
Hannover – Schalke 0:3: Hannover fällt, Schalke feiert!
18. Oktober 2025Der FC Schalke 04 gewinnt auch das Auswärtsspiel beim stark gestarteten Hannover 96 verdient mit 0:3 (0:2) und klettert mindestens bis Sonntag auf Platz 1. Geschätzte 14.000 mitgereiste königsblaue Fans freuen sich über das Ende der Ladehemmung bei Doppeltorschütze Sylla und den souveränen Auftritt. Susanne Hein-Reipen berichtet…
Freitagabend-Topspiel in Hannover – ohnehin ein äußerst beliebtes Reiseziel der königsblauen Auswärtsmeute -, da ist die A2 ab Mittag fest in Schalker Hand. In der niedersächsischen Landeshauptstadt angekommen, wartet die alljährliche Parkplatzchallenge, denn der Schützenplatz steht nur eingeschränkt zur Verfügung. Ist das Gefährt erst einmal verstaut, streben Schalker und Hannoveraner friedlich Seite an Seite dem Biergarten „Nordkurve Hannover“ an der Robert-Enke-Straße zu. Die Einstufung als Hochrisikospiel mitsamt dem dazugehörigen Polizeiaufmarsch von dutzenden Mannschaftswagen über mehrere Reiter- und Hundestaffeln bis zum gepanzerten Wasserwerfer versteht keiner.
Nach einem kleinen Marsch um die herbstliche Heinz-von-Heiden Arena – the Stadion formerly known as HDI-Arena, AWD-Arena und Niedersachsenstadion – Richtung Eingang Süd warten die Einlasskontrollen; wie immer ausgesprochen gründlich, aber fair. Das kulinarische Angebot umfasst neben den obligatorischen Bratwürstchen auch Pizza und Bruscetta und frische Crêpes – über Letztere würden sich die Schokoschnuten unter den Schalkefans auch in der heimischen Veltins-Arena freuen. Als Wermutstropfen gibt wegen des „Hochrisikospiels“ nur alkoholfreies Bier.






Südhälfte des Stadions ist königsblau
Im Stadioninneren sind die komplette Südkurve mit Ausnahme des Familienblocks sowie die angrenzenden Blöcke der Gegengeraden in Knappenhand, auch auf der Haupttribüne schimmert es rechts mehrheitlich blau, dem geänderten Vorverkauf zum Trotz. Ein ironisches Spruchband „Neues Ticketsystem und Choreoverbot – so viel Angst vor der Schalke-Invasion?“ nimmt die Bemühungen treffsicher aufs Korn.
Der aus den Vorjahren einschlägig bekannte Stadionschreier malträtiert früh sein Mikro und begrüßt alle Anwesenden, kleine Werbung für die Becherspende-Aktion der 96er inklusive. Die Gästekurve hört elegant drüber hinweg und empfängt lautstark das Torhütertrio um Loris Karius.
Die Hannoveraner Keeper laufen durch ein Spalier von Kindern ein, danach gehen die Nachwuchsfans mit Maskottchen Eddi, der verdächtig nach einem Dackel aussieht, auf Tour. Während sich die Mannschaften warmmachen, gibt es schnell die Startaufstellung der Schalker: Trainer Miron Muslic setzt nach dem Motto „Never change a winning team“ auf Karius, Kurucay, Katic, Ayhan, V. Becker, Schallenberg, El-Faouzi, Gantenbein, Karaman, Antwi-Adjei und Sylla auf die siegreiche Elf von Bielefeld.
Das „96 olé-olé“ wird kurzerhand von der Gästekurve gekapert und in „FC Schalke olé-olé“ umfunktioniert, dann folgen die obligatorische Aufforderung „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen!“ und „Wir lieben alle nur den FC Schalke, unsern Kumpel- und Malochercluuuub“.






