Schalke – Elversberg 1:2: Fans wenden sich mit Hohn und Spott von der Mannschaft ab

Schalke – Elversberg 1:2: Fans wenden sich mit Hohn und Spott von der Mannschaft ab

19. Mai 2025 2 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 vergeigt auch das letzte Heimspiel der Saison mit 1:2 (0:1) gegen die SV Elversberg und wird über weite Strecken des Spiels vom eigenen Anhang mit höhnischen Gesängen und zugedrehten Rücken bedacht. Der Frust der treuen Fans über die vollkommen verkorkste Saison, an deren Ende mit Ach und Krach Platz 14 zu Buche steht, sitzt tief und endet in einem gellenden Pfeifkonzert. Susanne Hein-Reipen berichtet…

Letzter Heimspieltag, normalerweise der Tag für feuchtfröhliche Abschiedsfeten. Auch in diesem Jahr rollen Planwagen, Grillzubehör und reichlich Bier nach Gelsenkirchen, aber die meisten spülen in erster Linie den Frust über die vergangenen Wochen mit vier Niederlagen in den letzten fünf Spielen runter.

AR und Vorstand: Erneuter Abstiegskampf in Liga 2 – Das Ergebnis Eurer Arbeit!

An den Aufgängen zur Arena stehen Jungs mit Sammeleimern für Choreospenden, die nach der beeindruckenden Rückkehr der Heim-Choreos beim letzten Heimspiel gegen Paderborn („Nordkurve, der Mythos geprägt durch seine Fans“) guten Zulauf haben. Als Dankeschön gibt es einige Sticker mit den schönsten Fotos der Choreo.

Über der Arena schwebt ein Zeppelin, der in Gedenken an ein gewisses Flugzeug mit „Ein Leben lang, keine Schale in der Hand“ misstrauisch beäugt wird, statt fieser Banner aber nur Werbung eines bekannten Reifenherstellers spazieren fliegt. Beim Fanspiel messen sich die Allgäu Schalker e. V. Oberstdorf 2009 e. V. mit dem Schalke Fanclub Coburg, das Minimatch gewinnt die königsblaue U9 mit 9:1 U9 gegen die Altersgenossen der SG Wattenscheid, danach machen beide Teams gemeinsam die Welle mit der bereits gut gefüllten Nordkurve.

Kurz bevor die angekündigten Verabschiedungen losgehen, wird am Oberrang der Nordkurve statt des klassischen „Nordkurve Gelsenkirchen“-Transparents ein langes Banner mit der Aufschrift „AR und Vorstand: Erneuter Abstiegskampf in Liga 2 – Das Ergebnis Eurer Arbeit!“ entrollt – ein klares Anzeichen, dass auch die Geduld der Fanszene mit der aktuellen Vereinsführung nicht unendlich ist und neben den unbestreitbaren finanziellen Altlasten der Vorgänger auch eigene Fehler gemacht wurden.

Der Kuchen ist alle, danke Ralle!

Dann geht es an die Verabschiedungen, Michael Langer, Dominick Drexler, Mehmet Can Aydin, Marcin Kaminski, Aymen Barkok (bei ihm ertönen Pfiffe), Tobias Mohr und Ralf Fährmann werden mit einer kurzen Bilanz ihrer Spiele für Schalke ans Mikro gerufen und bekommen von Vorstand Matthias Tillmann und Sportdirektor Youri Mulder zur Erinnerung eine Collage überreicht. Insbesondere bei Ralle Fährmann, der mit kurzen Unterbrechungen seit 22 Jahren im Verein war, ist der Applaus groß und er kann noch einmal auf eine Arenarunde gehen. Ein Banner „Der Kuchen ist alle, danke Ralle“ spielt auf das „Kuchengate“ an.

Während sich beide Teams warmmachen, wird die Verlängerung des Sponsorenvertrags mit HRS, vertreten durch CEO Tobias Ragge, verkündet. Als Matthias Tillmann den Deal loben will, gibt’s ein heftiges Pfeifkozert, das ihn sichtbar schlucken lässt. Mit 62.077 Zuschauern ist die Arena nahezu ausverkauft.

Vom Band ertönt „Ob ich es verroste und verkalke“, der langjährige Sicherheitschef Volker Fürderer wird von den Quatschern in den Ruhestand verabschiedet und die Ultras zeigen, nur für die Nordkurve lesbar, ein Banner mit der Botschaft „Auswärts wie zuhause: Der einzige Lichtblick sind wir Fans“.

