Schalke 04 malocht sich zum umjubelten Auswärtssieg beim FC Augsburg

Schalke 04 malocht sich zum umjubelten Auswärtssieg beim FC Augsburg

4. November 2019 3 Von Susanne Hein-Reipen

Auch ein früher Schock durch eine schwere Verletzung von Abwehr-Turm Salif Sané, zahlreiche gelbe Karten und ein fragwürdiger Handelfmeter können die Schalker Moral nicht brechen: Mit zwei Freistoßhämmern von Daniel Caligiuri und einem schönen Solo von Amine Harit erkämpft sich Schalke in der zweiten Halbzeit drei Punkte. Nach der Energieleistung feiert die Mannschaft völlig losgelöst mit den fast 5.000 mitgereisten königsblauen Fans. Susanne Hein-Reipen war dabei…

Das Schalker Spiel in der Fuggerstadt ist trotz der stattlichen Entfernung regelmäßig ein sehr begehrtes Ziel, locken doch mit dem Programm des Fanprojekts „Augsburg Calling“ und dem Bayerischen Haus am Dom direkt zwei Auswärtsfahrerhighlights. Wirt Jörg und seine tolle Crew lassen sich denn auch nicht lumpen und erklären die ehrwürdige bayrische Gaststätte für zwei Tage kurzerhand zur geschlossenen Gesellschaft – Zutritt nur für Kumpel und Malocher! Entsprechend tief fliegt die Kuh bei bayrischen Köstlichkeiten in flüssiger und fester Form.

Weisse Bescheid, Schätzelein… (Foto: Hein-Reipen)

Beckenbodentraining hilft!

Der Shuttle-Bus ist gelb, aber bei Nieselregen und Stau kann man über diesen Fauxpas schon mal großzügig hinwegsehen, zumal das fehlfarbene Gefährt Veltins satt an Bord hat. Kurz vor der WWK-Arena ist dann zunächst kein Weiterkommen mehr, was die Laune der Schalker nicht sonderlich erschüttert, Temperatur und Druck auf die Blase aber ansteigen lässt. Die Fenster sind patentgesichert – aber kein Patent ist so sicher, dass findige Schalker auf der Jagd nach Sauerstoff es nicht knacken. „In die Mulde greifen und kräftig ziehen“ heißt der Zaubertrick. Gegen das Bedürfnis, ein Teil der aufgenommenen Flüssigkeit wieder zu entsorgen, gibt es Beckenbodentraining als guten Rat… Gerade noch rechtzeitig und mit einem kräftigen Schalke!!! – Nullvier!!! – Wechselgesang zwischen vorderem und hinterem Busteil wird der Gästeparkplatz erreicht.

Die ansonsten gefürchtet kleinteiligen Einlasskontrollen fallen heute moderater aus, offensichtlich haben die Damen und Herren der Security auch keine Lust, unnötig lange im Regen herumzustehen. Die Schalker Spieler kommen deutlich früher zum Warmmachen auf den Platz als die Hausherren und werden lautstark begrüßt. Die Gute-Laune-Hymne „Der FC Schalke wird deutscher Meister und wir holen den Pokal“ wurde vor knapp einem Jahr hier als ironische Reaktion auf einen schaurigen Grottenkick geboren.

Blaues Wunder in der Puppenkiste

Ein kurzer Einspieler mit mehreren Marionetten der berühmten Augsburger Puppenkiste prophezeit Schalke ein „blaues Wunder“, dann folgt die Schalker Aufstellung: Chefcoach David Wagner lässt wieder den „Pokalsturm“ Uth und Raman ran, Burgstaller muss auf die Bank. Hinter den beiden Stürmern wirbelt Harit vor Serdar und McKennie vor Mascarell. In der Viererkette stehen Oczipka, Sané, Kabak und Kenny, im Tor Kapitän Nübel.

Während Schalker und Augsburger Kids gemeinsam eine Ehrenrunde laufen, gibt’s „Glanz und Gloriaaaaa, unser FCAAAA“ vom Band. Die Begrüßung durch den Stadionsprecher – „Herzlich willkommen Fans von Schalke 04, schön, dass ihr da seid an diesem Sonntagabend“ – ist sehr freundlich und hätte nicht unbedingt mit dem A*schloch-Gebrülle bei der folgenden Verlesung der Augsburger Aufstellung beantwortet werden müssen.