Traumstart für Schalke dank Sylla
Der Stadionsprecher bemüht die Statistik – H 96 und S 04 trennten sich noch nie 0:0 -, dann wird die Aufstellung der Hausherren verlesen und sich zum Einlauf der Mannschaften mit „96, alte Liebe“ musikalisch auf das Match eingestimmt. Sobald die übersteuerten Lautsprecher endlich schweigen, geht die akustische Lufthoheit wieder an die blauen Blöcke mit „Jeden Tag und jede Nacht“.
Sylla führt den Anstoß aus. Die erste Torannäherung durch Antwi-Adjei ist noch harmlos (2.), aber dann schlägt das Top-Torjägerduo der Vorsaison erbarmungslos und sehenswert zu: Schalke presst früh, prompt verliert Neubauer das Leder an Gantenbein, der Karaman bedient. Der Schalker Kapitän spielt eine Bilderbuchvorlage in die Tiefe zu Sylla, die dieser mit einer eleganten Drehung zur 0:1-Führung im linken Eck versenkt (3.). Anschließend stürmt der Torschütze in die Arme von Muslic und bedankt sich für das Vertrauen trotz Torflaute; auch die anderen Spieler herzen an der Bank die Ersatzspieler und das Trainerteam.
Den Schalker Fans gefällt der Auftakt natürlich und so werden „Hurra hurra, die Schalker die sind da“ und „Kohle unter unseren Füßen“ inbrünstig hinausgebrüllt. Källmann verfehlt das Schalker Tor (5.), dann geht es einige Minuten hin und her, bevor Ghita einen Schuss von Syllas zur ersten Schalker Ecke ins Toraus lenkt (14.). Die Ecke landet, getreten von Antwi-Adjei, über die Schulter von Katic am langen Pfosten, wo Sylla unbedrängt von der Hannoveraner Defensive frei zum 0:2 einköpfen kann (14.). JAAAA!






Schalke ist der geilste Club der Welt!
Die ohnehin bereits gute Laune bei den Gästefans steigert sich nochmal um einige Grad, „Eine Stadt erstrahlt in Blau“, „Ob ich verroste und verkalke“ und „Schalke ist der geilste Club der Welt“ sind angesagt. Bei „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“ steht gefühlt das halbe Stadion. Muslic macht derweil in der Coaching-Zone Meter um Meter und treibt die Mannschaft nach vorne.
Der vermeintliche Anschlusstreffer von Bundu zählt wegen klarer Abseitsstellung nicht (16.), danach muss Vitalie Becker kurz wegen eines Zusammenpralls mit dem Pfosten behandelt werden, kann aber weiterspielen. Karius erweist sich einmal mehr als sicherer Rückhalt und klärt, was es zu klären gibt, notfalls auch auf dem halben Weg zur Mittellinie. Matsuda (24.), Noll (30.) und Bundu (32.) kommen nicht am Schalker Schlussmann vorbei. Ein weiteres Abseitstor von Källmann wird zurückgepfiffen und die Entscheidung vom VAR bestätigt (34.).
Die Schalker Kurve beschwört derweil „Wir kommen vom Berger Feld“ und „Schalke nur Du alleine“; Ayhan muss nach einem Zusammenstoß mit Källmann behandelt werden, beißt jedoch auf die Zähne und kommt schnell wieder zurück auf das Spielfeld (39.). Becker schlägt einen Ball von Rochelt kurz vor der Torlinie weg, dann gibt es sechs Minuten Nachspielzeit obendrauf. Gantenbein setzt einen satten Volleyschuss knapp am Tor vorbei (45+3.), dann sieht Karaman die erste gelbe Karte des Spiels, weil er Matsuda an der Schulter auf den rasen befördert (45+4.), Der anschließende Freistoß bringt keine Gefahr und so geht es mit reichlich Applaus und einer 2:0-Führung in die Kabinen.






Schiri im Funkloch
Im Pausenspiel gibt’s viel Werbung und ein Torwandschießen mit dem „Hannoveraner Superschuss“, aber der heutige Kombattant hat kein Glück. Ansonsten spart sich der sonst so gesprächige Stadionsprecher jeglichen Kommentar zum ersten Durchgang.
Beide Teams kommen personell unverändert wieder auf den Rasen und nicht einmal eine Zeigerumdrehung später fordern die 96er einen Handelfmeter, weil Matsuda bei einem Flankversuch die auf dem Rücken zusammengelegten Arme von Becker anschießt. Nach dem Studium der Fernsehbilder und diversen Beschimpfungen beider (!) – „Ihr macht unsren Sport kaputt, Ihr Wixxer“ und „Scheixx DFB“ – befindet Schiedsrichter Petersen aber auf gesunden Menschenverstand, dass sich der junge Schalker Abwehrspieler schlecht die Arme abhacken kann. Diese Entscheidung kann er jedoch wegen Problemen mit seiner Funkverbindung nur über mehrere Ecken verkünden und muss sich danach sehr zum Unmut des Publikums minutenlang neu verkabeln lassen.
Der Gästeblock stimmt nun „Für deine Farben leben und sterben wir“ an, nur kurz unterbrochen durch ein Phantomtor der Hausherren: Bundu setzt den Ball Zentimeter am rechten Pfosten vorbei, wo er von hinten vermeintlich im Netz liegt. Der Torjingle wird angespielt, die Heimfans jubeln, bis Karius breit grinsend hinter das Tor geht. Die anschließende geballte Schadenfreude der Schalker Fans gibt’s gratis obendrauf.