Choreo und musikalische Anleihen bei besseren Zeiten

Nach Verlesung der Aufstellung der Elversberger gibt es das Steigerlied, bei dem auch die Gäste fleißig mitsingen und -wedeln, denn auch das Saarland blickt auf eine Bergbautradition zurück. Dann folgt das Vereinslied „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ – und pünktlich zum Einmarsch der Mannschaften erscheinen in der Nordkurve („FUSSBALLCLUB“), Gegengeraden („GELSENKIRCHEN-SCHALKE“) und Südkurve („SEIT 1904 E. V.“) riesige Banner, die jeweils den blauen Oberrang vom weißen Unterrang absetzen.

Geschätzte 95 % der Arenabesucher haben sich an die Bitte „oben alle in Blau, unten alle in Weiß“ gehalten, so dass die wenigen Trotzköpfchen, die sich keinesfalls „von den Ultras vorschreiben lassen, was sie anziehen“ das Bild kaum stören. Musikalisch unterlegt wird das Spektakel mit „Ich hab‘ mein Herz verloren an einen Fußballclub“ und „Wer nicht hüpft, der ist Borusse“. Die Schalker Aufstellung – Heekeren, Murkin, Kaminski, Bulut, Gantenbein, Schallenberg, Grüger, Mohr, Aydin, Karaman und Sylla – gerät akustisch etwas ins Hintertreffen.

Schalke hat Anstoß – und die Nordkurve bläst direkt einmal den Eurofightersong „Wir schlugen Roda“ raus. Zwei leichte Berührungen von Bulut und Mohr an Asllani und Petkov bleiben zu Recht ungeahndet. Das Spiel bietet noch keine Höhepunkte, so dass genug Zeit für Musik aus besseren Tagen bleibt: Auf „Stadion geh’n“ und „Hier regiert der S 04“ folgt „Königsblaue Eurofighter, sind Europas Spitzenreiter, Schalke ist gut, Schalke ist toll…“.

Der zweite Anlauf bringt Schalke in Rückstand

Viele Fans verfolgen via Handy das Geschehen auf den anderen Plätzen, so dass die Nürnberger Führung in Braunschweig allseits bejubelt wird. Weniger gut kommt die Führung der mit dem schwarz-gelben Erzrivalen befreundeten Kölner weg.

Doch auch auf dem eigenen Platz geht es weiter: Sahin setzt einen satten Volley aus knapp 25 Metern über Heekeren hinweg ins linke obere Toreck, doch einige Minuten später kassiert der VAR das vermeintliche 0:1 wegen einer Abseitsstellung von Petkov im Vorfeld wieder ein (18.). Die Freude der Schalker darüber währt jedoch nicht einmal zwei Minuten, denn über Asllani kommt der Ball zu Petkov, der ungestört aus ähnlicher Torentfernung abziehen und den Ball knapp unter die Latte setzen kann, das 0:1 in der 20. Spielminute.

Danach wird das Spiel etwas lebhafter, doch weder Mohr (23.) und Karaman (25.) noch Asllani (27., 29.) ist ein Treffer vergönnt. Die Nordkurve koppelt den Support jetzt völlig vom Geschehen auf dem Rasen ab und intoniert „Und ist der Feind gestorben“, „Tod und Hass dem BVB“, „Tausend Trainer…“ und „Die Nummer 1 im Pott sind wir“.

Fans wenden sich von der Mannschaft ab

Le Joncour sieht für ein Foul gegen Sylla die erste gelbe Karte des Spiels (38.), während die Nordkurve den „Königsblauen S 04“ singt. Einen Fehlschuss von Mohr (40.) später ist es dann passiert: Die treuen Fans in der Nordkurve drehen der Mannschaft den Rücken zu und performen abgewandt die „Asozialen Schalker“, den Schalkewalzer und „Wer nicht hüpft“. Zu viele gruselige Darbietungen in dieser Saison haben die Geduld restlos aufgebraucht.

Pinckert bekommt für ein Foul an Aydin seine 10. Gelbe der Saison und muss im Relegationshinspiel zuschauen; den folgenden Freistoß klärt Kristof gegen Karaman (45.). Die Nordkurve amüsiert sich derweil mit einem „Schei** BVB“-Wechselgesang zwischen Ober- und Unterrang. Kaminski und Bulut kratzen noch einen Schuss von Asllani für den bereits geschlagenen Heekeren von der Linie (45+2.), dann geht es mit dem 0:1-Rückstand und einigen Pfiffen zum Pausentee.

Ungeachtet der Bemühungen in der Fanbox sehnen die meisten Schalker einfach nur das Spielende herbei und wollen von dieser Saison nichts mehr sehen oder hören. Für das Team Fanbelange haben Dirk und Kirsche heute Stefan Barta zu Gast, dessen „Schalker Echo“ seit einem Jahr vielen Schalkern ein hochwillkommener Nachfolger für die eingestellte Papierversion des Schalker Kreises ist. Im Trainingslager wird es wieder zahlreiche Aktionen für mitreisende Fans geben.

