Schalke – Paderborn 2:1: Fans bejubeln die Tabellenführung und einen geilen Fußballabend
29. November 2025Der FC Schalke 04 gewinnt das Zweitliga-Spitzenspiel gegen den SC Paderborn dank einer furiosen zweiten Halbzeit verdient mit 2:1 (1:1) und krönt sich zum Spitzenreiter. Die königsblauen Fans, die zuvor nach 12 Minuten Schweigen eine sehenswerte Choreo zum 150. Geburtstag der Stadt Gelsenkirchen gezeigt hatten, feiern die Mannschaft nach dem Schlusspfiff euphorisch. Susanne Hein-Reipen berichtet…
November, Mistwetter, gesperrte Autobahnen, Freitagnachmittag im Ruhrgebiet: Das garantiert zahlreiche lange Staus, hält aber natürlich keinen Schalker davon ab, sich zum Duell um die Tabellenspitze durchzukämpfen.
Vor der Arena sorgt ein weihnachtlich illuminierter Pfandsammelwagen für Schmunzeln und reiche Beute; zudem finden die hereinströmenden Fans zahlreiche Plakate und Handzettel vor, auf denen die Proteste gegen die geplanten Maßnahmen der Innenministerkonferenz gegen Fußballfans erklärt und zwölf Minuten Schweigen angekündigt werden.
Im Vorprogramm gibt es während sich die Mannschaften warmmachen im Nachgang zum „Orange Day“ am Dienstag einen weiteren Appell gegen Gewalt gegen Frauen; anschließend werden zwei Vertreterinnen der Schalker Frauen für den Derbysieg im Westfalenpokal gefeiert.






Der Platz in der Kurve und Proteste gegen die Innenministerkonferenz
Die beiden Quatscher Dirk und Jörg begrüßen alle zum „echten Spitzenspiel“, dann wird schnell die Aufstellung der Gäste aus Paderborn verlesen. Anschließend gibt’s den Klassiker „Zeig mir den Platz in der Kurve“ live gesungen von Michael Schoen, begleitet aus zahlreichen Schalker Kehlen.
Kurz darauf folgt das obligatorische Steigerlied, trotz Abendspiels nicht wie von vielen erhofft im Dunkeln. Die Nordkurve ohne Bahner und Fahnen ist ein sehr ungewohnter Anblick. Auch beim Vereinslied „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ gehen zwar tausende Schals hoch, anderen optischen Support sucht man aber vergebens. Stattdessen ziehen beide Kurven zum Einlaufen der Mannschaften schweigend Protestbanner hoch. Paderborn titelt „Innenminister Reul: Die wahren Probleme nicht erkannt, der Fußball ist nicht die größte Sorge in diesem Land“, vor der Nordkurve wird schlicht gefragt: „Ist das der Fußball, den Ihr wollt?“. Am Oberrang hängt „IMK: Populistisch und intransparent – Fankultur schützen statt zerstören“. Die ersten Spielminuten verlaufen dann auch so gruselig leise, dass sich viele Zuschauer an die Coronazeit mit nahezu leeren Stadien erinnert fühlen.
Als Startelf schickt Cheftrainer Miron Muslic Karius, Kurucay, Katic, Ayhan, V. Becker, Schallenberg, El-Faouzi, Antwi-Adjei, Karaman, Wallentowitz und Sylla auf den Rasen.

Schiri-Ärger und Choreo für die Stadt der tausend Feuer
Lauter in Form von Pfiffen und erbostem Murmeln wird es erst, als Schiedsrichter Reichel einen Foulelfmeter von Brackelmann an Sylla nach aufreizend langsamer Konsultation des VAR zurücknimmt, weil der entscheidende Kontakt angeblich kurz vor der Strafraumgrenze gewesen sei (11.). Dafür gibt es Gelb für den Paderborner, obwohl dieser letzter Mann war; den fälligen Freistoß setzt Karaman in die Mauer.
Danach wird es erfreulicher: Die Nordkurve setzt wieder mit „FC Schalke 04“ mit dem Support ein, dazu gibt es eine Choreo über die gesamte Breite der Nordkurve einschließlich der Ecken: Eingerahmt von Bannern in den Stadtfarben schwarz, weiß und grün, wird von oben ein überdimensionales „Stadt der tausend Feuer“ herabgelassen, von unten wird ein riesiges Stadtwappen entrollt, das danach abertausend Wunderkerzen weicht. Happy Birthday, Gelsenkirchen!






