:3: Karius-Verletzung als Wermutstropfen in furioser Aufholjagd

Fürth/VAR – Schalke 3:3: Karius-Verletzung als Wermutstropfen in furioser Aufholjagd

31. März 2025 Aus Von Susanne Hein-Reipen

Die SpVgg Greuther Fürth und der FC Schalke 04 trennen sich in einem spielerisch dürftigen und defensiv teilweise vogelwilden, aber sehr ereignisreichen Zweitligamatch mit 3:3 (2:1). Die Freude über den späten Ausgleich wird getrübt durch die Verletzung von Keeper Loris Karius, der kurz vor der Pause mit starken Beschwerden in der Wade verletzt ausgewechselt werden muss. Susanne Hein-Reipen berichtet…

Wie bereits im Vorjahr nutzen viele Schalker das Duell mit der „Westvorstadt“ für ein Wochenende bei den Freunden in Nürnberg. Von dort ist die Anreise nur ein Katzensprung, so dass genug Zeit für ein Frühstück unter Königsblauen in der Bäckerei Beck bleibt, die neben Kaffee und leckeren Backwaren auch Bier in der Kühlung hat. Unter die vielköpfige königsblaue Meute mischen sich auch etliche weinrote Glubberer.

Unsere Lieder für Kurve, Stadt und Verein – nicht für Euch Derbyversager!

Der Gästeeingang öffnet nicht wie üblich zwei Stunden vor Spielbeginn, sondern erst 90 Minuten vorher, aber immerhin befinden sich auf dem Vorplatz bereits WC-Container. Die Stickerlandschaft wird dominiert von Magdeburg und Braunschweig, die unlängst ihre Visitenkarten im „Sportpark Rohnhof Thomas Sommer“ abgegeben haben.  Die Einlasskontrollen sind kurz und schmerzlos; viele weibliche Gäste können sogar gänzlich unkontrolliert passieren.

Für leichte Irritationen sorgt ein Herr, der im Strafraum vor dem Gästeblock seelenruhig mit einem handelsüblichen Laubbläser welkes Laub wegpustet. Die gegenüberliegende Fankurve der Kleeblätter firmiert unter zwei großen Dauernbannern „Diese Stadt und ihr Verein werden immer unsere Liebe sein“ und „Unser Kleeblatt wird niemals untergehen“ und zieht zudem noch ein Spruchband „Freiheit für Ultras“ auf.

Nachdem die Fürther Torhüter zum allseits bekannten „Jump!“ zum Warmmachen auf das Spielfeld gekommen sind, wird deutlich, dass beide Mannschaften vom letzten Spieltag etwas gutzumachen haben: „Unsere Lieder für Kurve, Stadt und Verein – nicht für Euch Derbyversager!“ heißt es für Fürth, die Schalker Mannschaft wird von Ihren Fans direkt mit „Auf geht’s Schalke, kämpfen und siegen!“ empfangen.

Frühe Führung für den S 04

Der Stadionsprecher plaudert ein wenig mit einem jungen Fan, dann gibt es die königsblaue Aufstellung: Chefcoach Kees van Wonderen beginnt mit Karius, Murkin, Sanchez, Schallenberg, Gantenbein, Seguin, Bachmann, Antwi-Adjej, Karaman, Aydin und Ba. Der Stadionsprecher bittet die Heimfans um Unterstützung (?!), trotzdem ist bei der Aufstellung der Gastgeber der von der Gästekurve ins Spiel gebrachte uncharmante Familienname lauter und auch die „Kleeblatthymne“ wird streckenweise von „Schalke und der FCN“ übertönt.

Die Mannschaften kommen auf das Spielfeld und der Gästeblock legt mit dem „königsblauen S04“ und „Olé Blau-Weiß“ los, während Maskottchen Eddy – offenbar wird Franken von niedlichen grünen Drachen bevölkert – kleine Fürther und Schalker gleichermaßen knuddelt.  Auf dem Rasen hat Schalke Anstoß und durch Antwi-Adjej auch den ersten Abschluss, allerdings ans Außennetz (3.). Kurz darauf ersticken der heimischen Kurve die „Kleeblatt! Kleeblatt“-Rufe in der Kehle, denn Karaman nutzt einen Rückpass aus der Hölle von Massimo auf der Seite eiskalt aus und befördert den Ball gekonnt aus spitzem Winkel zum 0:1 ins linke Eck 89.). Jaaaa!

