Fortuna – Schalke 2:0: „Mannschaft“ lässt auch Fimpel hängen

Fortuna – Schalke 2:0: „Mannschaft“ lässt auch Fimpel hängen

11. Mai 2025 0 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 verliert das letzte Auswärtsspiel der Saison mit 2:0 (0:0) bei Fortuna Düsseldorf und kassiert einmal mehr ein gellendes Pfeifkonzert der rund 15.000 mitgereisten Fans. Durch den gleichzeitigen 3:0-Sieg der SV Elversberg über Eintracht Braunschweig ist der königsblaue Klassenerhalt jedoch mit einer um 3 Punkte und 14 Tore besseren Bilanz gesichert. Susanne Hein-Reipen berichtet…

Blaukäppchen on tour

Bei Superwetter macht sich schon früh eine große königsblaue Horde auf den kurzen Weg in die Landeshauptstadt, denn der geplante Entlastungszug von Gelsenkirchen nach Düsseldorf fiel kurzfristig aus. Vor Ort wird schnell klar, dass sich die überwältigende Mehrheit an die Bitte „alle im Trikot nach Düsseldorf“ der Ultras Gelsenkirchen gehalten haben. Gemeinsam wird dann bei Wurst und Bier ungeduldig auf den angekündigten Mottoartikel gewartet.

Knapp zwei Stunden vor Spielbeginn lüftet sich das Geheimnis: Einheitliche Fischerhüte für alle, dieses Mal in kleidsamem Königsblau mit der Aufschrift FC Schalke 04 und dem Vereinswappen in Weiß. Für schlanke 5 Euro schlagen bis auf einige wenige alle Fans zu, so dass sich ein vielköpfiger blauer Lindwurm Richtung Gästeeingang wälzt. Mit Hut am Start ist auch Janik Bachmann, der wegen einer Muskelverletzung nicht im Kader steht.

Am Gästeeingang kommt es zu einigen Verzögerungen, besser sieht es bei den Schalkern aus, die in den angrenzenden Blöcken auf der Nordtribüne Platz gefunden haben. Die für alle Geschlechter offenen Toiletten heißen in Düsseldorf Familien- statt Gender-Toiletten und erfreuen sich ungebrochener Akzeptanz. Altbier ist und bleibt Geschmackssache; die „Riesenkrakauer“ hingegen wird allgemein nicht als riesig, aber sehr lecker getestet. Kauend philosophieren zwei Schalker aus Hamm über den „ersten Fortuna-Roman“: „Bei uns wär‘ datt nen Thriller!“- „Tragödie meinze wohl?!“

Schon als Kind zogst Du mich in Deinen Bann

Bekanntlich verfügt die „Merkur Spiel Arena“ formerly known as LTU- und Esprit-Arena über bunte Sitze, die auch bei halbleerer Besetzung volles Haus vortäuschen sollen, diese wären aber heute nicht nötig, die Hütte ist mit 51.500 Zuschauern bereits seit Wochen ausverkauft. Los geht’s mit einer kurzen Begrüßung und einem dringenden Appell gegen Becherwürfe.

Die Torhüter und Mannschaften kommen zum Aufwärmen auf den Platz und werden vom jeweiligen Anhang mit Applaus begrüßt. Interimstrainer Jakob Fimpel kommt offensichtlich blendend gelaunt kurz vor die Gästekurve und zieht ebenfalls mit dem Fischerhut ab. Langsam macht sich der Gästeblock warm und stimmt „Auf geht‘s Schalke kämpfen und siegen“, die Attacke, „Für die Jungs die draußen steh’n“ und „Schaaaalke und der FCN“ an. Als Startelf hat sich Jakob Fimpel für Heekeren, Murkin, Kaminski, Schallenberg, Bulut, Grüger, Mohr, Antwi-Adjej, Younes, Karaman und Sylla entschieden.

Über der Südkurve senkt sich eine große Blockfahne „Schon als Kind“ mit einem Jungen mit Fortunafahne auf ein rot-weißes Fahnenmeer herab, die zum Einlaufen der Mannschaften durch einen rot-weißen Wirbel aus tausenden Papptafeln und ein Banner „zogst du mich in deinen Bann“ ersetzt wird. Der Gästeblock zieht derweil einen gigantischen königsblauen FC SCHALKE 04 Schal zwischen Unter- und Oberrang auf, dazu ertönt unter tausenden Fischerhüten „FC Schalke 04 olé-olé“.