Fans flüchten sich in Sarkasmus

Beide Mannschaften kommen personell unverändert wieder auf den Rasen, die Nordkurve bläst zur Attacke und setzt gerade zu „Der FC Schalke wird deutscher Meister und wir holen den Pokal“ an, als Heekeren bereits wieder hinter sich greifen muss: Neubauer kann unter freundlichem Geleitschutz der Schalker Defensive mit links Maß nehmen und den Ball mit Hilfe des rechten Innenpfostens zum 0:2 ins Tor bugsieren (47.). Nur zwei Minuten später liegt der Ball erneut im Tor, aber Asllani stand im Abseits (49.). Murkin räumt Baum ab und sieht Gelb (52.).

Die Schalkefans haben nun endgültig die Schnauze voll von der Saison und singen sarkastisch weiter „Der FC Schalke wird deutscher Meister und wir holen den Pokal“, „Der S 04 ist wieder da“ und, als Krönung, „Oh, wie ist das schön…“. Dazu erscheint ein schwarzes Transparent „Herzlichen Glückwunsch zum Klassenerhalt, Amas!“

Fimpel versucht nun, mit einem Doppelwechsel – Ben Balla und Antwi-Adjej für Gantenbein und Aydin (58.) – neuen Schwung reinzubringen, aber die nächste Chance geht wieder an die SVE, Asllani scheitert im Eins-gegen-eins an Heekeren (63.). Währenddessen rollt LaOla durch die Arena, mit ein bisschen Irrsinn erträgt man das Leben als Schalker eindeutig besser.

Historisch schlechte Platzierung – schöne Sommerpause, Ihr Versager

Lasogga kommt fast 6 Jahre nach seiner letzten Zweitligapartie für Grüger ins Spiel (70.) und wühlt sich mit wenig Luft und viel Einsatz zu einem Kopfballabschluss (74.). Die Nordkurve quittiert die Bemühungen der Mannschaft nunmehr mit „Oho international, Schalke International…“ und zieht ein riesiges Banner mit der Aufschrift „Historisch schlechte Platzierung – schöne Sommerpause, Ihr Versager!“ auf.

Zwei Doppelwechsel (Younes/Mohr, Donkor/Murkin – Schnellbacher/Zimmerschied, Rohr/Petkov) später spricht sich herum, dass Preußen Münster in Ulm führt und Schalke damit Platz 15 und den Amateurtopf für den DFB-Pokal ziert. Ein wütendes „Tausend Trainer schon verschlissen…“ ist die Reaktion, danach verstummt die Kurve.

Ein Schuss von Donkor wird zur Ecke geblockt (84.), die folgende Ecke von links kann Ben Balla zum 1:2-Anschlusstreffer ins Tor köpfen (85.), doch selbst das lockt kaum noch einen Schalker hinter dem Ofen hervor. Ein weiterer Doppelwechsel der SVE – Schmahl und Sickinger kommen für Asllani und Sahin – nimmt noch etwas Zeit von der Uhr, Antwi-Adjej sieht noch gelb für ein Foul an Sickinger und dann ist die Zweitligasaison 2024/2025 aus Schalker Sicht ENDLICH vorbei!

Applaus für Elversberg, Pfiffe für Schalke

Durch den späten Ausgleichstreffer für Ulm bleiben die Preußen doch hinter Schalke, das letztendlich mit 38 Punkten und -10 Toren auf Platz 14 und damit dem schlechtesten Tabellenplatz jemals abschließt. Der Frust darüber führt nach einem kurzen Applaus für die SVE, die sich auf die Teilnahme an der Relegation zur 1. Bundesliga gegen den FC Heidenheim freuen darf, zu einem gellenden Pfeifkonzert.

Kapitän Karaman nimmt noch einen Anlauf, den Fans für ihre 33 Spieltage lang gute Unterstützung Dank zu zollen, doch auch er scheitert an den ohrenbetäubenden Pfiffen und Pfui-Rufen und so schleicht die ganze Mannschaft schnell bedröppelt Richtung Kabinen. Zurück bleiben, symbolisch für eine verlorene Saison, ein sichtlich geknickter Erwin, der mutterseelenallein am Mittelkreis seine Fahne glättet und das Banner mit der vergifteten Botschaft „Schöne Sommerpause, Ihr Versager“. Man darf wirklich gespannt sein, was in der Sommerpause alles passiert und wie die Mannschaft zum Start in die neue Saison aussieht.