Schalke setzt Sieglos-Serie fort – frustrierte Fans setzen Hoffnung aufs Derby

Schalke setzt Sieglos-Serie fort – frustrierte Fans setzen Hoffnung aufs Derby

8. März 2020 2 Von Susanne Hein-Reipen

Schalke 04 schafft auch im siebten Ligaspiel keinen Dreier und muss sich nach einem lahmen zweiten Durchgang mit einem 1:1 gegen die TSG Hoffenheim begnügen. Die Fans, die zuvor zahlreiche Banner gegen die eigene Vereinsführung und Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp gezeigt haben, sind enttäuscht, verzichten aber für das anstehende Derby auf Pfiffe. Susanne Hein-Reipen nimmt kein Blatt vor den Mund.

Samstag, 15.30 Uhr, passables Wetter: Beste Bedingungen, um sich an den einschlägigen Schalker Treffpunkten auf die Partie gegen Hoffenheim einzustimmen. Die beiden Aufregerthemen zum Warm-Up-Bierchen sind das Coronavirus – „sind ja doch verdammt viele Leute im Tempel, watt?“ – und der seit einer Woche tobende „Bannerkrieg“ zwischen Dietmar Hopp und dem DFB einerseits und den Ultragruppierungen nahezu aller Profivereine andererseits. Die Meinungen dazu gehen sehr weit auseinander, aber alle sind gespannt, was sich die aktive Fanszene wohl zum Spiel gegen Hopps Verein einfallen lässt.

Misst der Schalker Vorstand mit zweierlei Maß?

Die Geduld wird nicht auf eine lange Probe gestellt: Nach dem Fanspiel, das die „Erler Freunde 97“ klar mit 4:2 gegen „San Siro 97“ für sich entscheiden können, wird die Mannschaft nach der guten kämpferischen Leistung im Pokalspiel gegen Rekordmeister Bayern München mit freundlichem Applaus empfangen – und nahezu zeitgleich erscheint vor den Blöcken 44 und 46 ein langes Spruchband. „CT: Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn’s dunkel ist, Kinder zu produzieren. – S04: Wir akzeptieren keinerlei Bagatellisierung“ zeigt, dass die markigen Ankündigungen von Jochen Schneider, bei jeglichen Schmähungen und Hassplakaten den Platz zu verlassen, weil diese unvereinbar mit dem Leitbild seien, nach Meinung vieler Fans nur sehr bedingt zum watteweichen Vorgehen des Vereins nach Tönnies‘ umstrittener Äußerung auf dem Handwerkstag passen. Pikanterweise hängt das Spruchband genau unter dem Dauerbanner „Steht auf gegen Diskriminierung“.

Auf dem Würfel läuft derweil ein schönes Video über Ahmed Kutucu; Schalke-Leihgabe Sebastian Rudy darf sich nach einigen zickigen Bemerkungen gegen seinen Noch-Brötchengeber lautstarke Pfiffe anhören. Die Schalker Aufstellung vertraut mit Schubert, Becker, Todibo, Nastasic, Kenny, Oczipka, Schöpf, McKennie, Matondo, Raman und Burgstaller mit Ausnahme von Raman für Boujellab den Kämpfern aus dem DFB-Pokal-Spiel; Kapitän ist erneut „Burgi“.

Wir entschuldigen uns bei allen Huren, sie mit Herr Hopp in Verbindung gebracht zu haben!

Nach dem Steigerlied bemüht sich „Quatscher“ Dirk, alle Tribünen aufzuwecken; im dritten Anlauf bringt dann auch die Gegengerade ein lautstarkes HEY hervor. Das Vereinslied „Blau und Weiß, wie lieb ich Dich“ können hingegen alle ohne Nachhilfe, aber mit viel Schal- und Fahnen-Einsatz schmettern. Als nächstes folgt „Seht ihr die Fahnen weh’n? Wir woll’n Euch siegen sehn!“, dann amüsieren sich die Schalker über Raman, der nur knapp über den Scheitel seines Einlaufkindes gucken kann.

Als die Mannschaften ins Publikum winken, gehen in der Nordkurve („Wir entschuldigen uns bei allen Huren, sie mit Herr Hopp in Verbindung gebracht zu haben!“) und im I-Block („Euer Problem ist das Fadenkreuz? Unser Problem ist der Hurensohn!“) bitterböse Banner hoch – nach der selbstauferlegten Null-Toleranz-Linie müsste Schalke doch jetzt eigentlich vom Platz…? Aber zwischenzeitlich scheint sowohl den Schalker Verantwortlichen als auch dem DFB, heute vertreten durch Schiri Sven Jablonski, aufgegangen zu sein, dass es dann arg viele Spielabbrüche geben könnte und so passiert – nichts.