Immer Ärger mit dem VAR

Die Freude im Gästeblock und den darum herumliegenden blau dominierten Blöcken ist natürlich groß, hält jedoch trotzt sofort eingeleitetem „Stadion geh’n, im Pappbecher Bier…“ nicht lange, denn Massimo befördert im Gegenzug einen Flugkopfball ins Schalker Tor (11.). Die Fahne war oben, aber der Kölner Keller mischt sich ein und befindet nach mehrminütiger Wartezeit, in denen die Fans aus dem Ruhrpott wie üblich „Ihr macht uns‘ren Sport kaputt…“ und „Scheiss DFB“ skandieren, dass das Tor doch zählt. Es steht also 1:1, was den Stadionsprecher freudig eskalieren lässt. Sein „Jetzt geht’s los“ soll sich kurz darauf als prophetisch erweisen.

Der Gästeblock stellt auf „Wir komm‘n vom Berger Feld“ um, auf dem Grün sind jetzt die Hausherren mit Klaus (16.) und Quarshie (17.) am Drücker; Kapitän Hrgota sieht im Duell mit Seguin die erste gelbe Karte der Partie (19.) und muss beim nächsten Spiel zuschauen. Itter setzt einen Freistoß von Consbruch an den rechten Pfosten (23.), dann kochen die Gemüter wieder hoch: Asta kommt im Laufduell mit Seguin im Strafraum zu Fall, der Schiedsrichter zeigt sofort auf den Punkt, obwohl keine Berührung vorlag. VAR? Fehlanzeige. Dann pariert Karius sowohl den Elfer als auch den Nachschuss von Srbeny mit spektakulären Paraden, ist dann aber doch machtlos, als Consbruch den zweiten Abpraller ins Tor spitzelt. Erneut schaltet sich der VAR ein, inwieweit Karius schon die Hand auf dem Ball hatte, doch auch dieser Treffer zählt (29.).

Karius muss verletzt vom Platz geschleppt werden

Der Fürther Block titelt „Immer an Eurer Seite, Freunde“, die Schalker stimmen „Geh‘n mit Dir auf jede Reise“, „S! 0! 4!“ und „Schalke, ich bin für dich geboren“ an. Auf dem Rasen geht es ziemlich wild hin und her; auch wenn spielerisch nur wenig gelungene Aktionen dabei herausspringen, muss man beiden Teams vollen Einsatz attestieren. Es gibt unter anderem wegen der mehrfachen langen Einmischung des VAR rund 6 Minuten Nachspielzeit – und die haben es nochmal in sich:

Ein langer Abschlag von Noll fliegt bis in den Schalker Strafraum, wo Klaus, Gantenbein und Schallenberg um den Ball kämpfen und der Fürther an der Strafraumkante etwas arg theatralisch zu Boden geht. Einen Elfmeter gibt’s dafür auch nach erneuter Rücksprache mit dem VAR nicht, doch Klaus hat im Fallen Karius mitgerissen, der sich sofort ans Bein greift und behandelt werden muss. Gestützt von den Schalker Medizinern humpelt er unter „Loris Karius“-Sprechchören vom Feld, für ihn kommt Heekeren.

Der Gästeanhang schaltet nach der Hiobsbotschaft trotzig in den „Wir kämpfen zusammen für den Club den wir so lieben“-Modus. In der Halbzeitpause ist Wundenlecken und Unverständnis darüber, dass sich der VAR für jeden „Kleinscheiß“ meldet, den höchst zweifelhaften Elfer aber nicht überprüft, angesagt. Das offizielle Halbzeitprogramm ist angenehm unaufdringlich und besteht aus einigen kickenden Kids und Grüßen von Fans.

Der Schlagabtausch geht weiter

Zu Beginn der zweiten Halbzeit feiert die Heimkurve mit „Danke Patrick! Für deinen Einsatz im Zeichen einer lebendigen Fankultur – hier ein letzter Bärendienst.“ und „Unersetzbar – danke für alles, Patrick“ ihren Fanbeauftragten Patrick Benninger ab; der Gästeanhang lässt nach wie vor zahlreiche Fahnen in dem unangenehm kühlen Wind wehen und intoniert „Schalke nur Du alleine“.

