Fürth – Schalke 2:0: Unwichtige Niederlage und viel Liebe für Gerald Asamoah

Fürth – Schalke 2:0: Unwichtige Niederlage und viel Liebe für Gerald Asamoah

20. Mai 2024 0 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 verliert das sportlich bedeutungslose letzte Auswärtsspiel der Saison verdient mit 0:2 (0:0) bei der SpVgg Greuther Fürth. Über 5.000 mitgereiste Schalker Fans supporten trotz überschaubarer Leistung nicht nur volle 90 Minuten, sondern machen auch die Halbzeitpause durch. Der emotionale Höhepunkt folgt nach dem Schlusspfiff, als Vereinsikone Gerald Asamoah auf dem Podest gefeiert und beschenkt wird, bis kein Auge mehr trocken ist. Susanne Hein-Reipen berichtet…

Saisonfinale im schönen Frankenland, das nutzen viele Schalker gerne für einen Pfingst-Trip zu den Freunden in Nürnberg. Am Spieltag in der „Westvorstadt“ bringen kostenlose Shuttlebusse die königsblauen Fans vom Fürther Hauptbahnhof zum „Sportpark Rohnhof Thomas Sommer“. Kleines Manko: Die Busse sind zu früh vor Ort bzw. das Stadion öffnet zu spät – nicht wie allgemein üblich zwei Stunden vor Spielbeginn, sondern erst 90 Minuten vorher – und am Himmel braut sich ein kurzer, aber heftiger Schauer zusammen. Die Rettung ist die Bäckerei Beck, die nicht nur erstaunlich gelassen dutzenden Schalkern Obdach gibt, sondern neben sehr leckeren Backwaren auch genug Bierpullen in der Kühlung hat.

Container olé

Nach Öffnung der ersten Pforte wartet auch schon das Schalker Fanmobil, wo die zur Anwesenheitskontrolle geladenen Schalker ihre Visitenkarte abgeben. Die Einlasskontrollen sind zügig und fair; dahinter stutzt der arenaverwöhnte Anhang kurz: Die Toiletten und das Catering im Gästebereich ist in Containern untergebracht und zumindest die Damen-WCs sind so knapp geplant, dass Schalker Mädels drinnen „die Knie an den Ohren“ und bei Händewaschen eine Tür im Kreuz haben. Was uns nicht umbringt, macht uns härter…

Die Begrüßung für Torhüter und Mannschaft fällt durchaus laut aus; dann wird die Schalker Aufstellung verlesen – und die Anzeigentafel gesucht, die sich kurioserweise genau im Rücken des Gästesitzblocks befindet. Karel Geraerts hat sich offenbar dazu entschlossen, einigen Spielern aus der zweiten Reihe einen Einsatz zu schenken und startet mit Müller, Mohr, Matriciani, Cissé, van der Sloot, Schallenberg, Kabadayi, Tempelmann, Karaman, Topp und Lasme.

Kommt, wir kämpfen zusammen für den Club den wir so lieben

Der Gästeblock übt bereits fleißig das recht neue Lied „Kommt, wir kämpfen zusammen für den Club, den wir so lieben, auch wenn die Zeiten manchmal Scheisse sind und wir am Boden liegen, unser Traum von Schalke wird niemals untergeh’n…“; die Gastgeber verabschieden einige Spieler, die nach Leihe oder Vertragsende den Verein verlassen. Damit es nicht zu gefühlig wird, hilft der Gästeblock mit lautstarkem „FCN! FCN!“ nach.

Bei der Aufstellung der Gastgeber entrollt die Heimkurve eine grün-weiße Choreo „Das Kleeblatt im Herzen mit der Stadt im Rücken“; der Gästeblock startet eine Dauerschleife von „Schalke, ich bin für dich geboren“ und zieht eine Blockfahne mit der Aufschrift „Fußballclub Gelsenkirchen Schalke seit Neunzehnhundertvier“ auf. Der Spruch ist auch auf zahlreichen T-Shirt-Rücken zu lesen. Das Vereinslied der Fürther verschwindet hinter etlichen Rauchtöpfen und „Wir kommen vom Berger Feld“.