Gomis macht den Sack zu
Zu „Immer wieder S 04“ setzt Karaman einen Kopfball deutlich über das Hannoveraner Tor (66.). Der Stadionsprecher verkündet ein mit 49.000 „Zuschauenden“ ausverkauftes Haus; Hannover-Coach Titz, in der Pressekonferenz noch sehr selbstbewusst, schickt mit einem Dreifachwechsel Yokota, Oudenne und Chakroun als frische Kräfte für Bundu, Rochelt und Neubauer ins Rennen. Wenig später verlässt auch Doppeltorschütze Sylla unter Standing Ovations der Schalker Fans das Feld, für ihn und Antwi Adjei kommen Gomis und Bachmann (76.).
Der Wechselgesang „Schalke“ – „Nullvier“ fluppt prima, da die Heimkurve recht leise geworden ist, auch die „Asozialen Schalker“ sind nicht zu überhören. Kurucay sieht Gelb für ein Foul an Yokota (79.), dann ersetzen Nkili Taibi und Sanchez Becker. In der Schlussviertelstunde schaltet Schalke wieder vom Verwaltungsmodus in den Vorwärtsgang. Eine Eckball-Flanke des unermüdlichen E-Faouizi segelt an Freund und Feind vorbei, danach lässt Gomis zwei gute Einschussmöglichkeiten liegen (85.). Aber aller guten Dinge und Chancen sind ja bekanntlich drei und die sitzt: Schallenberg verlängert einen Ecke vom ersten Pfosten zum zweiten, wo Gomis den Ball aus kurzer Distanz versenkt. 0:3 in der 85. Minute, damit ist der Deckel drauf!
Den Gästen aus dem Ruhrpott scheint jetzt natürlich die Sonne aus dem Allerwertesten und so wird genüsslich „Hannover fällt“ zelebriert. Hannover fällt, Haaaannover fällt, Hannover fällt… Die höhnische Frage „Warum seid Ihr H*ren so leise?“ und der Spielstand lassen die Heimfans bereits in Scharen abwandern.






Das Bollwerk hält
Dass es wegen der langen Unterbrechung wegen des VARs und der Funkprobleme rund 10 Minuten Nachspielzeit gibt, stört die Schalker nicht im geringsten. Kann man 10 Minuten länger feiern… Es beginnt mit dem „Mythos von Schalker Markt“, dann folgt „Unsere Fahnen weh’n im Wind“.
Sportlich gesehen passiert nicht mehr viel, Zalazar und Porath bekommen auch noch ein paar Einsatzsekunden, für sie verlassen Karaman und Schallenberg den Platz. Karius hält im 1:1 gegen Nielsen die Null und damit den freien Tag für die Mannschaft fest. Joker Porath hat sogar noch die große Chance, das „Traumergebnis“ 0:4 zu erzielen, doch er setzt die Vorlage von Bachmann aus 10 Metern deutlich über den Kasten (90 +11.), dann ist Ende.






Spitzenreiter, Spitzenreiter – auch Muslic völlig losgelöst
Dem umjubelten Schlusspfiff folgen „Sieg, Sieg!“ und „Spitzenreiter, Spitzenreiter“-Rufe. Während die Hannoveraner Fans gar nicht schnell genug das Weite suchen können, fiebert die blaue Kurve der Mannschaft entgegen, die sich nicht lange bitten lässt und auf ihre Fans zustürmt. Auch Trainer Muslic hüpft zu Schalke ist der geilste Club der Welt“ völlig losgelöst beim Siegerpogo mit, bevor Kurve und Mannschaft gemeinsam zum Schalkewalzer schunkeln – Ist! Datt! Schön!
Durch den Dreier belegt Schalke mindestens bis zum Spiel der Elversberger gegen Fürth mit 21 Punkten den Platz an der Sonne, Hannover bleibt auf Rang 5, kann aber von Lautern und Karlsruhe überholt werden.
Die Schalker Karawane pilgert entsprechend glücklich durch die Staus der Autobahn entgegen. Schalke macht wieder richtig Spaß!

Danke für deinen Bericht und die schönen Bilder von diesem, aus Schalker Sicht, tollen Fußballabend.