Vermeintliche Fortuna-Führung ist Abseits

Schalke hat Anpfiff, danach ist erst einmal gegenseitiges Abtasten angesagt. Der Gästeblock meldet sich mit „Hurra hurra, die Schalker die sind da“ und „Wir komm‘n vom Berger Feld“ an, gegenüber kommt nach dem Einrollen der Choreo-Utensilien wieder das bekannte Banner „Ewige Liebe Fortuna geschwor‘n/Seite an Seite immer nach vorn“ zum Vorschein. Zwei erste Schussversuche durch Gavory (8.) und Johannesson (12.) bringen noch keine Gefahr für Heekeren im Schalker Tor.

Das „For-tuuu-naaa“ von der Südkurve kontert die Gästekurve mit „Eine Stadt erstrahlt in Blau“ – und plötzlich steht es 1:0, denn Brederode verwertet eine Vorlage von Kownacki nach Gavory-Flanke per Volley unerreichbar für Heekeren ins rechte Eck (13.). Sofort flammen einige rote Bengalos auf, der hinlänglich bekannte Stadionsprecher schreit ins Mikro – und der VAR befindet zu Recht, dass Flankengeber Gavory im Abseits stand.

Die Freude (und eine Portion Häme) im Gästeblock ist groß, sofort wird mit hochgereckten Schals der „Königsblaue S04“ und „Schalke nur Du alleine“ angestimmt. Ein Abschluss von Kapitän Karaman wird bereits weit vor dem Tor geblockt (17.), es gibt eine kurze Trinkpause; ansonsten ist in dieser Phase so wenig los, dass die Ergebnisse von den anderen Plätzen interessanter werden: Elversberg führt bereits 3:0 gegen Eintracht Braunschweig, was Fortuna unter Zugzwang setzt und Schalke kolossal erleichtert.

Torlos in die Pause

Zu den Klängen von „S! 0! 4!“ setzt Bulut einen Abschluss nach Vorarbeit von Karaman genau in die Arme von Kastenmeier, der die Schalker Nerven bereits im Hinspiel arg strapaziert hat (23.). Kurz darauf hat Sylla eine Großchance für das 1:0 für Schalke, nachdem ihm Oberdorf im eigenen Strafraum den Ball genau vor die Füße grätscht, doch sein Schuss verfehlt die anvisierte linke untere Ecke um wenige Zentimeter (24.). Ein ähnliches Missgeschick unterläuft wenig später Gavory, dem Schallenberg den Ball auf dem Silbertablett serviert: Das Schüsschen landet mittig bei Heekeren (29.).

Danach setzt es in kurzer Folge jeweils eine gelbe Karte für Haag (Foul an Younes) und Siebert, der Antwi-Adjej ziemlich rüde von den Beinen holt (35.). Der fällige Freistoß, musikalisch untermalt mit „Um die halbe Welt sind wir gefahr’n“ bringt nichts ein. Etwas brenzlig wird es in der fünfminütigen Nachspielzeit, wo Kaminski einen Schuss von Zimmermann von der Linie kratzt (45+2.), während sich die Fanlager ein wenig bepöbeln. Scheixx Fortuuuuna… Eine letzte Ecke, dann ist Halbzeit.

Der aktuelle Stand würde Schalke sicher in der Liga halten, so dass die Fans gegen die spielerische Dürftigkeit alle Augen und Hühneraugen zudrücken. Das offizielle Halbzeitprogramm besteht aus einer Art Fanbox und einem Torschuss- Geschwindigkeits-Wettbewerb für Kids.

Kownacki köpft Fortuna in Führung

Beide Mannschaften kommen personell unverändert für den zweiten Durchgang aufs Spielfeld zurück. Die blaubehütete Gästekurve stimmt „Geh‘n mit Dir auf jede Reise“ und „Wir lieben alle nur den FC Schalke“ an, die Südkurve grüßt mit einigen roten Bengalos und Stroboskoplichtern. Murkin wird für ein Foul an Zimmermann gelbverwarnt (47), die Schalker Offensivbemühungen durch Sylla (50.) und Younes (55.) sind zu harmlos.