Torlose erste Halbzeit

Kurz einschwören und warten, bis der Qualm sich lichtet, dann rollt der Ball. Die ersten Minuten sind die Kleeblätter das aktivere Team, obwohl der Gästeblock unüberhörbar fordert „Auf geht‘ Blau-Weiß, holt Euch den Sieg für uns“. Kurz darauf hat Schalke eine dicke Doppelchance, doch Karaman bekommt Mohrs Zuspiel nicht richtig unter Kontrolle, der dahinter postierte Lasme tritt ein Luftloch (11.). Ein weiterer Schussversuch von Kabadayi wird von Jung ans Außennetz abgefälscht (12.); der sichtlich motivierte Topp sieht für einen Tritt gegen Asta die erste gelbe Karte des Spiels (14.). Eine weitere Großchance von Kabadayi klärt Fürth-Keeper Urbig im 1.1 (20.).

Der Gästeblock geht vom „Königsblauen S 04“ über „Schalke ist der geilste Club der Welt und die Attacke zu „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ über; Tempelmann zieht Gelb wegen Haltens gegen Consbruch (26.). Lasme scheitert an Urbig (30.); Cissé rettet gegen Sieb (31.). Lasme wird ebenfalls wegen eines Fouls an Consbruch gelbverwarnt (34.).

Ein spielerischer Leckerbissen ist die Partie nicht, Zeit für weiteres königsblaues Liedgut: „Um die halbe Welt sind wir gefahr’n…“, „Schalke ist die Macht“, „Gelsenkirchen ist‘ne schöne Stadt“ und Oppa Pritschikowski werden textsicher an den Mann gebracht. Zwei weitere Chancen von Sieb (41., 45+2.) später ist die erste Halbzeit beendet, es geht torlos in die Kabinen.

Spielpause heißt noch lange nicht Supportpause

Der Gästesteher lässt sich vom Halbzeitpfiff nicht im Geringsten stören, die UGE trommeln und singen einfach weiter, „Schalke 04 olé olé“ ist angesagt. Der Rest ist einfach froh, dass der Klassenerhalt bereits beim VfL Osnabrück klargemacht wurde und nicht mehr gezittert werden muss. Das „Halbzeitprogramm“ ist angenehm unaufdringlich und besteht aus den Ergebnissen der anderen Plätze, einigen Geburtstagsglückwünschen und ein paar kickenden Kindern.

Beide Mannschaften kommen personell unverändert wieder auf das Spielfeld; ebenso unverändert qualmen erneut Rauchtöpfe im Heimbereich und sorgen für eine kurze Spielunterbrechung. Lasme setzt einen Abschluss genau in die Arme von Urbig (50.), dann reihen sich Kabadayi und van der Sloot in die Reihe der Gelbsünder ein (54./55.) Der Gästeblock stimmt „ESS! NULL! VIER!“ und „Uns‘re Fahnen weh‘n im Wind“ an.

Urbig klärt gegen Topp (57.), die Schalker Abwehr trennt Sieb vom Ball (59.) und der Stadionsprecher redet ebenso eindringlich („Ihr schadet unserem Verein, diese Kosten wollen wir nicht tragen müssen!“) wie erfolglos auf die heimischen Ultras ein, das Abbrennen von Pyrotechnik zu unterlassen. Kaum ist ein Bengalo verloschen, flammt bereits der nächste auf. Der Gästeblock setzt nach wie vor mit der Attacke und „Wir kommen aus Gelsenkirchen“ mehr auf akustischen Support.

Hrgota und Lemperle bringen die Entscheidung

Eine Behandlungspause von Srbeny, der einen scharfen Ball von Mohr auf die Rippen bekommen hat, nutzen die Fürther Fans für eine weitere Ladung Pyro; zudem wechselt Geraerts mit Seguin und Idrizi für Tempelmann und Kabadayi zwei frische Spieler ein (64.).