Van Wonderen ersetzt Bachmann durch Barkok, das vermeintliche schnelle 2:2 – Ba köpft eine Freistoßflanke von der rechten Seite völlig frei ins Netz – zählt wegen Abseitsstellung des Schützen zu Recht nicht (49.). Kurz darauf köpft Karaman köpft eine Hereingabe in den Fürther Strafraum, Noll und Ba geraten aneinander und können nur mit Mühe von ihren Mannschaftskameraden gehindert werden, sich an die Gurgel zu gehen. Der Gästeblock quittiert das Rudel höhnisch mit „Auf die Fresse“ und Wenn wir wollen, schlagen wir Euch tot“; Noll und Karaman sehen Gelb (53.).

Im Gegenzug läuft Schalke leider in einen schulbuchmäßigen Konter, den Srbeny alleine vor Heekeren zum 3:1 abschließt (54.). Fast zeitgleich erscheint auf der Videowand die Nachricht, dass Regensburg das nunmehr 2:1 gegen den FCN führt, die Fürther Fans jubeln, die Schalker sind frustriert. Für Frust sorgt auch, dass ein Handspiel von Massimo im Strafraum auch nach VAR-Prüfung nicht geahndet wird (64.).

Energieleistung im Schlussspurt

Van Wonderen reagiert und bringt Sylla und Donkor für Ba und Sanchez (65.), bei Fürth ersetzen ebenfalls mit einem Doppelwechsel Futkeu und John Srbeny und Consbruch, kurz darauf kommt Meyerhöfer für Asta. Der Stadionsprecher vermeldet ein mit 16.126 Zuschauern ausverkauftes Haus. Heekeren wirft sich eine von Gantenbein abgefälschte Flanke von Hrgota fast selber ins Tor, aber die Latte rettet (74.).

Younes kommt für Antwi-Adjej (75.), der Gästeblock setzt unverdrossen die „Lalalala FC Schalke 04 hey-ho“-Dauerschleife fort, obwohl alleine Klaus (76., 77., 78.) dreimal gefährlich vor Heekeren auftaucht. Doch die Oper ist bekanntlich erst vorbei, wenn die dicke Dame nicht mehr singt und so zwingt auf einmal ein Freistoß von Barkok über die Mauer Noll zu einer Glanzparade (83.), danach ist der Fürther Keeper machtlos und muss einen wunderschönen Schlenzer von Younes zum 3:2 passieren lassen (84.). Geht hier doch noch etwas…?

Schalke stellt jetzt tatsächlich auf Dauerfeuer um: Fallrückzieher Sylla über das Tor (88.), Noll klärt Freistoß von Murkin (89.), Noll kann haarscharf vor Sylla klären (90.), es gibt fünf Minuten Nachspielzeit obendrauf. In der 90+5. Minute dann tatsächlich das kleine Wunder: Karman verlängert eine Flanke von Seguin zum rechten Pfosten, wo Sylla den Fuß reinhält und das 3:3 erzielt. Der Gästeblock eskaliert, nur um kurz darauf wieder einmal Schiedsrichter Bauer abwinken zu sehen. Doch erneut meldet sich der Kölner Keller und – oh Wunder- sie befinden tatsächlich, dass das Tor zählt. Die restlichen Sekunden bis zum Schlusspfiff sind pure königsblaue Glückseligkeit.  

Schalke braucht endlich eine Abwehr

Zumindest für die Fans fühlt sich das späte 3:3 wie ein Sieg an, bringt aber natürlich trotzdem nur einen Punkt und Schalke und Fürth verbleiben mit jeweils 34 Zählern auf den Tabellenplätzen 11 und 12.

Als die Mannschaft vor die Kurve tritt, wird sie trotz der spielerisch dürftigen Darbietung für den Einsatz gefeiert, die Erleichterung ist den Spielern deutlich anzusehen. Van Wonderen spricht in der anschließenden Pressekonferenz fast allen Schalkern aus dem Herzen, als er feststellt „ Das war ein verrücktes Spiel heute. (…) Generell ist die Instabilität der Defensive das Hauptthema in dieser Saison. Was wir in der Abwehr heute gezeigt haben, war nicht in Ordnung und erlaubt uns nicht, Anspruch auf höhere Ziele anzumelden. (…) Die Jungs haben Charakter gezeigt, die Einwechselspieler haben sich gut eingebracht und uns einen Punkt ermöglicht, den wir eigentlich nicht mitnehmen können, wenn Fürth die Möglichkeiten besser genutzt hätte.“

Vielleicht kann Schalke ja im kommenden Heimspiel gegen Ulm zur Abwechslung mal 90 Minuten MIT Abwehr spielen…?