Fortuna – Schalke 0:2: Schalker Invasion überrollt auch Düsseldorf

Fortuna – Schalke 0:2: Schalker Invasion überrollt auch Düsseldorf

6. Dezember 2025 1 Von Susanne Hein-Reipen

Der FC Schalke 04 gewinnt das Auswärtsspiel bei Fortuna Düsseldorf verdient mit 0:2 (0:1) und bleibt unangefochtener Tabellenführer. Fast 25.000 mitgereiste Fans feiern bereits während des Spiels alles an die Wand, nach dem Schlusspfiff gibt es kein Halten mehr. Susanne Hein-Reipen berichtet…

Im freien Vorverkauf der Fortunen zeichnete sich ab, dass sich eine rekordverdächtige Zahl Königsblauer auf dem Weg in die Landeshauptstadt machen wird und so wird es ab Mittag eng auf den Straßen. Auf der Zielgeraden zu den Parkplätzen der „Merkur Spiel Arena“ formerly known as LTU- und Esprit-Arena steht sogar der Schalker Mannschaftsbus im Stau.

Blau, soweit das Auge reicht

Anders als beim Gastspiel im Frühling gibt es hinter dem Gästeeingang dieses Mal nicht einen einzigen Getränke- oder Würstchenstand, nur einen Infostand der Fortuna und reichlich Polizei. Unter diesen Umständen möchten alle möglichst schnell ins Stadioninnere und so wälzt sich eine ständig länger werdende blaue Schlange durch zahlreiche Ticketkontrollen, Sperren und Vereinzelungsanlagen voran. Sogar der Würstchenstand vor der Glastür ist mit einem Schalker besetzt.

Die Düsseldorfer Arena verfügt bekanntlich über bunte Sitze, die auch bei halbleerer Besetzung volles Haus vortäuschen sollen, diese sind heute aber – wie immer, wenn Schalke on tour ist – nicht nötig. Bereits bei der Platzbegehung zeigen sich die Spieler konzentriert und gutgelaunt, vor allem die jüngeren Kicker hängen gebannt an den Lippen von Miron Muslic.

In der Kurve der Fortuna grüßt das Dauerbanner „Ewige Liebe Fortuna geschworn, Seite an Seite immer nach vorn“. Der Stadionsprecher begrüßt alle bereits Anwesenden und wird prompt von einem „Schalke, Schalke!“-Chor übertönt. Auch das Torhütertrio wird gebührend empfangen.

Viel Vertrauen in die Jugend

Nach einigen Statistiken folgt die Schalker Aufstellung. Da sich Ron Schallenberg mit einer Zerrung in die stattliche Zahl der Ausfälle einreiht, kommt Paul Pöpperl mit gerade einmal sechs Profi-Einsatzminuten zu seinem Startelfdebüt:  Karius, Kurucay, Katic, Ayhan, V. Becker, Pöpperl, El-Faouzi, Wallentowitz, Karaman, Antwi-Adjei und Sylla sollen es richten.

Auch die Schalker Feldspieler werden lautstark begrüßt. Am Mikro des Stadionsprechers gibt’s derweil ein Interview mit Günter „Schädel“ Thiele, der auf einen Sieg der Fortuna setzt.

Mit „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen“ werden kurz die Kehlen geölt und prompt durch eine überlaute Einspielung von „Altes Fieber“ der bekennenden Fortuna-Fans der Toten Hosen übertönt. Auch die Aufstellung der Hausherren wird ohrenbetäubend laut in das übersteuerte Mikro gebrüllt – und dann hört man von Fortuna fast nix mehr. Ohne technische Unterstützung geht die akustische Lufthoheit sofort an den Gästeblock, der fast die gesamte Gegengerade und Nordtribüne sowie etliche blaue Flecken auf der Haupttribüne umfasst. Los geht es mit „S! 0! 4!“ und „Um die halbe Welt sind wir gefahr’n“.