Kurz darauf jubeln jedoch die Fürther: Über Urbig kommt das Leder zu Lemperle, der Cissé vernascht und sich mit van der Sloot duelliert. Der junge Niederländer kann den Abschluss zwar blocken, liefert dabei aber ungewollt die Vorlage für Hrgota, der den Ball von der Strafraumgrenze zum 1:0 in die Maschen setzt (67.). Es folgts die übliche Pyroshow nebst Ermahnung und ein Doppelwechsel – Müller und Haddadi für Sieb und Consbruch – bei den Hausherren.

Mit 16.126 Zuschauern vermeldet der Stadionsprecher ausverkauftes Haus, obwohl auf der Haupttribüne ein ganzer Block nur von zwei Handvoll Polizisten bevölkert wird. Der Gästeblock steckt den Rückstand ohne mit der Wimper zu zucken weg und beschwört „Schalke nur Du alleine bist meine Liebe“ und „Für deine Farben leben und sterben wir“, dazu gibt’s noch einige Spitzen gegen die recht leise Heimkurve: „Warum seid ihr H*ren so leise…?“

Kaparos ersetzt Cissé (79.), Karaman setzt eine schöne Flanke von Idrizi per Kopf an den Pfosten (80.), Petkov darf für Srbeny ran und plötzlich steht es 2:0, weil Petkov an Kaparos vorbeigeht und Lemperle in Szene setzt, der Müller aus nächster Distanz tunnelt (82.).

Selten war ein Ergebnis so nebensächlich

Allen ist klar, dass die Partie nunmehr entschieden ist, auch wenn Karaman Urbig noch einmal zu einer Glanzparade zwingt (88.). Der Gästeblock rollt die Blockfahne hoch und runter und runter und hoch und beschwört „Schalke 04, für jetzt und alle Zeit“, „Schalke und der FCN“ und „Wir sind da, jedes Spiel, ist doch klar“. Bulut darf sein Profidebüt feiern, für ihn verlässt van der Sloot den Rasen (90.). bei Fürth ersetzt Green den angeschlagenen Petkov.

In der sechsminütigen Nachspielzeit wird Urbig, der nach dem Ende seiner Leihe zum 1. FC Köln zurückkehrt, unter lautstarkem Applaus gegen Schaffran ausgetauscht, der Heimblock titelt „Alle in Weiß zum 1. Heimspiel und Green setzt mit einem Pfostentreffer den Schlusspunkt (90+5.), dann ist die Zweitligasaison 2023/2024 endlich Geschichte.

Haken dran und Asa feiern

Schalke belegt letztlich mit 43 Punkten einen versöhnlichen 10.Platz, doch die meisten Fans wollen von der langen Zittersaison möglichst nix mehr hören. Dementsprechend kurz fällt der Dank an die Mannschaft, die heute wieder in puncto Laufleistung und Zweikampfverhalten viel Luft nach oben offenbart hat, aus – gefeiert wird viel lieber Gerald Asamoah, der den Verein zumindest zunächst verlässt.

Nachdem Blondie mit „Gerald Asamoah, ohoho“ aus dem Funktionsteam heraus und zwischen Mannschaft und Kurve gelockt wurde, gibt’s minutenlange Ovationen, einen Platz auf dem Zaun, ein Präsent als Erinnerung und viele Klöße im Hals. Spätestens, als Asa sich auf dem Rückweg vor der Kurve verbeugt, dann in die Knie geht und versucht, seine Tränen im Rasen zu verbergen, haben auffällig viele gestandene Mannsbilder etwas im Auge… 

„Der Fall Asamoah“ zeigt allen, die auch in der nächsten Saison das Trikot des FC schalke 04 tragen wollen, worauf es ankommt: Alles geben, das Herz auf dem Platz lassen, dann stehen abertausende Schalker auch unverbrüchlich hinter Dir! In diesem Sinne: Eine erholsame Sommerpause, Anfang August geht der ganz normale Schalker Wahnsinn wieder los.