Zum Einmarsch der Mannschaften kämpfen lautes „SCHALKE!“-Gebrüll der Gästekurve und „Wir müssen siegen für den FCA“ vom Band mit vielen hochgereckten Schals auf der heimischen Ulrich-Biesinger-Tribüne um die akustische Dominanz, danach setzt sich der Gästeblock mit „Schalke 04 olé-olé“ und „Auf geht‘s Blau-Weiß, holt Euch den Sieg für uns“ durch.

Früher Sané-Schock

Den besseren Start erwischt der FCA, der schon in den Anfangsminuten durch Berger, Vargas und erneut Berger zu ersten Chancen kommt. Dann der Schock: Nach gerade einmal fünf Minuten rasselt Salif Sané mit Niederlechner zusammen und wälzt sich vor Schmerzen schreiend auf dem Rasen. Während er behandelt wird, stimmt die Kurve mehrfach „Salif Sané“-Sprechchöre an, auch der Stadionsprecher wünscht alles Gute, aber es hilft nichts: Der Innenverteidiger muss von Sanitätern auf der Trage vom Platz gebracht werden; für ihn kommt Daniel Caligiuri ins Spiel, McKennie rückt in die Innenverteidigung. Maija Nastasic steht wegen Beschwerden an der Achillessehne nicht zur Verfügung.

Die Kurve versucht, den Schock mit „Schalke, ich bin für Dich geboren“ weg zu singen; auf dem Rasen funktioniert das leider nicht so gut. Das Duo Stambouli/Sané, wesentlicher Faktor für den guten Saisonstart, fehlt gewaltig, Augsburg ist die klar bessere Mannschaft, während Königsblau versucht, sich neu zu sortieren.

Gelb für Wagner

Schnell spricht sich auch das Ergebnis der Pokalauslosung herum, mit dem Heimspiel gegen Hertha BSC können die meisten Fans prima leben. Nicht gut leben kann hingegen David Wagner mit der Darbietung seiner Jungs und einem vermeintlichen Foul von Richter an Oczipka: Er motzt so engagiert, dass Referee Patrick Ittrich ihm kurzerhand die erste gelbe Karte der Partie verpasst.

Der Schalker Block supportet tapfer weiter, auf „Geh‘n mit Dir auf jede Reise“ und „Schalke! Kämpfen! Siegen!“ folgt „FC Schalke 04, Tradition aus dem Revier, seit vielen Jahren schon unsere Religion“. Die Heimkurve hält indes ein dreiteiliges Banner hoch: „Investoren kommen für uns kategorisch nicht in Frage – 50+1 auch in Zukunft nicht verhandelbar! – Reuter falsch beim FCA?“

Verdiente Führung für Augsburg – glücklicher Ausgleich für Schalke

Als es heißt „Steht auf, wenn Ihr Schalker seid“, springen nicht nur der Gästeblock, sondern auch weite Teile der Gegengeraden und fast die komplette Südtribüne auf. „Wir lieben Schalke, jawoll…!“ Spielbestimmende Mannschaft ist aber nach wie vor der FCA, der weitere Chancen durch Richter und Niederlechner hat. Für Schalke gibt es außer gelben Karten für Caligiuri und Mascarell in dieser Phase des Spiels recht wenig zu bestellen.

…und so kommt es, wie es kommen musste: In der 38. Spielminute erzielt Kapitän Baier nach schöner Vorarbeit von Finnbogason das 1:0 für Augsburg, das man selbst mit dicker blauer Brille nicht als unverdient bezeichnen kann. Die Kurve schüttelt sich einmal kurz und macht mit „Auf geht‘s Schalke schieß‘ ein Tor“ weiter.

Und, oh Wunder, das Mantra wird erhört: Jedvaj legt Harit um, Ittrich pfeift Freistoß an der linken Seitenlinie. Diesen tritt Caligiuri und das so bombenhart, dass Lichtsteiner das Leder nur noch unhaltbar für Freund und Feind ins eigene Tor köpfen kann. Das 1:1 bleibt auch trotz fünf Minuten Nachspielzeit der Pausenstand. Mit „Schalke 04 für jetzt und alle Zeit“ geht es in die Kabinen.

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