Während beide Mannschaften auf dem Platz um jeden Zentimeter Rasen kämpfen, gibt’s nun auch das volle Repertoire Schalker Liedguts: Wechselgesang, „Für deine Farben leben und sterben wir“, „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“, „Schalke, ich bin für Dich geboren“ und „Auf geht‘s Schalke kämpfen und siegen“ sollen die Mannschaft nach vorne treiben.
Karaman mit dem umjubelten Ausgleich
Nach einer guten halben Stunde kommen die Gäste zunehmend besser ins Spiel und haben durch Bibija (29.) und Obermair (36.) nach einem Missverständnis zwischen Katic und Karius erste Chancen. Kurz darauf ist es dann passiert: Über Hansen und Obermair kommt der Ball in den Strafraum, wo Curda zum 0:1 für den SCP einköpft (38.).
Die Paderborner jubeln, die Nordkurve schaltet sofort wieder in den Vorwärtsgang, „S! 0! 4!“. Im K-Block erscheint derweil ein Transparent „Zusammen gegen den Sicherheitswahn von Polizei und Innenministern!“
Es gibt satte sieben Minuten Nachspielzeit, in denen Karius kurz Katic ausknockt, der dann aber mit Brummschädel weiterspielen kann. Und als sich die meisten Schalker bereits seelisch auf einen Pausenrückstand eingerichtet haben, schlägt Schalke eiskalt und gekonnt zu: Antwi-Adjei in den Lauf von Sylla, der nach einigen Metern an Karaman weitergibt, der Richtung Strafraum marschiert und das Leder hoch ins linke Eck setzt (45.+5.). Der Jubel über diesen wichtigen Ausgleich vor der Pause lässt die Arena in ihren Grundfesten erzittern.












Was bringt die zweite Halbzeit?
Karamans Treffer sorgt für gute Laune beim Halbzeitbierchen; allgemeiner Tenor ist „sehenswertes Spiel“ und „mal schauen, was noch kommt“. Nach der Fanbox plaudert Thomas Kirschner für das Team Fanbelange über die Choreo, die anstehende Weihnachtsfeier der Knappenkids, die Aktionswoche vor dem Spiel gegen die Freunde vom FCN und die erwartete Auswärtsmeute für das kommende Spiel in Düsseldorf: „Womöglich hat ja der ein oder andere Schalker sich über Fortuna noch Karten besorgt…“.
Beide Mannschaften kommen personell unverändert wieder auf das Spielfeld, während die Nordkurve Enschede und „Die Jungs, die draußen steh’n“ grüßt, bevor gleich dreimal zur Attacke geblasen wird. Das Spiel geht weiter engagiert hin und her, nur Schiedsrichter Reichel sorgt für Unmut, da er Schalke einen Handelfmeter (Brackelmann hatte Tigges angeköpft (53.)) verwehrt und oft zu weit vom Geschehen weg ist. Dem Support mit „Eine Stadt erstrahlt in Blau“, „Vorwärts Schalke kämpfen und siegen“ und „Steht auf“ tut das keinen Abbruch.
Brackelmann blockt einen Schuss von Sylla (54.), Selmen klärt gegen Karaman (55.), dann sieht Götze Gelb für ein Foul am unermüdlichen El-Faouzi (57.). Kettemann bringt mit Klaas und Michel für Brackelmann und Bilbija zwei frische Spieler (60.).