Die heimische Südtribüne unterlegt den Einmarsch der Mannschaften derweil mit einem üppigen rot-weißen Feuerwerk, während genau darüber auf der Anzeigetafel „Klare Ansage: Kein Pyro im Stadion“ aufleuchtet. Klappt eher so semigut.

Fortuna startet gut

Auf dem Rasen startet Fortuna besser als es der Tabellenstand vermuten lässt und hat durch Raimund und Muslija erste Vorstöße. El-Faouzi sieht früh Gelb, weil er Suso nur mit einer herzhaften Grätsche stoppen kann (13.). Beide Mannschaften gehen intensiv in die Zweikämpfe, was Itten eine Platzwunde und einen chicen Kopfverband einträgt.

Mit zunehmender Spieldauer kommt Schalke, lautstark unterstützt vom vielköpfigen Anhang mit „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“, „Kohle unter unsren Füßen“, der Attacke und „Wir komm‘n vom Berger Feld“ besser ins Spiel und hat durch Kapitän Karaman die bis dato beste Möglichkeit, aber Kastenmaier – gegen Schalke traditionell in bestechender Form – fischt seinen Schlenzer aus der Ecke (31.).

In der Ecke zwischen Süd- und Haupttribüne flammen etliche Stroboskopblitze auf, der Gästeblock setzt weiter auf akustische Unterstützung. Der Wechselgesang SCHALKE! – NULLVIER! unterstreicht das „Heimspiel in Düsseldorf“. Muslija sieht Gelb für ein Foul an Antwi-Adjej (39.).

Foulelfmeter bringt die Pausenführung

Weiter geht es mit dem gewohnten Bild: In der Heimkurve raucht es, im Gästeblock wird gesungen, „Schalke, ich bin für dich geboren…“. Als sich beide Fanlager bereits auf ein torloses Remis zur Halbzeit eingestellt haben, wird es hektisch: Einwurf Antwi-Adjei, Katic verlängert zu Kurucay, dessen Kopfball kann Kastenmeier nur nach vorne parieren. Beim Kampf um den Abpraller trifft Oberdorf Katic mit deutlich zu hohem Bein im Gesicht – Schiedsrichter Felix Prigan zeigt zu Recht sofort auf den Punkt, zudem gibt es Gelb für den lautstark protestierenden Oberdorf. Beide Entscheidungen haben auch nach Konsultation des VAR Bestand.

Karaman tritt zum Elfer an und schießt so platziert halbhoch nach rechts, dass Kastenmaier trotz „richtiger Ecke“ machtlos ist, das 0:1 in der 45+2. Minute. Im Gästeblock eskaliert die Freude in zahlreichen fliegenden Bierbechern und glücklich herausgebrüllten Ruhrpottkanaken aus dem Ruhrrevier.

Insgesamt gibt es sechs Minuten obendrauf, aber außer einer gelben Karte für El Azzouzi und einem von Kastenmaier parierten Schuss von Becker passiert nichts mehr, so dass es für die Schalker mit der Führung und viel Applaus in die Kabinen geht. Alle sind froh über den Elfer als „Dosenöffner“. Statt des offiziellen Halbzeitgeplänkels mit Fanbox und Co werfen viele einen Blick auf die WM-Auslosung und kommen zu dem Ergebnis, dass Schalke interessanter ist.

Verbale Kloppe für Markus Anfang

Zu Beginn des zweiten Durchgangs gibt’s eine verbale Ohrfeige der Fortuna-Ultras für das relativierende Rumgeeier ihres Trainers nach den rassistischen Beleidigungen gegen Iyoha: „Markus Anfang: Rassismus ist keine Emotion“ ist unmissverständlich.

Auf der Gegenseite ersetzt Muslic den leicht angeschlagenen Torschützen Karaman vorsichtshalber durch Bryan Lasme, der in der Vorwoche gegen Paderborn zum Matchwinner wurde. Der Gästeblock reckt abertausende von Schals hoch und startet mit dem „Königsblauen S04“ in die zweite Hälfte, bei Fortuna gibt’s eine kleine Flitterchoreo.

