Schalke verliert 0:3 in Köln, erneuter Nübel-Patzer – Stimmung kippt gefährlich

Schalke verliert 0:3 in Köln, erneuter Nübel-Patzer – Stimmung kippt gefährlich

1. März 2020 2 Von Susanne Hein-Reipen

Schalke 04 verliert nach einer über weite Strecken indiskutablen und offensiv erschreckend harmlosen Leistung und einem bösen Patzer von Alexander Nübel verdient mit 0:3 beim 1. FC Köln. Die enttäuschten königsblauen Fans verlieren die Geduld und fordern lautstark „Nübel raus“. Susanne Hein-Reipen über einen schlimmen Abend und eine gefährliche Gemengelage.

Auch eine Negativserie und zuletzt ein ernüchterndes 0:5 gegen Leipzig kann die bekannt reisefreudigen und ein klitzekleines bisschen bescheuerten Schalker genauso wenig von der Begleitung ihrer Mannschaft abhalten wie usseliges Wetter oder die Angst vor dem Corona-Virus. S 04, wir sind da, jedes Spiel, ist doch klar…! Knapp 5.000 Schalker finden schließlich per Auto, Bus oder Sonderzug den Weg in die Domstadt und das mit 50.000 Zuschauern ausverkaufte Rhein-Energie-Stadion.

Wo hübsche Mädchen für eine Ziege Spalier stehen

Vor dem Stadion steht ein ARD-Team und möchte wissen, ob das Corona-Virus die Stimmung beeinflusst, doch die beim einen oder anderen durchaus vorhandenen Sicherheitsbedenken werden mit viel Galgenhumor überspielt. Das Polizeiaufgebot, darunter zahlreiche Pferde mit grellgelben Überwürfen, ist groß, die Stimmung spannungsgeladen. Die Fans von Schalke und dem Effzeh sind, auch wegen der Nähe der Kölner zu einem Verein aus der Nähe von Lüdenscheid, nicht die dicksten Freunde.

Vor der Südkurve prangt ein großes Banner „Standort Müngersdorf unverhandelbar!“. Über die Anzeigentafel flimmern einige nette Dönekes und Zahlen – so kommen beispielsweise 50 Effzeh-Mitglieder aus Gelsenkirchen. Die Gegenzahl, Schalke-Mitglieder aus der Domstadt, wird leider nicht genannt, dürfte aber einiges höher liegen.

Aus den Lautsprechern dröhnen Schunkellieder, die Schalkefans grätschen mit „Jeder Kölner ist ein H*rensohn“, „H*rensöhne FC“ und „Cologne, die Scheixxe vom Dom“ akustisch kräftig in das Idyll. Die Kölner erwidern die Komplimente mit einem herzhaften „Scheixxe 04“. Die Hinweise auf die Stadionordnung mit einer Warnung vor der Verwendung von Pyrotechnik – sofortiges bundesweites Stadionverbot! – kommen auch nur mittelgut an.

Die Begrüßung durch den Stadionsprecher in „der schönsten Stadt Deutschlands“ erntet von Schalker Seite nur Gelächter, ebenso wie der Einlauf von Hennes und die pompon- und popo-schwenkenden rotsilber glitzernden Cheerleader. Nur nicht aus Liebe weinen…

Oh Schreck: Serdar und Mascarell fehlen

Als sich die Schalker Aufstellung herumspricht, wird vielen Königsblauen bange zumute: Neben den langzeitverletzten und bitter vermissten Haudegen Stambouli, Sané und Caligiuri fehlen auch der gerade erst genesene Suat Serdar (Bruch des Zehs) und Kapitän Mascarell, der – so die düstere Prognose – wegen Adduktorenprobleme womöglich für den Rest der Saison ausfällt. Das darf doch gerade im Hinblick auf das Pokalviertelfinale am Dienstag bitte alles nicht mehr wahr sein… Wagner setzt notgedrungen auf Nübel, Kabak, McKennie, Nastasic, Kenny, Oczipka, Boujellab, Schöpf, Raman, Gregoritsch und Harit.  

Dann ist wieder kölsches Liedgut angesagt, von Wolfang Niedecken über „Kölle du ming Stadt am Rhing“ bis zum Vereinslied „Mer stonn zu dir, FC Köööölle“ ist alles dabei, was das Schalker Ohr nicht braucht. Auf geht‘s Schalke kämpfen und siegen!

Die Südkurve zieht ein großes Banner „Gegen Stadion- und Stadtverbote“ auf, darunter kommt das Transparent der Wilden Horde zum Vorschein. Der Einlauf der Mannschaften wird von beiden Fanlagern lautstark bejubelt, die Schalker stimmen „Hurra, Hurra, die Schalker die sind da“, „Wir komm‘n vom Berger Feld“ und „Eine Stadt erstrahlt in blau“ an.

Erste Halbzeit geht klar an den Effzeh

Schon die ersten Abtastversuche tragen Schmitz einen Turban ein, doch das bremst die Hausherren genauso wenig wie das Fehlen von Uth, der wegen einer Klausel im Leihvertrag gegen seinen eigentlichen Brötchengeber nicht auflaufen darf. Nach einem Warnschuss von Bornauw landet der Ball in der 7. Minute hinter Alexander Nübel im Netz, doch beim Treffer von Kapitän Hector stand Kainz im Abseits und behinderte Alexander Nübel, deshalb geht die Fahne hoch. Das Trömmelche verstummt wieder, begleitet von Schadenfreude und einigen unfeinen Handbewegungen der Schalkefans.