Syllas Treffer zählt nicht…
Die Nordkurve schwenkt nach „Immer wieder S04“ auf „Schalke nur Du alleine“ um, bis El-Faouzi elegant im Strafraum zu Sylla durchsteckt, der alleine auf Seimen zumarschiert und zum 2:1 einnetzt – doch Minuten nach dem Torjubel befindet der VAR, dass Sylla mit der Fußspitze im Abseits stand und kassiert den Treffer wieder ein. Sch…ade.
Mit 62.077 Zuschauern und einigen gesperrten Plätzen kann Dirk ausverkauftes Haus vermelden. Muslic bringt nun Lasme für Antwi-Adjei (67.), der kurz darauf seinem Ruf als Chancentod alle Ehre macht und eine Vorlage von El-Faouzi aus spitzem Winkel versemmelt, während Sylla völlig frei steht (70.). Aber Schalke bleibt am Drücker, während Paderborn in dieser Phase offensiv nicht stattfindet. Mit einem weiteren Doppelwechsel Bätzner/Baur und Engelns/Castaneda versucht Coach Kettemann gegenzusteuern.
Dann wird es hitzig: Zu den Klängen von „Geh‘n mit dir auf jede Reise“ betreibt Paderborn das Spiel weiter, obwohl ein Paderborner verletzt im eigenen Strafraum liegt. Als Schalke dann den Gegenangriff startet, fällt den Paderbornern plötzlich ihr Mann ein und sie fordern vehement die Unterbrechung, woraufhin sich ein kleines Rudel bildet, in dem sich Curda und Karaman sich heftig die Meinung geigen und beide Gelb sehen. „Ihr seid nur ein „*urensohnverein“ von der Nordkurve gibt’s gratis obendrauf.






…aber Lasme regelt
Nun greift auch Muslic zu einem Doppelwechsel: Porath kommt für Wallentowitz, der mit ordentlichem Applaus verabschiedet wird, Pöpperl ersetzt Schallenberg und darf so sein Zweitligadebüt feiern.
In den Mittelpunkt rückt jedoch ein anderer: Karaman legt den Ball genau in den Lauf von Lasme, der raúl-like Seimen überlupft und das 2:1 erzielt (86.). Der Jubel beim Schalker Anhang ist riesig, während die Mannschaft den überglücklichen Torschützen abfeiert. „Spitzenreiter, Spitzenreiter“ schallt durch die Arena.
Doch noch gilt es die Schlussphase plus Nachspielzeit zu überstehen. Muslic wirft nun auch noch Bachmann für V. Becker und Sanchez ins Rennen, Paderborn ersetzt Hansen durch Marino. Es gibt sieben Minuten obendrauf, während die Nordkurve inbrünstig „Uns’re Fahnen weh’n im Wind“ beschwört. Karaman lässt die Chance auf das 3:1 liegen (90.+2.), auf der Gegenseite verzieht Marino deutlich (90.+6.). Ein kleiner Zoff zwischen Bätzner und Karius bringt beiden Gelb ein (90.+8.) – warum pfeift Reichel nicht endlich ab?! Ein letzter Herzkasper, als Katic einen Ball von Engelns ins Toraus köpft, dann ist endlich Schluss! SPITZENREITER!






Spitzenreiter, Spitzenreiter!
Nun ist es amtlich: Schalke ist mit 31 Punkten als 14 Spielen alleiniger Tabellenführer und kann zumindest an diesem Wochenende nicht vom Platz an der Sonne verdrängt werden, Paderborn belegt mit 29 Punkten Platz 2, kann aber aufgrund der Tordifferenz bei einem Elversberger Sieg noch überholt werden.
Die Nordkurve jubelt „Spitzenreiter, Spitzenreiter!“ und fordert ihre Helden, die sich nicht lange bitten lassen und völlig losgelöst vor die Kurve stürmen, wo gemeinsam getanzt und „Schalke ist die Macht“ zelebriert wird. Wir holen uns die Meisterschaft, das wäre doch gelacht..
Bei der anschließenden Arenarunde geht Muslic vorneweg und applaudiert den Fans, während er sich mehrfach auf’s Herz klopft. So darf es gerne weitergehen!


Hallo Susanne,
wie immer super toller Bericht.
Kann von mir aus gern so weiter gehen.
Schönes Wochenende