Auf dem Rasen dominiert jetzt eindeutig Königsblau, angetrieben vor allem durch Lasme und Becker. Nach zehn Minuten muss Oberdorf, ohnehin bereits durch das Foul an Katic mit dunkelgelb vorbelastet, nach einem weiteren vorsätzlichen Foul an Antwi-Adjei vorzeitig Duschen gehen (55.), begleitet von höhnischen „Auf Wiederseh’n“-Rufen des Gästeanhangs. Die Stadionregie, die sonst alle Karten einblendet, verschweigt diesen Platzverweis völlig.

Becker krönt harte Arbeit gegen 10 Düsseldorfer

Die Ampelkarte lässt die Fortunen nahezu vollends verstummen, so dass „Eine Stadt erstrahlt in Blau“, „Für deine Farben“ und die „Asozialen Schalker“ ungehindert rausgebrüllt werden können. Dem Spielfluss tut das Ungleichgewicht zunächst nicht gut, wie bereits in Münster tut Schalke sich gegen 10 Spieler schwer.

Iyoha sieht Gelb für ein Foul an Antwi-Adjei (67.), kurz darauf werden Raimund durch Rasmussen und Wallentowitz durch Porath ersetzt, der sofort von Schmidt umgesenst wird, was diesem die nächste gelbe Karte einträgt (73.). Auch Katic muss kurz behandelt werden, kann aber zur allgemeinen Erleichterung weiterspielen. Ansonsten gilt: Same procedure, Schalke singt („Geh‘n mit dir auf jede Reise“), Fortuna zündet Pyro.

Rasmussen verfehlt das Schalker Tor (75.), auf der Gegenseite schlenz Lasme vorbei. Zu den Klängen von „Immer wieder S04“ ersetzt Muslic Antwi-Adjei durch Gomis – und der legt gleich mit seiner ersten Aktion für Becker auf, der nach innen zieht und seine sehr gute Leistung mit dem 0:2 krönt (81.). JAAAAAAAAAAAAAAAAAA!

Der Gästeblock eskaliert ausgelassen, dass muss die Entscheidung gewesen sein. Unsere Fahnen weh’n im Wind… Die restliche Zeit vergeht mit zahlreichen Auswechslungen – bei Schalke ersetzt Sanchez Becker, der mit sattem Applaus verabschiedet wird, dazu kommt Bachmann für Pöpperl, Fortuna tauscht gleich vierfach -, einer gelben Karte für Daland und einer Großchance für Sylla auf das 0:3 (90+3.). Und viel, viel Party im Gästeblock.

Kling, Glöckchen, klingeling…

Auch nach dem Schlusspfiff ist der königsblaue Jubel grenzenlos. Die „Spitzenreiter, Spitzenreiter“-Rufe werden durch eine dezent abgewandelte Version von „Kling, Glöckcken…“ ersetzt. Keiner soll es wagen, Schalke je zu schlagen, jeder soll es wissen, D***mund ist beschissen…

Die Mannschaft stürmt Richtung Kurve und ist schier überwältigt von dem fast 25.000 Kehlen starken Chor. Dann kommt das Kommando „Hoch mit den Schals!“ und der „Mythos vom Schalker Markt“ sorgt für eine satte Gänsehaut. Nicht nur bei Timo Becker, immer noch zum Zuschauen verdammt, glänzen die Augen verdächtig. Schalke ist der geilste Club der Welt!

Der geilste Club der Welt steht durch diesen Dreier mit 34 Punkten aus 15 Spielen unangefochten auf Platz 1, Fortuna belegt mit 14 Zählern Rang 14 und muss je nach Abschneiden der hinter ihr stehenden Mannschaften fürchten, auf einen Abstiegsplatz zu fallen.

Anschließend gibt’s in der Kabine noch eine Torte für Kenan Karaman für seinen 100. Einsatz im königsblauen Trikot – herzlichen Glückwunsch und weiter so, Käpt’n!