Die Nordkurve legt noch einmal mit „Ob Tönnies oder Hopp, Milliardäre sind keine schützenswerte Minderheit!“ nach und untermalt die Botschaft mit lautstarken „Fußballmafia DFB“, „Ihr macht uns’ren Sport kaputt“ und „Eins ist gewiss, vor unseren Bannern ham‘ sie alle Schiss“-Gesängen. Die Meinungen des restlichen Publikums in der aufgrund des Mini-Gästeandrangs mit 58.324 Zuschauern nicht vollständig ausverkauften Arena decken derweil die ganze Palette von „supergeile Banner!“ bis zu „dauerhaftes Stadionverbot für alle Ultras!“ ab.

Schalke hat mehr vom Spiel

Dann rollt endlich der Ball und die Nordkurve schaltet sofort wieder auf den Support ihrer Elf um. In Ermangelung eines akustisch wahrnehmbaren Gästeblocks wird traditionelles und modernes Schalker Liedgut ausgepackt: „Geh‘n mit Dir auf jede Reise“, „Stadion geh’n, im Pappbecher Bier“, „Hier regiert der S 04“, „Immer wenn du spielst, steh‘ ich in der Kurve“ und die Ruhrpottkanaken untermalen die erste Viertelstunde.

Auch auf dem Rasen hat Königsblau ein deutliches Übergewicht, vor allem „die beiden Kennies“ sorgen für ordentlich Alarm. Weston McKennie, in Abwesenheit von Amine Harit ähnlich wie im US-Nationalteam als Antreiber im offensiven Mittelfeld unterwegs, gibt in der 04. Minute den ersten Warnschuss Richtung ab; Fast-Namensvetter Jonjoe Kenny versiebt in der 14. Minute eine aussichtsreiche Einschussmöglichkeit, als er eine Hereingabe seines Partners genau in die Arme von TSG-Schlussmann Baumann setzt.

Doch aller guten Dinge sind drei: In der 20. Minute serviert Kenny McKennie an der Strafraumgrenze das Leder und der US-Boy marschiert unaufhaltsam in den Strafraum, um dort mit dem linken Fuß abzuziehen, Akpoguma zu tunneln und Baumann zu schlagen. Die verdiente 1:0-Führung!!! Mitspieler wie Fans sind gleichermaßen erleichtert und begeistert, dass die fast vierwöchige Schalker Torflaute beendet ist. Ein Leben laaaang…

Wer kreist so wie ein Falke…?

Und es geht zunächst heiter weiter: Angefeuert von „Wenn wir uns‘re Stimme heben, sollst Du immer alles geben“ und dem Uralt-Klassiker „Wer kreist so wie ein Faaaalke? Der FC Schaaaalke, der FC Schaaaalke!“ bleibt Schalke spielbestimmend, Hoffenheim findet kaum einmal den Weg in Strafraumnähe. Einziger Schreckmoment ist ein Foul von Hübner an Todibo, der danach erst einmal unrund läuft. Als Quittung gibt’s „Ihr seid nur ein Hurensohnverein“, aber wieder stellen sich alle Beteiligten taub.

Rabbi Matondo zündet mehrfach den Turbo und lässt Akpoguma buchstäblich alt aussehen, doch seine Zuspiele auf Raman und Burgstaller werden gestört. Die erste und einzige Chance für die TSG im ersten Durchgang setzt Bebou nach Doppelpass mit Kaderabek ans Außennetz (43.). Den Schlusspunkt setzt ein Schuss von Interimskapitän Burgi über die Querlatte, dann geht es mit „Immer wieder S 04“ und Applaus in die Kabinen. Das darf gerne so weitergehen…

Für die Abteilung Fanbelange wirbt „Kirsche“ alias Thomas Kirschner noch einmal für die Kumpelkarre, die in ihrer Mobilität eingeschränkten Schalkern den Weg von den Parkplätzen in die Arena erleichtert. Dann wirft das Derby seine Schatten voraus: Da zeitgleich eine Messe-Veranstaltung in der Westfalenhalle stattfindet, wird eine andere Wegführung erforderlich. Einzelheiten dazu und zu den Abfahrtszeiten der beiden geplanten Sonderzüge gibt’s Anfang der Woche in der Auswärtsinfo.

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