Besser machen es leider die Gastgeber: Appelkamp tritt einen Eckball von der rechten Seite in den Strafraum, wo Kownacki höher springt als die Schalker Abwehr und zum 1:0 einköpft (57.). Fimpel reagiert sofort und bringt mit einem Doppelwechsel Aydin und Ba für Younes und Antwi-Adjej (60.). Ba vergibt kurz darauf eine Kontermöglichkeit ziemlich kläglich, obwohl der königsblaue Anhang lautstark mit „Immer wieder S04“ supportet.

Nunmehr bringt auch Fortuna-Coach Thioune mit Schmidt und Iyoha (für Kownacki und Haag) zwei frische Kräfte (68.). Schmidt kann kurz darauf nur mit Mühe von Schallenberg im Strafraum gestoppt werden (71.), Heekeren klärt gegen Johannesson (72.) – und plötzlich steht es 2:0: Iyoha legt auf der rechten Seite in den Lauf von Schmidt, der völlig unbedrängt zu van Brederode passen kann, der ebenfalls ohne Belästigungen durch die Schalker Defensive mit links ins Schwarze treffen kann (78.)

Schalker Fans wütend über mangelnde Gegenwehr

Erneut flammt Pyro in der Südkurve auf, während die Schalker wütend über so viel Passivität ihrer Mannschaft „1000 Trainer schon verschlissen, Spieler kommen, Spieler geh’n“ anstimmen. Aufgrund der wandernden Sonne sind etliche Ruhrpott-Mannsbilder mittlerweile dem alten Motto „1, 2, 3 oberkörperfrei“ gefolgt, aber die Fischerhüte sitzen noch.

Die Südkurve zieht ein Banner „Vereint gegen Betretungsverbote“ auf, Fimpel versucht sein Glück nochmal mit zwei Wechseln – Donkor und Höjlund ersetzen Bulut und Murkin -, bei Düsseldorf kommt Lunddal für van Brederode (81.). Kurz darauf müssen alle Königsblauen tief durchatmen, denn Schmidt versiebt völlig frei vor Heekeren das mögliche 3:0 (85.).

Thioune nimm mit einem weiteren Doppelwechsel (Affo und Hoffmann für Appelkamp und Gavory) noch etwas Zeit von der Uhr, aber die Schalker Mannschaft ist ohnehin nicht mehr in der Lage, sich ernsthaft aufzubäumen. Die Kurve schweigt frustriert, während die Heimfans genussvoll „Steht auf, wenn Ihr Fortunen seid“ und „For! Tu! Na!“ zelebrieren.

Mit anderthalb blauen Augen davongekommen

Nach 4 ereignislosen Minuten Nachspielzeit erlöst der Abpfiff alle Beteiligten, die Schalker Spieler lassen die Köpfe hängen und werden von Fimpel im Kreis mit einer offensichtlich emotionalen Ansprache bedacht. Beim Gang in die Kurve warten ein Pfeifkonzert, hochgereckte Mittelfinger und fliegende Becher, so dass sie schnell wieder umdrehen.

Fortuna wahrt durch den Dreier mit 53 Punkten die Chance auf den Relegationsplatz, allerdings müssten dafür Elversberg UND Paderborn mit je 55 Zählern patzen. Schalke bleibt mit 38 Punkten auf Rang 13 und kann bei 3 Punkten und 14 Toren realistisch nicht mehr von Braunschweig abgefangen und auf den Relegationsrang abgedrängt werden. Preußen und Fürth können Schalke hingegen noch überholen, was Rang 15 und Amateurtopf für den DFB-Pokal bedeuten würde.

Egal, was am letzten Spieltag passiert: Das Auftreten in Düsseldorf bestätigt, dass nicht Kees van Wonderen, sondern die Mannschaft das Problem war bzw. ist, trotz Fimpel wurden erneut 4 Kilometer weniger gelaufen als der Gegner und das Abwehrverhalten ließ SEHR zu wünschen übrig. Viel Arbeit für den designierten Sportvorstand Frank Baumann und den neuen Trainer…