Die Freude ist allerdings nur von sehr kurzer Dauer, denn keine 120 Sekunden später ist die Kugel wieder im Schalker Tor und der Kopfballtreffer von Bornauw ist ein regelgerechtes 1:0 (9.). Also erneut das Trömmelche inklusive Kölle Alaaaaaf – „der nervigste Torjingle der Liga“ befindet ein stattlicher Schalker unter zustimmendem Nicken der Umstehenden. Auch das laute „Eeeerster Fußballclub Kööööln“ aus den Nachbarblöcken ist irgendwie … doof.

Doch die Gästeblöcke berappeln sich schnell wieder und halten mit „Auf geht’s Schalke kämpfen und siegen“, einem „Schalke – Nullvier“-Wechselgesang zwischen Unter- und Oberrang und „Schalke 04 für jetzt und alle Zeit“ dagegen. Die Südkurve schunkelt derweil hinter einem langen Banner für die verstorbene Karnevalslegende „Marie Luise Nikuta, de Engelcher dun jetz met Dir im Himmele Fastelovend fiere“.

Ozan Kabak muss verletzt runter

Bei Schalke läuft nach dem frühen Gegentor wenig zusammen, offensive Vorstöße gibt es nur von den rot-weißen Spielern zu sehen, doch weder Rexhbecaj noch Skhiri noch Ehizibue treffen ins Tor. Auch Cordoba beschäftigt die Schalker Abwehr und setzt zu allem Überfluss bei einem Zweikampf noch Ozan Kabak außer Gefecht, der auf dem Platz behandelt wird und danach wegen offensichtlicher Schmerzen beim Auftreten gegen Jean-Clair Todibo ausgewechselt werden muss (29.). Das „Haut drauf, Kameraden“ des FC-Anhangs zu dieser Szene führt zu einer weiteren Schleife der „Hurensöhne FC“ und zunehmend hitzigerer Stimmung.

Die wenigen zaghaften Schalker Versuche, Gegenangriffe aufzuziehen, laufen zumeist über Amine Harit und verpuffen wirkungslos, Timo Horn im Tor der Kölner verbringt einen sehr ruhigen Abend. Hinter ihm titelt die Kurve in Anspielung auf einige AfD-nahe Gäste auf der Karnevalssitzung des FC „Alex Wehrle – Kein Orden für die braunen Funken!“

Mitten hinein in „Schalke, ich bin für Dich geboren“ platzt das 2:0 für den FC: Nach Zuspiel von Rexhbecaj marschiert Cordoba in den Strafraum und vollendet ins linke untere Eck (39.). Nicht einmal eingefleischte Schalker würden das Tor als unverdient bezeichnen, das schrecklich muntere Trömmelche nervt trotzdem. Das Heimpublikum feiert nun „Olé 1. FC Köln“, den Schalkern hat der desolate Auftritt ihrer Mannschaft kurzfristig die Sprache verschlagen, bis zur Halbzeit sind nur noch die Trommeln der UGE zu vernehmen. In der Schlussminute des ersten Durchgangs ist dann tatsächlich die erste echte Chance für Schalke zu bewundern, doch Gregoritsch kann die unfreiwillige Vorlage von McKennies verunglücktem Volleyschuss nicht verwerten.

Umstrittenes Transparent gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp (Foto: Hein-Reipen)

Wegen einem H*rensohn Euer Versprechen gebrochen

Die Halbzeitbelustigung inklusive einer Fanbox lässt die Schalker eher kalt: Was ist bloß mit unserer Mannschaft los?! In dem Zustand schießen die Bayern uns am Dienstag in Stücke.

Zum Wiederanpfiff wird es hitzig: Die Südkurve entrollt ein großes Banner „Wegen einem Hurensohn Euer Versprechen gebrochen“ – auch wenn dort kein Name genannt wird, ist allen klar, dass es um Dietmar Hopp und die von ihm erstrittenen Zuschauerausschlüsse geht. Wie die Kölner, Gladbacher und Bayern stellen sich auch viele Schalker auf die Seite der ungeliebten schwarzgelben Rivalen und skandieren „Dietmer Hopp, Du Sohn einer…“, denn Kollektivstrafen sind für nahezu alle Fanszenen ein rotes Tuch. Der Stadionsprecher mahnt, „Ihr schadet dem FC“, auch Kapitän Hector und Trainer Gisdol versuchen, die Fans zu beschwichtigen. Als das Transparent verschwunden ist, wird der zweite Durchgang angepfiffen.

Die Diskussionen auf den Rängen gehen unterdessen munter weiter, Dietmar Hopp spaltet die Gemüter: Richtig so, er muss sich keine Beleidigungen gefallen lassen, sagen die einen; die anderen verweisen darauf, dass Schmähungen des Gegners schon immer zum Fußball gehört haben und man dann so ziemlich jedes Spiel unter- oder abbrechen müsste…

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